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ARD-Miniserie hat Schwächen, hält aber Interesse wach
Lisa Vicari in "The Next Level"
ARD Degeto
TV-Kritik/Review: "The Next Level": Mysteriöser Todesfall rüttelt an Berlins coolem Image/ARD Degeto

Die folgende Geschichte ist teilweise von realen Ereignissen inspiriert. Unzählige Filme und Serien heften sich diesen Hinweis ans Revers. Nicht selten ist die Behauptung jedoch maßlos übertrieben, dient lediglich dazu, der Handlung mehr Ausdruckskraft zu verleihen. Auch das sechsteilige Thriller-Drama  "The Next Level" setzt eine solche Information an den Anfang, wobei zugleich der fiktive Charakter der Erzählung betont wird. In diesem Fall darf man allerdings annehmen, dass durchaus etwas dran ist am Bezug zur Wirklichkeit. Grundlage der ARD-Produktion ist nämlich die Arbeit des preisgekrönten Journalisten Alexander Osang, der schon bei der Adaption seines Debütromans "Die Nachrichten" als Drehbuchautor mitwirkte. Für "The Next Level" schrieb er abermals die Skripte, die im Anschluss Ipek Zübert und Thomas Gerhold noch ein wenig ausfeilten.

Schon in der Auftaktfolge kristallisiert sich heraus, dass Berlin, seine Vergangenheit und seine Reputation als hippe Metropole eine zentrale Rolle spielen. Osang, selbst in der Stadt geboren, dürfte wissen, wovon er schreibt, auch wenn ihn sein Beruf mehrfach für längere Zeit ins Ausland führte. Über einen mysteriösen Todesfall in das Herz der deutschen Kapitale vordringen und ihre Widersprüche, ihre Verlockungen und ihre düsteren Seiten erforschen - das ist die ambitionierte Prämisse, mit der uns "The Next Level" fesseln will.

Dass der Bogen sogar noch etwas größer wird, erfahren wir gleich in den ersten Minuten, die ein gerne genommenes, aber auch etwas bequemes Stilmittel bemühen. Ihre durch Nachforschungen ausgelöste Reise nach New York sei auch eine Reise zu sich selbst, merkt die Reporterin Rosa Bernhard (Lisa Vicari) in ihrer Voice-over-Einführung an. Arbeit und eigenes Leben werden sich im Folgenden vermischen, das macht dieser Vorausblick unmissverständlich klar.

Josh (Ben Lloyd-Hughes) steht nach dem Tod seiner Frau neben sich
Josh (Ben Lloyd-Hughes) steht nach dem Tod seiner Frau neben sich ARD Degeto Film/Letterbox Filmproduktion GmbH/Simon Dat Vu

Stein des Anstoßes ist der plötzliche Tod der US-Touristin Zofia (Jenny Walser), die im Reaktor, einem der angesagtesten Technoclubs Berlins, plötzlich zusammenbricht. Hilflos mitansehen muss die mutmaßlich durch Drogenmissbrauch hervorgerufene Tragödie ihr Frischangetrauter Josh (Ben Lloyd-Hughes), dem nur wenig später in einem Köpenicker Krankenhaus zufällig die oben erwähnte Rosa über den Weg läuft. Sie selbst taucht dort auf, weil ihre schwer mit dem Leben hadernde Mutter Petra (Michaela Winterstein) nach einem Selbstmordversuch eingeliefert wurde.

Während Rosas Partner Mark (Jerry Hoffmann) gerade ein wichtiges Zukunftsprojekt mit einigen internationalen Investoren einzutüten versucht und dabei den Widerstand des Immobilienmoguls Brenner (Jens Harzer) brechen muss, bietet die Journalistin dem konsternierten Josh ihre Hilfe an. Eine konkrete Story hat sie noch nicht vor Augen. Ihr Interesse an dem Unglück ist jedoch geweckt. Parallel wundert sich die Reaktor-Nightmanagerin Paula (Paula Kober), warum sie sich ein paar Tage freinehmen soll, und möchte herausfinden, ob die kollabierte Besucherin gestorben ist. Etwas mehr Eifer als seine Kollegen bringt auch der Polizist Irfan Sehic (Kailas Mahadevan) auf, der nach Zofias Tod die Drogenszene in den Clubs genauer unter die Lupe nehmen will. Von oben wird er allerdings konsequent ausgebremst.

"The Next Level" entfaltet sich aus diesen unterschiedlichen, teils aber von Anfang an verbundenen Perspektiven, die mit jeder neuen Folge immer stärker zusammenlaufen. Ein Knotenpunkt ist der aus den USA zurückgekehrt Brenner, seines Zeichens Besitzer des Reaktors, den Jens Harzer überzeugend zwischen arrogantem Kotzbrocken und radikalem Nostalgiker anlegt. Selbst zu großem Reichtum gekommen, lehnt er den Ausverkauf seiner Heimatstadt an ausländische Kapitalisten ab und beginnt deshalb damit, sich kleine "Inseln" in Berlin zu sichern. Etwas überkonstruiert wirkt die Idee, ihn auch noch zu Paulas Vater zu machen. Der jungen Frau, die von Schuldgefühlen geplagt wird und gern auf eigenen Beinen stehen würde, fehlt in den ersten vier Folgen, die dieser Kritik zugrunde liegen, ohnehin ein bisschen der Entfaltungsraum.

Mark (Jerry Hoffmann) ist gewaltig unter Druck
Mark (Jerry Hoffmann) ist gewaltig unter Druck ARD Degeto Film/Letterbox Filmproduktion GmbH/Jakub Bejnarowicz

Besser fängt die Serie da schon Joshs niederschmetternde Lage ein. In den Flitterwochen seine Ehefrau zu verlieren, plötzlich auf eine fremde Bürokratie angewiesen zu sein - eine solche Erfahrung wünscht man nicht einmal seinem ärgsten Feind. Die in verwackelten Rückblenden mehrfach in die Handlung eingeschobenen Clubszenen kurz vor Zofias Tod vermitteln glaubhaft seine Panik. Gleichzeitig drängt sich aber auch eine Frage auf: Könnte Josh vielleicht etwas mit ihrem Ableben zu tun haben? Rosa jedenfalls glaubt, dass er nicht alles preisgibt, was er weiß.

Zweifel streuen nicht zuletzt einige Flashbacks in die Zeit vor dem Aufbruch zur Reise und vor ihrer Ankunft in Berlin. Josh ist kein Abenteurer, kein Träumer, steht als Anwalt fest im Berufsleben und sieht die ausgedehnten Flitterwochen bloß als eine Art kurzen Ausbruch. Zofia hingegen blickt skeptisch auf ihr in klare Bahnen gelenktes Leben, will weiterhin Dinge ausprobieren und sehnt sich nach aufregenden Erfahrungen. Kann sie wirklich in die nächste Stufe ihrer Beziehung, das titelgebende next level, eintreten?

Eine Spiegelung erfährt dieser Konflikt, auf sicher etwas holzschnittartige Weise, in Rosa und Mark, die schon von ihrem Auftreten her nicht recht zusammenpassen wollen. Mit ihrer zotteligen Achtziger-Jahre-Frisur, ihren Ohrsteckern und ihrer legeren Kleidung macht die Reporterin einen eher alternativen Eindruck. Ihr Freund wiederum wirft sich, ganz Businessman, ständig in Schale. Das nächste Level scheint auch bei ihnen noch lange nicht ausgehandelt. Rosas Interesse für die von Mark organisierten Wohnungsbesichtigungen etwa hält sich stark in Grenzen. In manchen Augenblicken, wenn sie ihn mal wieder versetzt, fühlt man mit dem jungen Mann mit. Und irgendwo kann man auch verstehen, warum er ihr an einer Stelle gezielt in die Parade fährt. Ob ihre Partnerschaft nach einem Knacks am Ende der dritten Folge die Turbulenzen übersteht, lässt sich nicht genau sagen.

Chefredakteur Matt Kowalksi (Thorsten Merten) lässt Rosa weitgehend freie Hand
Chefredakteur Matt Kowalksi (Thorsten Merten) lässt Rosa weitgehend freie Hand ARD Degeto Film/Letterbox Filmproduktion GmbH/Simon Dat Vu

Obgleich einige Drehbuchelemente etwas mechanisch daherkommen, bringt "The Next Level" regelmäßig glaubwürdig-bewegende Momente hervor. Joshs Verlorenheit kam schon zur Sprache. Ähnlich präzise und geerdet sind die Auftritte von Zofias anreisendem Vater Jan. Ohne große Worte transportiert Darsteller Krzysztof Pieczynski den Schmerz, die Ungläubigkeit angesichts der tragischen Geschehnisse. Überraschend ist allerdings, dass sich die im Tonfall meistens ernst bleibende Serie in einer Szene mit Jan einen Abstecher ins Absurd-Komische erlaubt. Josh und sein Schwiegervater treffen auf einen Bestatter, der sich konsequent weigert, Englisch zu reden. Da der angefragte Dolmetscher nicht erscheint, wird die Beratung, mehr schlecht als recht, mithilfe einer Übersetzungsapp durchgeführt - was der Situation jegliche Würde raubt.

Geht es um Augenblicke, die sich authentisch anfühlen, darf man die Gespräche zwischen Rosa und ihrem Vorgesetzten Matt Kowalksi (Thorsten Merten) nicht unter den Tisch fallen lassen. Aus ihnen spricht nämlich echtes Vertrauen und gegenseitiger Respekt. Der Chefredakteur sorgt sich um seine Kollegin und hält, wo es geht, seine schützende Hand über sie. Interessanterweise kennt er den bei Rosas Recherchen zunehmend in den Fokus rückenden Brenner aus der Zeit vor und kurz nach der Wende. Berlin mag einerseits eine pulsierende Metropole sein. Die Serie zeichnet die Hauptstadt andererseits aber auch als einen Mikrokosmos, in dem, überspitzt formuliert, irgendwie jeder jeden kennt. Selbst Rosas undurchschaubare Vergangenheit könnte da noch mitreinspielen.

Eine Clubkultur, die ihre Schattenseiten hat, die stetig voranschreitende Gentrifizierung vieler Bezirke und die allgemeine Kommerzialisierung Berlins - "The Next Level" packt einige komplexe Sachverhalte an. Allzu didaktisch wird es jedoch nicht. Eingebunden sind die thematischen Bezüge in eine handfeste, nie abflauende Erzählung, die vor allem in den Partyszenen mit ihren flackernden Lichtern, ihren zuckenden Körpern und ihren wummernden Beats einiges an Energie erzeugt. Hoffen wir, dass Rosas sich langsam herausbildende Story in den letzten beiden Folgen nicht an Schwung verliert.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten vier von insgesamt sechs Folgen der Miniserie "The Next Level".

Meine Wertung: 3.5/5

Die Miniserie "The Next Level" ist mit allen sechs Episoden ab dem 24. Januar in der ARD Mediathek verfügbar. Die lineare Ausstrahlung erfolgt am 31. Januar ab 22.20 Uhr im Ersten.



 

Über den Autor

  • Christopher Diekhaus
Christopher Diekhaus, Jahrgang 1985, erlebte seine TV-Sozialisation in den 1990er-Jahren. Seine echte Liebe für den Flimmerkasten entbrannte allerdings erst gegen Ende der Schulzeit. Nach seinem Studium landete er zunächst in einer Film- und Fernsehproduktionsfirma. Seit 2013 schreibt Christopher als Freiberufler Film- und Serienkritiken. Das Portal fernsehserien.de unterstützt er seit Ende 2019. Im Meer der Veröffentlichungen die Perlen zu entdecken – diese Aussicht spornt ihn immer wieder an. Insgeheim hofft er, irgendwann eines seiner in der Schublade liegenden Drehbücher zu verkaufen. Bis er den Oscar in Händen hält, sichtet und rezensiert er aber weiter fleißig die neuesten Serien.
Lieblingsserien: Devs, Lass es, Larry!, Severance

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Leserkommentare

  • DanielPatrick schrieb am 28.01.2025, 12.58 Uhr:
    Die Serie ist wie Berlin. Etwas Großes ist angekündigt und am Ende doch nur Provinz und bestenfalls bedeutungslos, weit entfernt von den Dingen, die man gerne kopieren würde. Es liegt natürlich auch den Zugezogenen, bei denen es für New York, London oder Amsterdam nicht gereicht hat. Gefühlt hat man die Geschichten in der Geschichte schon hunderte Male gesehen. Personen werden so überzeichnet, dass es sie in der Realität nicht gibt, Probleme erfunden, wo keine sind, Gut und Böse so tragisch schlecht verkauft, dass sie selbst am äußersten linken Rand der Grünen kaum Abnehmer finden. Insgesamt hat diese für schlichte Menschen geschaffene Verklärung nur einen Stern verdient, wenn überhaupt. Oder anders gesagt: der ÖRR hat mal wieder Millionen in einen Bereich versenkt, den er einfach nicht kann.
  • Marcus Kirzynowski schrieb am 25.01.2025, 19.24 Uhr:
    Die Serie basiert lose auf einer Reportage, die Osang 2018 über den echten Fall der US-Touristin, die nach einer Nacht im Berghain starb, für den "Spiegel" schrieb. Ich denke ja, dass Journalisten eher bei ihren Leisten bleiben und keine fiktionalisierten Versionen ihrer Recherchen in Form von Drehbüchern schreiben sollten. (Ausnahmen wie David Simon bestätigen die Regel.) Das Bild von journalistischer Arbeit, das Osang in der Serie zeichnet, ist auch dermaßen unrealistisch...
  • Tommi68 schrieb am 24.01.2025, 22.28 Uhr:
    "Die 30-jährige Anwältin Jenifer aus Kalifornien geht mit ihrem Mann und einem Freund zum ersten Mal in ihrem Leben ins Berghain. Es ist Sommer 2017, die Frau tanzt ausgelassen, es ist der Höhepunkt einer Weltreise. Den Morgen danach erlebt sie nicht mehr.", mitlerweile wird alles was das Berghain betrifft vermarktet, ohne Worte.
  • Hans-Jürg schrieb am 23.01.2025, 19.54 Uhr:
    "Diese Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten" heisst im Klartext: Ja, es gab mal einen Mord, der fand sogar im selben Land wie unsere Geschichte statt und auch die Polizei hat recherchiert und es gab ein Opfer. Soweit stimmt die Behauptung also...
  • Tommi68 schrieb am 24.01.2025, 22.29 Uhr:
    Ganz so einfach ist es diesmal nicht.
    "Die 30-jährige Anwältin Jenifer aus Kalifornien geht mit ihrem Mann und einem Freund zum ersten Mal in ihrem Leben ins Berghain. Es ist Sommer 2017, die Frau tanzt ausgelassen, es ist der Höhepunkt einer Weltreise. Den Morgen danach erlebt sie nicht mehr.", das ist die wahre Geschichte dazu.