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TV-Kritik/Review: Blochin - Die Lebenden und die Toten
(21.09.2015)
Düster und hart soll sie laut Sender sein, die neue ZDF-Thrillerserie
Die bislang letzte ambitioniertere Eigenproduktion der Mainzer in diesem dominanten Genre waren drei Staffeln
Nun durfte Glasner also mit "Blochin" eine große, fortlaufend erzählte Geschichte über fünf Folgen entwickeln und in Szene setzen. Und die soll endlich einmal zeigen, dass auch das ZDF die aktuellen Trends im internationalen Seriengeschäft erkannt hat - wenn auch mit zehn Jahren Verspätung. Blochin, das ist Glasners Stammschauspieler Jürgen Vogel (unter anderem schon in dessen kontroversem Vergewaltigerdrama "Der freie Wille" und in seinem bislang letzten Kinofilm "Gnade" in den Hauptrollen). Blochin ist aber auch der Mann ohne Vergangenheit und ohne Vornamen, seinen Nachnamen lieh er sich von einem sowjetischen Fußballstar, nachdem er mit 14 Jahren erschossen worden war und im Leichenschauhaus wieder aufwachte. Seitdem erinnert er sich an nichts, was vorher geschah. Das alles spielt in den ersten beiden Folgen aber ohnehin keine Rolle, da diese ungewöhnlichen Ereignisse in jeweils einer Rückblende als Auftaktszene abgehandelt werden. Nach seiner Wiedergeburt war Blochin im Drogenhandel aktiv, hat dann aber den Absprung geschafft und die Seiten gewechselt, jetzt arbeitet er bei der Berliner Mordkommission. Alles andere an seiner Charakterentwicklung verläuft nach dem Lehrbuch für zeitgemäße Krimiserien.
Natürlich hat Blochin private Probleme (seine Ehefrau ist an MS erkrankt), natürlich holt ihn seine kriminelle Vergangenheit ein (als einer seiner ehemaligen Weggefährten ermordet wird und ein anderer ihn erpresst). Und natürlich manövriert sich Blochin immer stärker selbst ins Abseits. Bald kommt zudem noch die Politik ins Spiel, denn der getötete Dealer hatte in Afghanistan Geschäfte laufen, an denen auch Bundeswehrsoldaten beteiligt waren, und das will das Verteidigungsministerium gerne unter den Tisch kehren. Im Zentrum der Machtspiele steht rasch die ehrgeizige Staatssekretärin Katrin Steinbrenner (Jördis Triebel), die zufälligerweise auch die Geliebte von Blochins Partner Dominik Stötzner (Thomas Heinze) ist. Und der lädt, ebenso wie Blochin selbst, schon in der Auftaktfolge eine Schuld auf sich, die bald zum Verhängnis zu werden droht.
Man merkt schon: Glasner will hier ein ganz großes Fass aufmachen und auch der Sender schwärmt vom "Kaleidoskop der Stadt Berlin", das sich entfalten soll. Nur, dass man von Berlin leider nicht mehr zu sehen bekommt als ein paar Postkartenmotive und der Handlungsort so total austauschbar bleibt. Während "The Wire" (so) eben nur in Baltimore spielen konnte und etwa die italienische Mafiaserie
Da können auch die Schauspieler nicht mehr viel retten, obwohl zumindest einige durchaus zu den besten zählen, die die deutsche Film- und Fernsehlandschaft zu bieten hat. Jürgen Vogel bleibt immer nur Jürgen Vogel, der harte Bursche mit dem weichen Herz, und hat keine Chance, etwas Anderes zu zeigen, weil ihm sein Regisseur diesmal nichts Anderes zu tun gibt. Thomas Heinze spricht seine Zeilen irgendwie mechanisch abgehackt und wirkt ansonsten wie ein etwas abgehalfterter Kai Wiesinger. Einzig Jördis Triebel schafft es, etwas von dem ambivalenten Charme ihrer "KDD"-Rolle in die neue Figur hinüber zu retten.
Stilistisch hebt sich die Serie kaum von anderen deutschen Krimiserien ab - mit Ausnahme der weitgehend in schwarz-weiß gehaltenen Eröffnungssequenzen. Statt innovativer Kameraperspektiven gibt es langweilige Etablierungseinstellungen vom Roten Rathaus, die teilweise jazzige Hintergrundmusik der ersten Folge wird bereits in der zweiten durch einen austauschbaren Score aus der Grabbelkiste für Standard-Krimiuntermalung ersetzt.
Das Schlimmste ist aber: Die Serie ist über weite Strecken einfach furchtbar langweilig, echte Spannung kommt in den beiden ersten Folgen an keiner Stelle auf. Weder taugen die Hauptfiguren zur Identifikation, noch ist die Handlung packend. Und trotz angepriesener horizontal erzählter Geschichte muss am Ende der Auftaktepisode ein Teilstrang aufgeklärt und eine Frau abgeführt werden, damit der ZDF-Stammzuschauer beruhigt schlafen gehen kann. Alles, was an dieser Produktion düster und gewagt sein soll, wird im Grunde immer nur behauptet, nie auf erzählerischer oder ästhetischer Ebene eingelöst. Dominik Graf wurde Mitte der 1990er Jahre nach seinem Kinoflopp "Die Sieger" von Kritikern vorgeworfen, hinter all dem Aufwand und der großen Geste verberge sich letztendlich doch nur eine typisch deutsche Fernsehkrimigeschichte. So falsch das damals war, so sehr trifft es auf "Blochin" zu: Am Ende entpuppt sich der viel gepriesene Versuch des Senders, an internationale Serienstandards anzuknüpfen, doch nur wieder als etwas ambitionierterer
Dieses Review basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden der Serie.
Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: ZDF
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