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TV-Kritik/Review: "Dunkelstadt": Ich hab' noch ein Soufflé im Ofen
(25.02.2020)
Trommelwirbel: Deutschland ist um eine Krimiserie reicher. Zumindest vordergründig. Denn wer die neue ZDFneo-Produktion
In der fiktiven Stadt "Dunkelstadt" kümmert sich Doro Decker als Privatdetektivin um die großen und kleinen Nöte ihrer Klienten. Entlaufene Goldhamster werden zurückgebracht, entführte Obdachlose befreit - was eben so anfällt. Dabei wollte sie eigentlich ihrem Vater nacheifern und Polizistin werden - weil sie sich aber nicht begrapschen ließ, sondern den grapschenden Vorgesetzten ins Krankenhaus beförderte, war die Polizeikarriere vorbei, bevor sie begonnen hatte - sodass Doro den Beruf als Privatermittlerin eher aus der Not heraus annahm, um trotzdem Fälle aufklären zu können, wenngleich auch ohne Polizeiuniform. Jedoch merkt der Zuschauer schnell, dass das Ermitteln auf eigene Faust womöglich ohnehin die bessere Wahl für Doro ist als der Polizeidienst. Denn sie ist eher der Typ einsamer Wolf denn Teamplayer. Regeln interessieren sie nicht so, stattdessen setzt sie gern alle sich ihr bietenden Mittel ein, um der Wahrheit Stück für Stück näherzukommen. Da trifft es sich ganz gut, dass sie an das Polizeirecht nicht gebunden ist.
Es ist schwierig, eine Produktion zu besprechen, die so fundamental anders gestrickt ist als die (zahlreichen!) anderen Vertreter ihrer Gattung. Wo fangen wir an? Doro selbst fungiert als Erzählerin, per Voice-Over aus dem Off. Sie kommentiert nicht nur, was sich gerade ereignet, sondern setzt es fortlaufend in den Kontext ihrer bewegten Vergangenheit und ihrer allgemeinen Lebenssituation. Und die ist gar nicht so trivial. Neben ihrer Entlassung gibt es einen weiteren, härteren Schlag, der Doros Denken und Handeln zu bestimmen scheint: Der Tod ihres Vaters. Dieser wurde im Dienst bei einer Routinekontrolle erschossen. Ihre Mutter war Alkoholikerin, was Doro als Kind vor dem Jugendamt zu verheimlichen half. Das frühe Auf-sich-gestellt-sein hat die Detektivin tough und unnahbar gemacht - deswegen ist es ein kleines Kunststück, was Adnan (Rauand Taleb,
Die Art, wie Doros Voice-Over die Handlung erzählt, vermittelt den Eindruck, man würde eine Ausgabe "Nick Knatterton" lesen. Dazu passt auch der animierte Vorspann der Serie, in dem die Charaktere wie Scherenschnitte dargestellt werden, um den Zuschauer darauf einzustimmen, dass es sich bei "Dunkelstadt" um eine Hommage an das Genre des "Film Noir" handelt. Nicht nur im stylischen Opening wirken die Rollen wie Schablonen, wie gezeichnete Umrisse; die Handlung ist zwar scheinbar in unserer Realität angesiedelt, doch lässt die Inszenierung durch Regisseurin Asli Özge das Geschehen ein Stück weit unwirklich erscheinen - zu konstruiert scheinen Haupt- und Nebencharaktere, zu konsequent handeln sie nach ihrem jeweiligen Rollenprofil. Und dies ist zweifelsohne so gewollt. Bis man sich daran gewöhnt hat, kann aber etwas Zeit vergehen - solange kann man die Charaktere als hölzern oder klischeebehaftet empfinden.
Doro scheint ihre Heimatstadt nicht zu schätzen, im Gegenteil: Dunkelstadt ist die Stadt, die von allem zu viel hat - nur nichts für dich. Was genau an Doros Wohnort auszusetzen ist, abgesehen mal von den Verbrechen, die sie aufzuklären hat, wird nicht genauer dargelegt; deswegen ist recht offensichtlich, dass "Dunkelstadt" nicht im wörtlichen Sinne für eine Stadt steht (gedreht wurde in Antwerpen), sondern sinnbildlich das dunkle Leben der traumatisierten Detektivin. Sie ist zweifelsfrei als feministische Figur gezeichnet - hat sie sich doch körperlich gegen die unerwünschten Nachstellungen eines Kollegen gewehrt und ihren Beruf selbst in die Hand genommen, den sie nur nach dem eigenen Moralkodex ausübt, ohne einem (männlichen) Vorgesetzten Rechenschaft ablegen zu müssen. Die Hilfe Adnans nimmt sie nur zögerlich an, für sie stellt er aufgrund seines Alters und seiner Sexualität aber auch keine "Bedrohung" dar. "Gefährlicher" könnte da schon ihr früherer Kollege Chris (gewohnt adrett: Artjom Gilz,
Im Gegensatz zum "echten" Film Noir räumt "Dunkelstadt" der eigentlichen Handlung, dem jeweiligen Fall der Woche, eine große Rolle ein - was leider eine Schwachstelle darstellt, da die Sachverhalte nicht außergewöhnlich raffiniert konstruiert sind, sondern eher straightforward Detektivgeschichten sind - und oftmals nur Levshin die Gelegenheit geben sollen, sich in verschiedene Outfits zu werfen und diverse Perücken aufzusetzen, um undercover zu ermitteln (wie
Mit der preisgekrönten Levshin ist die Hauptrolle prominent besetzt. Auch die Episodenrollen warten mit einer Riege an Schauspielern auf, die Serienliebhabern bekannt vorkommen dürften, unter anderem Ronald Kukulies (
Ob Fans klassischer Krimis wie
Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten zwei von sechs Folgen der ersten Staffel von "Dunkelstadt".
ZDFneo zeigt "Dunkelstadt" als TV-Premiere ab dem 26. Februar immer mittwochs um 21.45 Uhr, eine Wiederholung findet jeweils am darauffolgenden Freitag um Mitternacht im ZDF statt. Zudem ist ab dem 26. Februar die komplette erste Staffel bereits in der ZDFmediathek on Demand verfügbar.
Zum Interview mit Hauptdarstellerin Alina Levshin: "Etwas in der Art gab es bisher noch nicht in Deutschland"
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