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Heldin neuer ZDFneo-Noir-Krimiserie wartet mit trockenem Humor auf
Alina Levshin als Doro Decker in "Dunkelstadt"
ZDF/Sofie Silberman
TV-Kritik/Review: "Dunkelstadt": Ich hab' noch ein Soufflé im Ofen/ZDF/Sofie Silberman

Trommelwirbel: Deutschland ist um eine Krimiserie reicher. Zumindest vordergründig. Denn wer die neue ZDFneo-Produktion  "Dunkelstadt" als reine Crime-Story abtut, der tut ihr Unrecht. Und damit wird man bei Hauptheldin Doro Decker (Alina Levshin, bekannt unter anderem aus Dominik Grafs zeitlosem Meisterwerk  "Im Angesicht des Verbrechens") nicht durchkommen. Die bekämpft Unrecht nämlich - im Kleinen wie im Großen.

In der fiktiven Stadt "Dunkelstadt" kümmert sich Doro Decker als Privatdetektivin um die großen und kleinen Nöte ihrer Klienten. Entlaufene Goldhamster werden zurückgebracht, entführte Obdachlose befreit - was eben so anfällt. Dabei wollte sie eigentlich ihrem Vater nacheifern und Polizistin werden - weil sie sich aber nicht begrapschen ließ, sondern den grapschenden Vorgesetzten ins Krankenhaus beförderte, war die Polizeikarriere vorbei, bevor sie begonnen hatte - sodass Doro den Beruf als Privatermittlerin eher aus der Not heraus annahm, um trotzdem Fälle aufklären zu können, wenngleich auch ohne Polizeiuniform. Jedoch merkt der Zuschauer schnell, dass das Ermitteln auf eigene Faust womöglich ohnehin die bessere Wahl für Doro ist als der Polizeidienst. Denn sie ist eher der Typ einsamer Wolf denn Teamplayer. Regeln interessieren sie nicht so, stattdessen setzt sie gern alle sich ihr bietenden Mittel ein, um der Wahrheit Stück für Stück näherzukommen. Da trifft es sich ganz gut, dass sie an das Polizeirecht nicht gebunden ist.

Assistiert Doro bei ihren Recherchen: Adnan (Rauand Taleb)
Assistiert Doro bei ihren Recherchen: Adnan (Rauand Taleb) ZDF/Sofie Silbermann

Es ist schwierig, eine Produktion zu besprechen, die so fundamental anders gestrickt ist als die (zahlreichen!) anderen Vertreter ihrer Gattung. Wo fangen wir an? Doro selbst fungiert als Erzählerin, per Voice-Over aus dem Off. Sie kommentiert nicht nur, was sich gerade ereignet, sondern setzt es fortlaufend in den Kontext ihrer bewegten Vergangenheit und ihrer allgemeinen Lebenssituation. Und die ist gar nicht so trivial. Neben ihrer Entlassung gibt es einen weiteren, härteren Schlag, der Doros Denken und Handeln zu bestimmen scheint: Der Tod ihres Vaters. Dieser wurde im Dienst bei einer Routinekontrolle erschossen. Ihre Mutter war Alkoholikerin, was Doro als Kind vor dem Jugendamt zu verheimlichen half. Das frühe Auf-sich-gestellt-sein hat die Detektivin tough und unnahbar gemacht - deswegen ist es ein kleines Kunststück, was Adnan (Rauand Taleb,  "4 Blocks") gelingt: der schwule junge Mann mit Migrationshintergrund überredet Doro, ihn als Assistenten für sie arbeiten zu lassen, als Dank dafür, dass sie ihm vormals geholfen hat. Und schafft es, nach und nach hinter Doros Schutzwall zu blicken. Da er ihr auch bei ihren Recherchen hilft, hat "Dunkelstadt" denn auch sein eigenes ungewöhnliches Ermittlerduo.

Die Art, wie Doros Voice-Over die Handlung erzählt, vermittelt den Eindruck, man würde eine Ausgabe "Nick Knatterton" lesen. Dazu passt auch der animierte Vorspann der Serie, in dem die Charaktere wie Scherenschnitte dargestellt werden, um den Zuschauer darauf einzustimmen, dass es sich bei "Dunkelstadt" um eine Hommage an das Genre des "Film Noir" handelt. Nicht nur im stylischen Opening wirken die Rollen wie Schablonen, wie gezeichnete Umrisse; die Handlung ist zwar scheinbar in unserer Realität angesiedelt, doch lässt die Inszenierung durch Regisseurin Asli Özge das Geschehen ein Stück weit unwirklich erscheinen - zu konstruiert scheinen Haupt- und Nebencharaktere, zu konsequent handeln sie nach ihrem jeweiligen Rollenprofil. Und dies ist zweifelsohne so gewollt. Bis man sich daran gewöhnt hat, kann aber etwas Zeit vergehen - solange kann man die Charaktere als hölzern oder klischeebehaftet empfinden.

Macht Doro den Hof: Chris (Artjom Gilz)
Macht Doro den Hof: Chris (Artjom Gilz) ZDF/Sofie Silbermann

Doro scheint ihre Heimatstadt nicht zu schätzen, im Gegenteil: Dunkelstadt ist die Stadt, die von allem zu viel hat - nur nichts für dich. Was genau an Doros Wohnort auszusetzen ist, abgesehen mal von den Verbrechen, die sie aufzuklären hat, wird nicht genauer dargelegt; deswegen ist recht offensichtlich, dass "Dunkelstadt" nicht im wörtlichen Sinne für eine Stadt steht (gedreht wurde in Antwerpen), sondern sinnbildlich das dunkle Leben der traumatisierten Detektivin. Sie ist zweifelsfrei als feministische Figur gezeichnet - hat sie sich doch körperlich gegen die unerwünschten Nachstellungen eines Kollegen gewehrt und ihren Beruf selbst in die Hand genommen, den sie nur nach dem eigenen Moralkodex ausübt, ohne einem (männlichen) Vorgesetzten Rechenschaft ablegen zu müssen. Die Hilfe Adnans nimmt sie nur zögerlich an, für sie stellt er aufgrund seines Alters und seiner Sexualität aber auch keine "Bedrohung" dar. "Gefährlicher" könnte da schon ihr früherer Kollege Chris (gewohnt adrett: Artjom Gilz,  "Milk & Honey") werden - seine Unterstützung nimmt die Einzelkämpferin nur in Anspruch, wenn es nicht anders geht. Er lässt keine Gelegenheit aus, sein Interesse an ihr zu bekunden - und holt sich jedes Mal aufs Neue eine Abfuhr. Gleichzeitig ist sich Doro aber auch nicht zu schade, ihre Attraktivität einzusetzen, wenn es ihren Ermittlungen nützt. Etwa, als sie ein paar Tränen vergießt, um einen Job als Kellnerin in einem Club zu ergattern, in dem sie ermitteln will. Zwar ist Doro eine Antiheldin in dem Sinne, dass sie raucht und trinkt und ihre Mitmenschen möglichst auf Abstand hält, um nicht verletzt zu werden. Gleichzeitig wird sie aber angetrieben vom Wunsch, für Menschen tätig zu werden, die ihre Hilfe benötigen - weshalb man sie auch als Idealistin oder gar tatsächliche Heldin bezeichnen kann. Den entscheidenden Beweis, um zu bewirken, dass korrupte Politiker ihre gerechte Strafe erhalten, gibt Doro ganz anonym - außer ihrem Assistenten erfährt niemand etwas von ihrer guten Tat.

Im Gegensatz zum "echten" Film Noir räumt "Dunkelstadt" der eigentlichen Handlung, dem jeweiligen Fall der Woche, eine große Rolle ein - was leider eine Schwachstelle darstellt, da die Sachverhalte nicht außergewöhnlich raffiniert konstruiert sind, sondern eher straightforward Detektivgeschichten sind - und oftmals nur Levshin die Gelegenheit geben sollen, sich in verschiedene Outfits zu werfen und diverse Perücken aufzusetzen, um undercover zu ermitteln (wie  "Alias" in den frühen Staffeln). Zunächst scheint die Serie überhaupt keinen horizontalen Handlungsbogen anzustreben - bis Doro von einem ehemaligen Kollegen ihres Vaters erfährt, dass dessen Tod im Dienst Teil eines Plans gewesen sei. Und so ist davon auszugehen, dass die Privatermittlerin fortan nicht nur für ihre Klienten, sondern auch in eigener Sache recherchieren wird - um den Tod ihres Vaters aufzuklären.

Doro gerät bei ihren Fällen ein ums andere Mal in brenzlige Situationen
Doro gerät bei ihren Fällen ein ums andere Mal in brenzlige Situationen ZDF/Sofie Silberman

Mit der preisgekrönten Levshin ist die Hauptrolle prominent besetzt. Auch die Episodenrollen warten mit einer Riege an Schauspielern auf, die Serienliebhabern bekannt vorkommen dürften, unter anderem Ronald Kukulies ( "Weinberg",  "Rampensau"), Maximilian Mundt ( "How to Sell Drugs Online (Fast)"), Marc Limpach ( "Bad Banks"), Bernhard Schütz ( "Eichwald, MdB"), Idil Üner ( "Sibel & Max") und Peter Marton ( "Vorstadtweiber"). Und ein kurzer Auftritt von Ingo Brosch ( "Find Me in Paris") im Staffelfinale lässt vermuten, dass dieser eine gewichtige Rolle in der nächsten Staffel einnehmen würde, sollte es denn eine geben.

Ob Fans klassischer Krimis wie  "Inspector Barnaby" an "Dunkelstadt" ihre Freude haben werden, darf eher bezweifelt werden. Wenngleich formal die Kriminalfälle den meisten Raum einnehmen, ist eher das wie entscheidend als das was. Levshin trägt zweifelsohne als Protagonistin - so dunkel "Dunkelstadt" auch ist, fühlt man sich zunehmend wohl in Doros Welt. Eine Hauptheldin, die für das Gute kämpft, kommt als willkommene Abwechslung in einer Zeit, in der ein beträchtlicher Teil an Serienprotagonisten Drogendealer oder Serienkiller sind. Und so wird der hauptsächliche Grund für Zuschauer, die neue Serie einzuschalten, weder die Frage sein, ob Doro und Chris am Ende doch noch heiraten, und ob Doro den Tod ihres Vaters aufklären kann; sondern es ist Doros Charakter selbst, der eine Sogwirkung entwickelt, sodass man sie eine Weile auf ihrem Weg begleiten möchte, um zu sehen, wie sie sich entwickelt. Die erste Staffel wird in der ZDFmediathek komplett veröffentlicht und umfasst übersichtliche sechs Folgen - man kann "Dunkelstadt" also zügig wegbingen.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten zwei von sechs Folgen der ersten Staffel von "Dunkelstadt".

Meine Wertung: 4/5

ZDFneo zeigt "Dunkelstadt" als TV-Premiere ab dem 26. Februar immer mittwochs um 21.45 Uhr, eine Wiederholung findet jeweils am darauffolgenden Freitag um Mitternacht im ZDF statt. Zudem ist ab dem 26. Februar die komplette erste Staffel bereits in der ZDFmediathek on Demand verfügbar.

Zum Interview mit Hauptdarstellerin Alina Levshin: "Etwas in der Art gab es bisher noch nicht in Deutschland"


 

Über den Autor

  • Gregor Löcher
Gregor Löcher wurde in den späten 70er-Jahren in Nürnberg geboren und entdeckte seine Leidenschaft für Fernsehserien aller Art in den 80er-Jahren, dem Jahrzehnt der Primetime-Soaps wie dem Denver Clan und Falcon Crest, was ihn prägte. Seitdem sind Faibles für viele weitere Serien und Seriengenres hinzugekommen, namentlich das der Comedyserie. Seit 2008 ist er als Webentwickler für TV Wunschliste tätig und hat zum Glück nach wie vor die Zeit, sich die eine oder andere Serie anzusehen.
Lieblingsserien: UFOs, Die Brücke, Will & Grace

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