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TV-Kritik/Review: "Sebastian Fitzeks Die Therapie": Bestselleradaption geht Spannung ab und kippt ins unfreiwillig Komische

von Christopher Diekhaus
(25.10.2023)
Traumatisierter Ex-Psychiater wird vom Verschwinden seiner Tochter eingeholt
Der traumatisierte Viktor Larenz (Stephan Kampwirth) kommt auf Parkum an.
Prime Video
TV-Kritik/Review: "Sebastian Fitzeks Die Therapie": Bestselleradaption geht Spannung ab und kippt ins unfreiwillig Komische/Prime Video

Kaum zu glauben, aber wahr: Von der Psychothriller-Miniserie  "Sebastian Fitzeks Die Therapie" lässt sich eine Linie zu Peter Jacksons Fantasy-Trilogie "Der Hobbit" ziehen. Warum? Ganz einfach, weil in beiden Fällen recht kompakte Literaturvorlagen für die große Leinwand bzw. den kleinen Bildschirm künstlich aufgeblasen werden. Drei Filme mit Überlänge machen aus der verhältnismäßig überschaubaren Abenteuergeschichte "Der Hobbit: oder Hin und zurück" ein übertrieben pompöses Leinwandereignis. Und auch die Streaming-Adaption von Sebastian Fitzeks Debütwerk "Die Therapie" ist spürbar darum bemüht, größer und tiefschürfender zu sein. Leider mangelt es an guten Ideen, um die Ausdehnung des Stoffes zu rechtfertigen. Am Ende vermisst man die Dichte des Romans, der sicherlich seine Schwächen hat, dafür aber eine solide Sogwirkung entfaltet. Vom Prime-Video-Sechsteiler kann man das eben nicht behaupten.

Genauso wie das Buch beginnt "Sebastian Fitzeks Die Therapie" mit dem Verschwinden eines Mädchens. Einem Ereignis, das zum Dreh- und Angelpunkt der Handlung wird. Viktor Larenz (Stephan Kampwirth), ein angesehener, wohlhabender Psychiater, steht völlig aufgelöst in einer Berliner Kinderarztpraxis, die mehr an eine Kita zu Stoßzeiten erinnert. Seine 13-jährige, unter einer geheimnisvollen Krankheit leidende Tochter Josy (Helena Zengel) wähnt er im Behandlungszimmer. Doch niemand vom Personal will sie an diesem Tag gesehen haben. Schwankende Bilder und eine übersteigerte Geräuschkulisse geben den Schockzustand des verständnislosen Vaters wieder, der panisch auf die Straße rennt und verzweifelt nach der Vermissten ruft. Schnitt und Zeitsprung.

Als sich Josys Verschwinden zum zweiten Mal jährt, zieht sich der gebrochene, seinem Beruf inzwischen nicht mehr nachgehende Mann auf die fiktive Insel Parkum zurück, wo die Familie ein Ferienhaus besitzt. Hier, in der Abgeschiedenheit, will Viktor etwas zur Ruhe kommen und sich um ein per Mail eingereichtes Interview kümmern. Den Roman muss man nicht gelesen haben, um zu erahnen, dass es anders kommen wird.

Was führt die mysteriöse Anna Spiegel (Emma Bading) im Schilde?
Was führt die mysteriöse Anna Spiegel (Emma Bading) im Schilde? Prime Video

Kurz nach seiner Ankunft steht plötzlich eine unpassend schick gekleidete junge Frau namens Anna Spiegel (Emma Bading) vor der Tür und bittet um eine Unterredung, da sie von schweren Wahnvorstellungen geplagt werde. Larenz reagiert zunächst mit Abweisung. Dann aber weckt die ungebetene Besucherin seine Neugier. Denn in ihren Schilderungen taucht ein krankes Mädchen auf, das in vielerlei Hinsicht an Josy erinnert. Als Anna am Klavier eine Melodie anstimmt, die der Ex-Psychiater mit seiner Tochter erdacht hat und die daher nur sie beide und Viktors Ehefrau Isabell (Andrea Osvárt) kennen, ist es endgültig um ihn geschehen. Was weiß Anna? Hat sie womöglich Josy entführt?

Die Prämisse von Roman und Adaption sind gleich. Früh kündigt sich aber an, dass die Prime-Video-Produktion das Geschehen deutlich öffnet. Während ein Großteil der Vorlage im Ferienhaus und dessen unmittelbarer Umgebung stattfindet, es nur gelegentliche Abstecher auf eine andere Story-Ebene gibt, streift die Serie den Kammerspielcharakter ab. Larenz läuft auf Parkum umher, interagiert nicht nur mit dem durch misogyne Bemerkungen auffallenden Bürgermeister Halberstaedt (Waldemar Kobus), sondern auch mit True-Crime-Liebhaberin Bentje (Paula Kober), die den Inselsupermarkt und das hiesige Hotel betreut. Die bei Viktor ausbrechende heftige Grippe und der gewaltige, das Eiland von der Außenwelt abschneidende Sturm aus dem Buch sind in der Serie bloß Randerscheinungen, keine wichtigen Handlungselemente.

Die markanteste Neuerung betrifft einen zweiten, zunächst getrennt ablaufenden, nahezu gleichberechtigten Strang, der sich um einen gewissen Dr. Roth (Trystan Pütter) dreht. Eine auch im Roman auftauchende Figur, die hier jedoch eine größere, abgewandelte Rolle bekommt. Dem Mediziner begegnen wir erstmals bei seinem Antritt als neuer Chefarzt der psychiatrischen Abteilung einer renommierten Berliner Klinik. Schon in diesem Moment kommt seine ruppige Art zum Vorschein. Roth eckt an, ist wenig empathisch, zieht seinen Stiefel ohne Rücksicht auf Verluste durch, betreibt geheime Forschungsarbeiten und vernachlässigt seine Tochter Mila (Eva Marlen Hirschburger).

Dr. Roth (Trystan Pütter, vorne) und Viktor Larenz (hinten) begegnen sich in einer heiklen Angelegenheit.
Dr. Roth (Trystan Pütter, vorne) und Viktor Larenz (hinten) begegnen sich in einer heiklen Angelegenheit. Prime Video

So unsympathisch, wie ihn die Drehbücher zeichnen, fällt es nicht gerade leicht, sich für seine Geschichte und seine Agenda zu interessieren. Die Verbindungen zu Viktors Schicksal wollen wir an dieser Stelle selbstverständlich nicht enthüllen. Sagen lässt sich aber so viel: Erzählerisch fehlt es an Überzeugungskraft. Ethisch-wissenschaftliche Fragen, die der Roth-Teil aufwirft, werden oberflächlich abgehandelt. Und eine für den Plot essenzielle innige Freundschaft zwischen Josy und Mila fühlt sich zu behauptet an. Unverkennbar soll die neue Ebene als Spiegel zum Larenz-Dilemma dienen. Vor uns stehen nämlich zwei Väter, die auf ganz unterschiedliche Weise eine Tochter verlieren und völlig anders darauf reagieren. Die Rechnung "Doppeltes Schicksal gleich doppelte emotionale Wucht" geht allerdings nicht wirklich auf.

Romane für die filmische oder serielle Bearbeitung umzustrukturieren und ihnen neue Facetten, Perspektiven abzugewinnen, ist wünschenswert und in vielen Fällen sogar notwendig. Immerhin hat jedes Medium seine eigenen Stilmittel und Möglichkeiten. Fitzeks Debütroman richtet den Blick permanent nach innen, taucht in die angsterfüllten Gedanken des Protagonisten ein und kommt mit wenigen Schauplätzen aus. Der Prime-Video-Sechsteiler hingegen bricht die Grenzen auf, führt uns an verschiedenste Orte, bemüht sich um visuelle Abwechslung und setzt auf deutlich mehr äußeres Drama. Unter dem Strich stehen aber zu viele langweilige Geplänkel und plumpe Ablenkungsmanöver. Überflüssig sind etwa die Kompetenzstreitigkeiten zwischen Roth und seinem Kollegen Dr. Jeschke (Peter Miklusz) oder der Charakterbogen von Roths Assistentin Ines Mergentheimer (Martina Eitner-Acheampong). Was nicht zu übersehen ist: Indem die Serie das Bild weiter aufzieht, beraubt sie sich automatisch ein gutes Stück der unheimlichen, klaustrophobischen Stimmung, die zu den Stärken des Buches gehört.

Ein Bild aus besseren Zeiten: Viktor Larenz (Stephan Kampwirth) mit Tochter Josy (Helena Zengel, M.) und Ehefrau Isabell (Andrea Osvárt, r.)
Ein Bild aus besseren Zeiten: Viktor Larenz (Stephan Kampwirth) mit Tochter Josy (Helena Zengel, M.) und Ehefrau Isabell (Andrea Osvárt, r.) Prime Video

Dass ein nebelverhangener Strand gruselig anmuten kann, beweist schon die erste Folge. Und doch wird das Inselsetting nicht konsequent genug genutzt, um Unbehagen und Spannung zu erzeugen. Echter Nervenkitzel wird ohnehin ständig abgewürgt: Dialoge sind mitunter zum Haareraufen. Klopper wie Ich glaub', ich hab so ein bisschen ne obsessive Seite kommen einem regelmäßig unter.

Anstecken lassen sich auch die Darsteller, die zum Teil arg hölzern oder aber völlig überzogen agieren. Selbst im Wissen um die Auflösung kann man nur schwer Argumente dafür finden, warum Anna dermaßen theatralisch auftritt. Emma Bading interpretiert ihre Rolle geradezu aufdringlich mysteriös und irre, was für den ein oder anderen unfreiwilligen Lacher sorgen dürfte.

Schwache digitale Effekte in einer wiederkehrenden Albtraumszene stechen deutlich hervor, sind aber nichts gegen den dürftigen Versuch in den letzten beiden Episoden, surrealen Schrecken zu verbreiten. Das Abtauchen ins Unbewusste sieht hier, das muss man so hart sagen, nach einem David-Lynch-Trip für Arme aus. Schwach auch, wie hastig eingeschobene Rückblenden in die Kindheit einer der Figuren späteres Verhalten erklären sollen und welch absurde, aus dem Roman nicht bekannte Wendungen am Ende aus dem Hut gezaubert werden.

Mit einer halbwegs realistischen Darstellung schwerer psychischer Erkrankungen hat all das nur wenig zu tun. Immerhin findet die Adaption einen nicht ganz so plumpen Weg, mit der Figur Isabells umzugehen - und emanzipiert sich so vom angeklatscht wirkenden Epilog der Vorlage. Die aufgezählten Schwächen macht das natürlich keineswegs wett.

Der Text basiert auf der Sichtung aller sechs Folgen der Miniserie "Sebastian Fitzeks Die Therapie".

Meine Wertung: 2.0/5

Alle sechs Folgen der Miniserie "Sebastian Fitzeks Die Therapie" sind ab dem 26. Oktober bei Amazon Prime Video abrufbar.


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Leserkommentare

  • Rüvonnchen schrieb am 02.11.2023, 16.58 Uhr:
    Ich liebe die Bücher von Fitzek, aber ich kann mich leider mit keiner seiner Verfilmungen anfreunden. Sorry.
  • User 1797533 schrieb am 30.10.2023, 11.39 Uhr:
    Also ich kann die Kritik zu 100% unterschreiben! Der Redakteur bringt es super auf den Punkt, warum die Serie auch für mich null funktioniert.
  • SerienFan_92 schrieb am 25.10.2023, 17.46 Uhr:
    Also diese Kritik kann man ja echt nicht ernstnehmen.

    Auf jeder anderen Seite wird die Serie dafür gelobt, wie nah am Roman die Stimmung ist.

    Der Verfasser dieser Kritik sollte mal auf der folgenden Seite nachschauen, wie man eine sachliche Kritik schreibt:

    http://www.tittelbach.tv/programm/serie/artikel-6416.html
  • User 1066797 schrieb am 28.10.2023, 15.55 Uhr:
    Vielleicht auf dieser?
    https://www.tvspielfilm.de/serien/die-therapie-11405444/ (nur so zum Auflockern der Diskussion) ;-)
  • Lutschebommel schrieb am 26.10.2023, 10.12 Uhr:
    Ja und? Solange Meinugnen begründet sind, haben sie doch auch ihre Berechtigung, egal ob positiv oder negativ und selbst wenn es nur Einzelmeinungen sind.
    Ich lese hier auch viele positive Rezensionen, man kann den Schreibern sicher nicht vorwerfen, zu negativ zu sein; andere könnten sich vielleicht auch fragen, warum so viel Serien gelobt werden, obwohl sie vielleicht nur durchschnittlich sind.
  • SerienFan_92 schrieb am 26.10.2023, 02.44 Uhr:
    Ich finde es nur seltsam, dass hier so eine negative Kritik geschrieben wird, wo ich auf vielen anderen Seiten das genaue Gegenteil zu der Serie lese.

    Die Kritiken hier fallen mir häufiger als besonders negativ auf, im Vergleich zu anderen.
  • Redaktion Bernd Krannich schrieb am 25.10.2023, 19.00 Uhr:
    Manche Kommentare kann man schon aus Prinzip nicht "einfach so" stehenlassen (oder auch "ja echt nicht ernstnehmen"...): Du hast also die Serie noch nicht gesehen, bist aber auf Meinung einer anderen Besprechung der Meinung, dass diese Besprechung hier "Falsch" ist. Und überhaupt sind deiner Meinung nach "alle" Besprechungen der gleichen Meinung?!
    Kritiken sind letztendlich immer persönlich. Diese Besprechung legt in hinreichender Detailtiefe dar, aus welchen Gründen der Autor zu seinem Urteil kommt. Damit kann man sie sehr ernst nehmen - man kann daneben aber auch eine andere Einschätzung haben, wie die Serie auf einen selbst als Zuschauer wirkt.