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TV-Kritik/Review: The Knick

TV-Kritik zum Medizinerdrama von Steven Soderbergh - von Marcus Kirzynowski
(22.09.2014)

Andere Zeiten, andere Sitten: Operationen fanden um 1900 noch vor Publikum im Hörsaal statt
Andere Zeiten, andere Sitten: Operationen fanden um 1900 noch vor Publikum im Hörsaal statt


Dr. J. M. Christiansen (Matt Frewer,  "Max Headroom",  "EUReKA - Die geheime Stadt") ist ein Mann der großen Worte. In den höchsten Tönen kündigt er eine noch nie zuvor gelungene Operation an, die er im Hörsaal, unter den neugierigen Blicken der Medizinstudenten, durchführen will: einen Kaiserschnitt an einer Hochschwangeren. Doch leider verblutet ihm die Patientin unter seinen Händen und auch das hervor geholte Baby kann nicht wiederbelebt werden. Operation gelungen - Patienten tot, so könnte man das desaströse Ergebnis des Eingriffs zusammenfassen. Nachdem sich der nun doch deutlich leiser gewordene Leiter der Chirurgie von seinen Studenten verabschiedet hat - mit dem Hinweis, die Präsentation sei hoffentlich doch aufschlussreich gewesen -, zieht er sich in sein Büro zurück und nimmt sich das Leben.

So spektakulär beginnt  "The Knick", Steven Soderberghs neue Medizinerdrama-Serie auf Cinemax, dem kleineren Schwestersender von HBO. Sie entführt uns mehr als 100 Jahre zurück, ins New York des Jahres 1900, als die moderne Medizin noch in den Kinderschuhen steckte. Es ist also sozusagen ein Prequel zu all den zeitgenössischen US-Krankenhausserien von  "Emergency Room" bis  "Grey's Anatomy", die sich international noch immer so großer Beliebtheit erfreuen. Im Knickerbocker Hospital (einer Klinik, die es in Harlem wirklich gab und deren Spitznamen die Serie ihren Titel verdankt) legen engagierte Ärzte erst die Grundsteine für die hohe Kunst der Chirurgie, die dann etwa ein Jahrhundert später auch ein Dr. Benton oder ein "McDreamy" praktizieren werden.

Nach dem unglamourösen Abgang von Dr. Christiansen kommt Dr. John Thackery (Clive Owen) als neuer Chefchirurg ans "Knick". Er ist ein ehemaliger Schüler Christiansens und somit ebenfalls ein Mann der neuen Zeit und eines streng wissenschaftlichen Ansatzes. Er ist aber auch ein Mann der Extreme: in der Klinik ein zupackender, überzeugender Arzt, für den Zögern ein Fremdwort zu sein scheint, nach Dienstschluss ein nervliches Wrack, das sich ohne seine tägliche Dosis Kokain in ein klägliches Etwas verwandelt. Die Figur soll damit offensichtlich in eine Reihe mit den großen Antihelden der modernen Serienwelt gestellt werden, all den Don Drapers und  "Nurse Jackies". Mit ersterem hat er auch das resolute Auftreten gemein, mit letzterer die oft ungewöhnlichen Behandlungsansätze.

Leider bleibt Hollywood-Kinostar Clive Owen ("Children of Men") zumindest in den ersten Folgen in dieser ambivalent angelegten Rolle noch etwas blass, versteht es nicht, wirkliches Interesse für diesen undurchsichtigen Mann zu wecken. Was in einer solchen modern angelegten Serie natürlich auch nicht fehlen darf, sind Konflikte zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. Und so wird auch gleich nach Thackery ein afro-amerikanischer Arzt eingeführt: Dr. Algernon Edwards (Andre Holland). Der hat zwar einen Harvard-Abschluss und in Europa ganz selbstverständlich an der Seite von weißen Kollegen praktiziert, aber in den USA dauerte es mit der Aufhebung der Schranken zwischen den Ethnien bekanntlich um einiges länger. So will Thackery ihn zunächst als seinen Stellvertreter verhindern, schließlich darf er nur im Keller Dienst tun, wo er die schwarzen Patienten behandelt, die oben abgewiesen werden.

Zwischen Genie und Junkie: Dr. John Thackery (Clive Owen)
Zwischen Genie und Junkie: Dr. John Thackery (Clive Owen)

Konfliktpotential gibt es aber auch sonst reichlich unter der Belegschaft des Hospitals: Der Geschäftsführer Herman Barrow (Jeremy Bobb) zweigt Gelder ab, um einen Kredit an die Mafia zurückzuzahlen, und Thackery stellt die Kompetenz einer jungen Krankenschwester (Eve Hewson) in Frage - die ihm kurz darauf aber dann doch eine Drogen-Injektion verabreichen darf, damit er überhaupt wieder arbeitsfähig wird.

Die Autoren um Jack Amiel und Michael Begler (sie haben bis auf zwei alle zehn Folgen der ersten Staffel geschrieben) haben sich ohne Zweifel einiges für ihre Serie vorgenommen: spektakuläre Operationen, ambivalente Figuren, ein Vergleich zwischen der vormodernen Vergangenheit und unserer vermeintlich so aufgeklärten Gegenwart, wobei sich dann in vielerlei Hinsicht doch nicht so viel geändert hat. Das alles wirkt in den ersten beiden Folgen aber noch etwas kraftlos-bemüht, zu sehr nach dem Lehrbuch für modernes Serienschreiben. Auch ein prägnanter Regiestil ist nicht zu erkennen, obwohl oder vielleicht gerade weil Soderbergh nach seinem Rückzug aus dem Kinogeschäft alle Episoden selbst inszeniert hat. Aber er galt ja auch schon bei seinen Spielfilmen wie "Out of Sight", "Traffic" oder "Ocean's Eleven" als Chamäleon, das von einem Stil zum anderen wechselte.

Während in allen anderen Bereichen zumindest das Potential besteht, dass sich "The Knick" doch noch zu einer packenden und tiefgründigen Dramaserie entwickeln könnte, fällt ein Schwachpunkt besonders ins Gewicht: die OP-Szenen. Diese sind zwar wesentlich blutiger als etwa im auch nicht gerade anämischen "ER", aber wirken auch deutlich unrealistischer als in dieser oder anderen modernen US-Krankenhausserien. So sind die aufgeschnittenen Leiber immer sofort als Gumminachbildungen zu erkennen, was der Glaubwürdigkeit doch erheblich schadet.

Wer darüber hinweg sehen kann, bekommt zumindest eine leidlich unterhaltsame Medizinerserie der etwas anderen Art geboten, so etwas wie  "Mad Men" in OP. Man könnte als Anhänger dieses Genres aber auch einfach mal wieder eine alte "Emergency Room"-DVD einlegen.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten zwei Episoden der Serie.

Meine Wertung: 3/5

Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: Cinemax


 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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