Das Film- und Fernsehserien-Infoportal

Log-In für "Meine Wunschliste"

Passwort vergessen

  • Bitte trage Deine E-Mail-Adresse ein, damit wir Dir ein neues Passwort zuschicken können:
  • Log-In | Neu registrieren

Registrierung zur E-Mail-Benachrichtigung

  • Anmeldung zur kostenlosen Serienstart-Benachrichtigung für

  • E-Mail-Adresse
  • Für eine vollständige und rechtzeitige Benachrichtigung übernehmen wir keine Garantie.
  • Fragen & Antworten

TV-Kritik/Review: Welcome to Sweden

TV-Kritik zur skandinavischen Culture-Clash-Comedy - von Gian-Philip Andreas
(22.04.2014)

Culture Clash: Der New Yorker Bruce Evans (Greg Poehler, m.l.) folgt seiner Freundin Emma (Josephine Bornebusch, m.r.) in ihre schwedische Heimat.
Culture Clash: Der New Yorker Bruce Evans (Greg Poehler, m.l.) folgt seiner Freundin Emma (Josephine Bornebusch, m.r.) in ihre schwedische Heimat.


Ganz so viel ist noch nicht bekannt über Greg Poehler. Der Bruder von  "Parks and Recreation"-Star Amy Poehler hat angeblich zehn Jahre lang als Anwalt gearbeitet, bevor er seiner schwedischen Freundin in ihr Heimatland folgte, wo er seither lebt. Dem Vernehmen nach wäre er, wie seine ältere Schwester, gerne Komiker - oder wenigstens Schauspieler - geworden, doch er ließ sich von seinen Eltern dazu überreden, einen vernünftigen Beruf zu ergreifen. Aber wie es eben so ist: Die wahre Natur bricht irgendwann durch, und wenn man schon eine berühmte Schwester hat, warum sollte man das nicht nutzen? So hat ihm Amy (die als ausführende Produzentin gerade erst der grenzgenialen Webserie  "Broad City" ins Programm von Comedy Central verholfen hat) nun dabei unterstützt, das halb-autobiografische Projekt  "Welcome to Sweden" anzuleiern: Die überwiegend englischsprachige Comedyserie ist gerade auf dem schwedischen Sender TV4 gestartet und kommt erst einige Monate später via NBC ins US-Fernsehen.

In seiner ersten Fernsehrolle spielt Greg Poehler eine fiktive Version seiner eigenen Erlebnisse nach. Er gibt den erfolgreichen New Yorker Celebrity-Steuerberater Bruce Evans, der seinen Job kündigt, um seiner sehr großen, sehr blonden, sehr hübschen Freundin Emma in ihre schwedische Heimat zu folgen. Gespielt wird diese Emma von der in Schweden populären Komikerin Josephine Bornebusch, die durch "Fredag Hela Veckan", die TV4-Variante von  "Saturday Night Live", bekannt wurde.

"Welcome to Sweden" folgt den Erfolgsrezepten einer ganzen Reihe populärer Film- und Fernsehvorlagen: Fremdschäm-Romcoms wie "Meine Braut, ihr Vater und ich", Migrationsromanzen wie "Green Card", Fish-out-of-Water- und Culture-Clash-Komödien und als Zugabe ein Anflug (New Yorker) US-Comedy: All das ist drin in diesen Episoden, und das Ergebnis ist nicht uncharmant. Nur eben nicht besonders neu. So kommt Bruce zu Beginn mit Jetlag und leicht nervös in Schweden an, sein erfolgreiches Berufsleben liegt zunächst einmal hinter ihm, und schon die erste Szene auf skandinavischem Boden, in der Bruce beim Security Check am Flughafen alle Register der Awkwardness zieht, macht sehr deutlich, worauf die Macher hinauswollen: auf einen kuriosen Hindernislauf der kulturellen Missverständnisse in Familie, Behörden und Partnerschaft, der sich so (oder wohl eher nicht ganz so) auch in Greg Poehlers eigener Auswanderungsgeschichte zugetragen haben mag.

Die schwedische Esskultur bleibt für Bruce gewöhnungsbedürftig.
Die schwedische Esskultur bleibt für Bruce gewöhnungsbedürftig.

Weil Emma ihre Wohnung während ihres Aufenthalts in New York (wo sie Bruce kennenlernte) untervermietet hat, muss sie mit ihrem Geliebten die ersten Wochen nach der Heimkehr nach Schweden im Sommerhaus ihrer Eltern verbringen. Dieses Haus liegt idyllisch am See und ist malerisch rot getüncht, und auch die meisten anderen Locations wirken zwischen Drinnen und Draußen, Stadt und Land, Tag und Nachthelle ganz so, als seien sie von der Tourismusbehörde persönlich ausgesucht worden. (Da dies aber auch für die meisten Schwedenfernsehkrimis gilt, müssen wir einfach davon ausgehen, dass es dort oben wohl einfach so schön ist.)

Bruce lernt nun also Emmas Familie kennen: Birger, den schweigsamen, aber gutherzigen Vater (Claes M?nsson), Viveka, die skeptische Therapeuten-Mutter (gespielt von Ex-Hollywood-Star Lena Olin, die man auch aus  "Alias - Die Agentin" kennen kann), den infantil-dicklichen Bruder Gustaf (Christopher Wagelin), der noch bei den Eltern wohnt und jeden Tag eine neue schwachsinnige Geschäftsidee hat (ein bisschen so wie "Parks + Rec"-Tom, nur ohne Swag), sowie den USA-besessenen Onkel Bengt (Per Svensson), einen in Filmzitaten sprechenden Videothekenbesitzer. Diese Figuren wirken von Anfang an so ausgedacht, dass man sich ein bisschen schwer damit tut, sie sich als tragfähiges Personal einer ganzen Serie vorstellen zu können, doch zumindest das Elternpaar - Mansson als grauhaariger, in sich ruhender Ex-Kapitän und Olin als Dame von Welt, der frühere Zeiten als Femme Fatale noch ins Gesicht geschrieben stehen - entwickelt dann doch ziemlich schnell einen überraschend sympathischen Charme.

Bruce setzt seinen Parcours der Peinlichkeiten rasant fort: Auf der Bootsfahrt zum Sommerhaus wird ihm schlecht, Saufrituale mit Gustaf muss er wegen Fehlern im Ablauf wiederholen, im Niemandsland zwischen den Sprachen kommt es zu kommunikativen Missverständnissen, und als Birger ihm beim unvermeidlichen Saunagang mitteilt, wie froh er sei, dass Emma nun endlich-endlich eine länger als zwei Wochen dauernde Beziehung führe, fällt Bruce in Ohnmacht. Natürlich bleibt die Lage optimistisch, egal in wie viele Fettnäpfchen hier getreten wird - vor allem auch, weil Mutter Viveka ihre Spitzen vor allem auf (Bruce noch nicht verständlichem) Schwedisch raushaut. Als Bruce etwa wegen einer Allergie ihren Zimt-Kuchen ablehnt, ist sie sich mit ihrem Gatten darin einig, dass man vielleicht "Völkermord und Hitler" nicht mögen könne, aber doch keine Gewürze! Gelächelt wird dabei dennoch eisern. Während sich die Pilot-Episode an den "Meet the Parents"-Filmen mit Ben Stiller entlangzuhangeln scheint (oder an den ungezählten Filmen, die in dieselbe Kerbe schlagen), wird der Culture Clash in den weiteren Folgen auf andere soziale Bereiche ausgeweitet: Im Sprachkurs etwa, den Bruce besucht, sitzt ausgerechnet ein stolzer irakischer Immigrant, der seinen Abscheu vor allem Amerikanischen bekundet: US-Bomber zerstörten einst sein ganzes Hab und Gut. Und bei der Einwanderungsbehörde geht beim Versuch, den zuständigen Beamten von der Ernsthaftigkeit seiner Liebesbeziehung zu überzeugen, ebenfalls so ziemlich alles schief - bis der Amtmann Bruce und Emma beim Streiten beobachtet. Fortan hat er keine Zweifel mehr.

Das Geschehen verlagert sich in der dritten Episode vom Sommerhaus in Emmas nun wieder bezugsfähige (und mit Arne-Jacobsen-Stühlen bestückte) Stadtwohnung verlagert. Es bleibt abzuwarten, ob die Familien-Figuren nun etwas in den Hintergrund treten werden oder ob es (wie in dieser Episode) fortan zu wechselseitigen Besuchen kommt. Auch Bruces Eltern (gespielt von Patrick "Bobby Ewing" Duffy und Illeana Douglas) werden bald eine Rolle spielen - von ihnen ist in den ersten drei Folgen noch nichts zu sehen. Douglas dürfte alles Schwedische nicht allzu fernliegen, ist sie doch der Star der IKEA-Serie "Easy to Assemble".

Und Amy Poehler? Neben den unverkennbar an "SNL" und "Parks + Rec" geschulten Kommunikationskatastrophen in Szene und Dialog, die den doch sehr konventionellen Handlungsverlauf von "Welcome to Sweden" aufpeppen, macht sich ihr Einfluss auch ganz konkret bemerkbar: Während sie sich in "Broad City" erst in der letzten Staffelfolge als Gaststar einschaltete, sorgt sie hier nämlich direkt fürs Opening: Sie spielt sich selbst und damit eine der nervigen Celebrities, die Bruce auch nach dessen Kündigung mit Steuer-Gedöns behelligen. Bruces enthusiastisch eingeschlagenen neuen Lebensweg nimmt sie desinteressiert zur Kenntnis, während sie auf ihrem Smartphone herumtippt. In Folge zwei treten als Ex-Klienten auf: Will Ferrell, der Bruce Sprachkurs-Tapes mit erotischer Sprecherin empfiehlt, und Aubrey Plaza, die in Emmas Traum sogar eine Bettszene würzt.

Auf diese Weise bleibt "Welcome to Sweden" stets an die Welt der US-Comedies angedockt, und womöglich ist es auch allein das, was diese sympathische, aber nicht furchtbar originelle Comedyserie über den Durchschnitt hebt. Klar, sie sorgt vom Vorspann an (zu "Living in America" der schwedischen Elektrorocker The Sounds) für gute Laune, sollte aber in Zukunft noch ein bisschen an Harmlosigkeit und Tourismusförderlichkeit verlieren. Nett ist eben noch nicht super. Und auch ob Greg Poehler (der optisch frappierend an Greg Kinnear erinnert) wirklich das Zeug zum Leading Man hat, ist nicht erwiesen: Den entgeisterten Gesichtsausdruck im Angesicht all dieser merkwürdigen schwedischen Sitten beherrscht er zwar perfekt, doch allein darauf lässt sich keine dauerhaft interessante Figur aufbauen.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei Episoden von "Welcome to Sweden".

Meine Wertung: 3.5/5


Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: TV4


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

Beitrag melden

  •  

Leserkommentare