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TV-Kritik/Review: "The Drag and Us": Hat sich das niemand vorher angesehen?

(31.08.2021)

Als Cathérine, eine glamouröse, theatralische, aber warmherzige Dragqueen einzieht, [... ist es] ihr nicht nur ein Anliegen, Franzi zu erinnern, was es heißt Frau zu sein, sondern auch den Jungs beizubringen, wie man(n) eine Dame zu behandeln hat.
So liest es sich in der Pressemitteilung des modernen Senders ZDFneo zu seiner neuesten Schöpfung
Es erfordert einigen Mut und ist ein ambitioniertes Unterfangen, eine Serie zu produzieren, in der Themen der sexuellen Diversität behandelt werden. Negative Reaktionen aus Teilen der Zuschauerschaft sind vorprogrammiert, sowohl von denen, deren Lebensentwürfe so gar nicht mit den dargestellten Situationen in Einklang zu bringen sind, aber eben auch von denen, die augenscheinlich dargestellt werden sollen, sich aber nicht authentisch repräsentiert fühlen. Zudem muss der Spagat gefunden werden zwischen "Insiderwitzen" einerseits, die die dargestellten Gruppierungen ansprechen, und dem Erklären ebenjener Witze für das restliche Publikum, das natürlich auch einschalten soll, damit schlussendlich auch die Quote stimmt.
Zweifelsohne sind Geschichten aus diesem Bereich mit Fingerspitzengefühl zu behandeln, mehr vielleicht, als dies bei einer heteronormativen Produktion à la
"Du, 'ne Drag zu schlagen, ist das genauso schlimm wie 'ne Frau?" - "Noch viel schlimmer." - "Aah, sie ist ja 'ne - Minderheit". Die Lachplatte lacht.
Die Handlung beginnt in der Wohnung der alleinerziehenden Franziska (Paula Paul), der die beiden Söhne Nikki (Frederic Balonier) und Freddy (Marwin Haas) auf der Nase herumtanzen, jeder auf seine Weise. Nikki ist ein fauler Nichtsnutz, der von seiner "Mom" 300 Euro erschnorren will, um sich und seiner Freundin eine Wellnesswoche finanzieren zu können. Sein kleiner Bruder Freddy ist ein vorlauter Nerd mit Brille und hat seinen eigenen "Channel", den er vorwiegend mit heimlich gefilmten Geschehnissen aus der familiären Behausung bestückt.

Die erste Überraschung für mich war, dass auf einmal Robert Lohr im Geschehen auftaucht - ein etablierter Schauspieler aus angesehenen Produktionen wie
Lohr verkörpert Herrn Rödel, der Franzi empört zur Rede stellt, weil ihr Sohn Nikki angeblich etwas mit seiner Tochter Sandra hat. Franzi versucht, die Vorwürfe zu entkräften, und hier wird es zum ersten Mal richtig unangenehm: Sie gibt vor, ihr Sohn habe Burnout und würde daher eh sexuell nichts auf die Reihe kriegen, Herr Rödel brauche daher also keine Angst um die Unberührtheit seiner Tochter zu haben. Auch der jüngere Sohn Freddy muss dann mitlügen und ausführen, wie wenig sein älterer Bruder im Bett drauf hat.
In der Regel gehört es zum Wesen einer Sitcom, dass man als Zuschauender voller Schadenfreude miterlebt, wie sich die Charaktere immer weiter in eine unangenehme Situation verstricken und sich beim Versuch, da wieder herauszukommen, möglichst ungelenk anstellen. Vorliegend will man aber einfach nur aus seinem Cringe erlöst werden. Dies geschieht zum Glück rasch mit dem ersten Auftritt von Dragqueen Cathérine, bürgerlich Christian (Ralph Kinkel). Diese*r hat nämlich von Nikki dessen Zimmer vermietet bekommen, während letzterer für eine Woche verreist ist. Den Schlüssel hat Nikki bei Cathérines Ex Guido abgegeben. Ben Blascovic verkörpert diese schwule Rolle so, wie ich es mir vorstelle, wenn Schüler am ersten Tag der Schauspielschule die Anweisung Spiel doch mal einen Schwulen
erhalten.
Cathérine poltert in Franzis Leben mit so viel Dramatik und Theatralik, dass man Darsteller Kinkel abnimmt, bisher eher auf der Bühne zu Hause gewesen zu sein als im Fernsehen. Kein Hallo
, kein Ich habe bei Ihnen ein Zimmer gemietet
- Franzi schaut sich das Treiben der Queen in ihrer Behausung mehrere Minuten an, bevor sie den ungebetenen Gast fragt, was er denn überhaupt in ihrer Wohnung zu suchen hat. Ein weiteres zentrales Problem von "The Drag and Us": Die Charaktere machen allesamt fortwährend Sachen, die sich nicht erklären lassen, oder nachvollziehbar wären, oder verzeihlich. Wenngleich Sitcoms von der Überzeichnung ihrer Rollen leben, ist dennoch essentiell, dass zumindest im Kern die Motivation der Handlungsweise verständlich bleibt. Nach dem Motto "Das würde ich auch gerne mal machen", wenn es nicht so unverschämt/verboten/schamlos wäre. Vorliegend jedoch möchte man den Charakteren nichts gleichtun, und schon gar nicht mit einem von ihnen zusammenwohnen.

Oh Gott, unser Vater mit 'ner Transe!Nikki (Frederic Balonier, M.) ist nicht begeistert, dass sein Vater Tim (Martin Gruber, l.) mit Cathérine (Ralph Kinkel, r.) flirtet. ZDF und Walter Wehner
Vor allem bei Cathérine wird die Chance vertan, sie nach ihrer krawalligen Einführung zu einer runden Persönlichkeit aufzubauen, die auch nahbare Wesenszüge hat. Stattdessen begnügt man sich, sie von einer schrillen Kostümierung in die nächste zu werfen, "I will survive" und andere Gay Classics aus der Mottenkiste zu trällern und wegen Nichtigkeiten einen Nervenzusammenbruch nach dem anderen zu erleiden. Um sich vor dem ungeliebten Putzdienst zu drücken, fingiert sie einen homophoben Angriff, indem sie sich ein blaues Auge schminkt. Was für eine bitterböse Satire einen guten Stoff hergeben könnte, versagt hier sowohl als Gag als auch als passende Storyline für das gewählte Haha-Sitcom-Format.
Die Gründe, warum Cathérine unbedingt genau in dieser Wohnung wohnen bleiben will, werden ebenso wenig plausibel dargelegt wie die Frage, warum sie außer ihrem Ex keinerlei soziales Umfeld zu haben scheint, noch nicht einmal eine beste Freundin. Somit bleibt ihr Innenleben den Zuschauenden weitgehend verborgen. Sie macht sich an Franzis Ex (Martin Gruber,
Die Figur der Cathérine wurde von Produzentin Gabriele M. Walther nach dem Vorbild von Catherrine Leclery geschaffen, ihrerseits Teilnehmerin der Reality-Sendung

Was die Lacher angeht, werden Erinnerungen an den Sitcom-Versuch
Als vor fast zehn Jahren der US-Sender ABC mit
Dieser Text beruht auf Sichtung der ersten vier Episoden der achtteiligen ersten Staffel der Serie "The Drag and Us".
Die erste Staffel von "The Drag and Us" kommt am 31. August komplett in die ZDFmediathek. Die lineare Ausstrahlung erfolgt ab dem gleichen Tag bei ZDFneo, immer dienstags ab 23.45 Uhr gibt es eine Doppelfolge.
Über den Autor
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Leserkommentare
AndyJJ schrieb am 06.09.2021, 16.26 Uhr:
Soo schlecht ist die Show nicht, im Gegenteil:
Danke für den Mut sie auf die Beine zu stellen!Helmprobst schrieb via tvforen.de am 31.08.2021, 18.13 Uhr:
TV Wunschliste schrieb:
Konzept und Umsetzung wären durchaus
nachvollziehbar, wenn wir nicht das Jahr 2021
schreiben würden, sondern, sagen wir, 1996.
Eigentlich hat mich die Serie nicht interessiert, als sie neu angekündigt wurde, da zdf_neo-Eigenproduktionen und zdf_neo-Lizenzserien üblicherweise nicht (mehr) meinen Geschmack treffen. Die Kritik hier hat mich jetzt aber doch neugierig gemacht, so dass ich heute Abend mal reinschauen werde. Danke für den Hinweis!Ohne bereits etwas von der Serie gesehen zu haben: vielleicht will zdf_neo hier eine bestimmte Zuschauergruppe ansprechen, die in den 90ern "Lukas" oder "Is was, Trainer?" gesehen hat? Unabhängig von der Qualität des Ergebnisses: schön, dass beim Sender endlich jemand festgestellt hat, dass es nicht nur Krimi-Formate gibt!Sveta schrieb via tvforen.de am 31.08.2021, 17.12 Uhr:
Irgendwie scheint das ZDF auf der Suche nach politisch korrekten Sendeinhalten einmal zu wenig abgebogen zu sein, bzw. das Geld den falschen Leuten gegeben zu haben. Die beschriebene Serie dürfte ja nun nach "Comedy Queens" (Ihr wisst schon, diese von Frauen gemachte Serie, in der kein Sketch eine Pointe hatte... die hörten irgendwie alle einfach auf.), der nächste Flop werden.
Mobelix schrieb am 31.08.2021, 18.14 Uhr:
Auf Comedy Queens hatte ich mich sehr gefreut, weil die Maria Clara Groppler dabei ist und ich die recht lustig finde. Auch über die anderen Beteiligten kann ich herzhaft lachen...normalerweise.
Allerdings hat Sveta vollkommen recht...jeder Gag ein Rohrkrepierer. Ich habe mir tatsächlich fast alle Folgen gesehen und hatte einen Lacher, soweit ich mich erinnere. Das hier beschriebene reicht aus um einen großen Bogen um diese neue Sitcom zu machen, und ich bin sicher ich verpasse nix (Y)Martina schrieb am 31.08.2021, 15.43 Uhr:
Amüsante Zusammenfassung! Die Vorschau ließ tatsächlich das Schlimmste erahnen.
Keks schrieb am 06.09.2021, 16.46 Uhr:
Nee ... es war noch schlimmer als in der Vorschau / im Trailer. Ich hab mal in die erste Folge reingeguckt mit der Einstellung, dass man es als Trash evtl. noch gut finden kann. Aber das ist einfach nur schlecht.
Svenja T. schrieb am 01.09.2021, 09.42 Uhr:
Und würde genau so erfüllt ... ,)
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