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TV-Kritik/Review: Winnetou
(25.12.2016)

Die Figuren aus den Abenteuerromanen des sächsischen Schriftstellers Karl May gehören zum engsten Kanon deutscher Nachkriegs-Popkultur - nicht zuletzt durch die Verfilmungen, die von 1962-1968 fürs Kino entstanden und die selbst jenen ein Begriff sind, die Mays Bücher nie in der Hand hielten. Die Filme waren bunt, märchenhaft naiv, oft grenzwertig kitschig, gnadenlos eurozentrisch, dabei aber von einem tiefen Glauben an die friedensstiftende Macht der Völkerverständigung geprägt. Die berühmtesten davon sind wohl die drei "Winnetou"-Filme mit dem französischen Model Pierre Brice in der Titelrolle und dem New Yorker Tarzan-Darsteller Lex Barker als Old Shatterhand.
Weil das deutsche Fernsehen sein größtenteils überalterndes Publikum gern in Retro-Seligkeiten einlullt, und sicher auch, weil man die fünf Dekaden alten Filme für jüngere Zuschauerschichten updaten wollte, zelebriert RTL den alten Stoff nun in neuem Gewand als Event-Dreiteiler, mit neuen Stars in alten Rollen und einem geänderten Zugriff, der indes hauptsächlich darin besteht, dass die Dramaturgie der alten "Winnetou"-Filme einmal kräftig durcheinandergewürfelt (und mit "Der Schatz am Silbersee" verbunden) wurde. Ansonsten bleibt vieles wie gehabt: Der bekannte Soundtrack von Martin Böttcher ist neu eingespielt worden und wird mitunter durch fiedelige Westernmusik ergänzt. Erneut wurde ausgiebig in Kroatien gedreht, sprich: die Prärien von Arizona werden von balkanischen Hochplateaus gedoubelt, die Berge von New Mexico von kroatischem Karst und der Rio Pecos vom immer noch so irre blauen Fluss Zrmanja.
Als weitere Reminiszenz dürfen ein paar der noch lebenden Darsteller von damals in Gastrollen vorbeischauen: Marie Versini, damals Winnetous Schwester Nscho-tschi, sitzt gleich am Anfang im "Feuerross" in den Wilden Westen und warnt vor dem "Apachenland". Mario Adorf nimmt seine Rolle als Nscho-tschi-Mörder Santer wieder auf, spielt aber nur den Big Daddy seines Sohnes, der in Folge drei den Antagonisten mimt. Und Gojko Mitic, Chefindianer der DEFA, gibt kurz den Häuptling Intschu-tschuna.
Das ist viel Dienst am Fan - vor allem natürlich an solchen Fans, die jede wirklich gravierende Änderung am Kult(-ur)komplex "Winnetou" mit wutbürgerlichen Anrufen beim Sender quittieren würden. So blieb man lieber nah am Gewohnten und sorgte für Spektakel: Regisseur Philipp Stölzl hat (mit Drehbuchautor Jan Berger zusammen) schon bei seiner Kino-Version von "Der Medicus" demonstriert, wie man große Abenteuerstoffe massenwirksam komensurabel, leinwandtauglich, aber auch als Event-Zweiteiler fürs Fernsehen verwertbar macht. Stölzl und Kameramann Sten Mende zaubern in allen drei neuen "Winnetou"-Teilen immer wieder aufregende Landschaftspanoramen und "Mood Pieces" auf den Bildschirm, die Actionsequenzen sind tadellos inszeniert, und der zwischen introspektiven und vorwärtsdrängenden Momenten geschickt austarierte Rhythmus der Filme ist dem aus heutiger Sicht trantütigen Tempo der Originale ebenso haushoch überlegen wie die Trickeffekte, in die sichtlich viel Geld floss.
Während das RTL-Publikum mit dieser gepflegten Abendunterhaltung für, wie man so sagt, "die ganze Familie" fraglos zufrieden sein dürfte, mit deren tollen Schauwerten, einigen guten und vielen nicht so guten Gags, mit den Wiedererkennungswerten und ein wenig schwiemeliger Softerotik, so werden doch all jene enttäuscht, die sich von einem Update nach so langer Zeit etwas mehr Mut zu neuen Ansätzen erhofft hatten. Am Anfang besteht da sogar noch Hoffnung, denn da wird der Ich-Erzähler Karl aus Mays Romanen beim Wort genommen: Protagonist der Geschichten ist nämlich Karl May selbst (der bekanntlich nie US-Boden betrat, sich aber umso detaillierter schreibend in den Wilden Westen hineinträumte). May wandert um 1860 als Landvermesser in die USA aus, um dort als Ingenieur beim Bau der Central Pacific Railroad Company mitzuhelfen. Zu "Old Shatterhand" wird er erst, als er Winnetou beim ersten Treffen einen amtlichen Fausthieb versetzt.
Dabei sind hier ja sehr sehenswerte Mimen am Start: Milan Peschel zum Beispiel, der als Sam "Wenn ich mich nicht irre" Hawkens einen guten Sidekick abgibt; oder der sowieso immer tolle Georg Friedrich als Wienerisch nölender Spieler; oder Matthias Matschke, der als Prof. Traven das Unglück hat, eine Banditenhorde zum Silbersee führen zu müssen; oder Leslie Malton und der im deutschen Film nahezu unvermeidliche Rainer Bock als Ehepaar Bancroft, das beim Eisenbahnbau über Leichen geht.
Auch alle Schurken und Handlanger wurden prominent besetzt, allerdings leiden sie an der eindimensionalen Anlage ihrer Parts, die eher an Kinderfilmbösewichter erinnern: Jürgen Vogel (mit Backenbart) als dauerkeifender Rassist Rattler, Oliver Masucci ("Er ist wieder da") als vernarbter Ugly Joe oder Tschiller-Kollege Fahri Yard?m als psychopathisch-liebeskranker Bandit El Mas Loco geben dem Affen Zucker, mitunter weit über die Schmerzgrenze des Knallchargentums hinaus, ganz so, als müssten sie bei Karl-May-Festspielen noch für die hintersten Reihen grimassieren. Ziemlich toll dagegen Burgschauspieler Michael Maertens, der Santer Jr., dem Bösewicht des dritten Teils, eine fiese ironische Ebene einzieht: Um den kaltherzigen Vater (Adorf) zu beeindrucken, luchst Santer den Apachen ihr ölquellenhaltiges Land ab, und wie er dabei seine zynisch-theatralische Show abzieht, ist eine echte Schau, obgleich (oder gerade weil) er den Rest der Besetzung dabei krachend an die Wand spielt. Etwas mehr von Maertens' Selbstironie hätte dem Projekt jedenfalls gutgetan.
Gleiches gilt für den albanischen Schauspieler Nik Xhelilaj, der Winnetou ebenso stolz-melancholisch und freundlich-stoisch verkörpert wie weiland Pierre Brice, dazu aber noch ausgiebig ein beeindruckendes Sixpack zur Schau stellt. Er macht das schon gut, kann aber trotzdem nicht verhindern, dass der Apachenhäuptling auch in dieser Neufassung bloß die zweite Geige neben Shatterhand spielt. Das ist schade, denn wenn man sich wirklich etwas Neues hätte erhoffen können von einer Neuauflage eines derart ikonisch geworden Mythos, dann den Verzicht auf einen Blickwinkel, der die "Indianer" zwar als "edel", aber eben doch ganz kolonialistisch als "Wilde" markiert - obgleich sich die Erzählung in Mayscher Tradition ganz auf deren Seite stellt und klar Position bezieht gegen allerlei selbstherrliche Herrenmenschen. Dazu passt auch der merkwürdige Umgang mit der sprachlichen Zuordnung: Dass im Wilden Westen alle Deutsch sprechen, ist den Erwartungen des Zielpublikums geschuldet und weiter kein Problem. Dass aber Deutsche und Engländer akzentfrei interagieren, während sich die Apachen nur radebrechend am Gespräch beteiligen, bedient diese exotistische Sichtweise. Untereinander sprechen die Ureinwohner zwar in einem (untertitelten) Lakota-Dialekt, doch das ist nichts Neues und seit Kevin Costners "Der mit dem Wolf tanzt" selbst in Produktionen fürs große Publikum Standard.
So bleiben am Ende fraglos ein paar gewichtige Wünsche offen - zumindest für Zuschauer, die sich von einem
Dieser Text basiert auf der Sichtung aller drei Filme: "Eine neue Welt", "Das Geheimnis vom Silbersee" und "Der letzte Kampf".
(Eine Bewertung fällt hier schwer, da sie auch davon abhängt, was für einen Anspruch man an ein Remake stellt)
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: RTL / Nikola Predovic
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