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TV-Kritik/Review: "Girlboss": "Nasty Gal" vermiest bei Netflix-Comedy den Spaß

(25.04.2017)

Das hatten sich die Macher dieser neuen Netflix-Comedy sicher anders vorgestellt: Als sie Anfang letzten Jahres ankündigten, aus Sophia Amorusos Memoiren "#Girlboss" einen 13-Teiler machen zu wollen, befand sich die Autorin noch auf dem Zenit ihres Schaffens: Als CEO stand sie dem von ihr selbst im zarten Alter von 23 Jahren gegründeten Onlineversand für Vintage-Klamotten namens "Nasty Gal" vor, der dreistellige Jahresumsätze einfuhr. Das Forbes-Magazin zählte Amoruso, die zehn Jahre zuvor angeblich im Müll nach Nahrung gewühlt hatte, zu den reichsten Selfmade-Frauen der Welt, und ihre Autobiografie (geschrieben mit 30) war mit hipper Ratgeberprosa zum Bestseller einer feministischen Ermächtigungsliteratur geworden. Dann aber mehrten die Berichte über miese Unternehmenskultur und fragwürdiges Geschäftsgebaren. Amoruso, inzwischen 32, trat zurück, "Nasty Gal" ging bankrott und wurde von einer britischen Firma gekauft.
So schnell kann's gehen. Als Betrachter der Serie, die diese Entwicklungen nicht berücksichtigt und den Aufstieg einer Widerspenstigen abfeiert, hat man es jetzt deutlich schwerer, mit der Protagonisten mitzufiebern. Denn trennen kann man dieses Vorwissen nicht von der freakigen Empowerment-Story, die die Macher (darunter die Hollywood-Schauspielerin Charlize Theron) hier unter Federführung der
Sophia wird von Britt Robertson gespielt, die mit den CW-Hochglanzserien
Ihr aus dem Ruder gelaufenes Leben wird in vielen Details illustriert: Der Räumungsbescheid wegen Mietrückständen ist schon eingetrudelt, den Job als Verkäuferin in einem Schuhladen verliert sie wenig später wegen offensiver Nachlässigkeit und grober Patzigkeit ihrer Chefin (super: Irene White) gegenüber. Weil kein Geld mehr übrig ist, fischt sie Sandwiches aus Müllcontainern, und auch als Ladendiebin betätigt sie mit einiger Dreistigkeit. Irgendwie kommt sie aber immer damit durch - sie findet sogar einen neuen Aushilfsjob am Empfang einer Kunsthochschule. Doch erst, als sie in einem Second-Hand-Laden eine coole Seventies-Lederjacke für neun Dollar ersteht und sie dann auf eBay für 615 Dollar weiterverkauft, sortieren sich die Dinge. Sophia findet im Weiterverkauf cooler Vintage-Klamotten ihre Berufung: Es ist der Startschuss für eine beispiellose Karriere.

Umschwirrt wird die Unternehmerin in spe von drei eher eindimensionalen Figuren: Ellie Reed spielt ihre beste Freundin Annie mit viel vocal fry und etwas arg aufdringlicher Flippigkeit, Alphonso McAuley (aus der Fox-Comedy
Regisseur Ditter bemüht sich, das Tempo hochzuhalten, mit entsprechenden musikalischen Rebel Girls auf der Tonspur (von Suzi Quatro über Bikini Kill bis zu den Yeah Yeah Yeahs) Druck zu machen und von Gag zu Derbheit zu springen. Ein wenig erinnert Sophia in ihrem Unvermögen, Struktur und Zuverlässigkeit in ihren Alltag zu bringen, an Ilana und Abby aus
Die dritte Episode tut so, als wolle sie das Liebesverhältnis zwischen Sophia und Shane vertiefen, indem sie beide quer durch die Stadt schickt, zu einem Hellseher, ins Museum und in einen Transen-Club, nur um am Ende zu enthüllen, dass der Trip vor allem die Namensfindung ihres Portals inspirieren sollte. Als designierter Versandhaustitel ist schließlich "Nasty Gal" gefunden - denn was wäre Sophia, wenn nicht ein garstiges nasty girl? Wahrscheinlich ist das aber eher die fetzige Legende, die sich Sophia Amoruso retrospektiv zusammengestrickt hat, um ihre Story zu vermarkten: die Geschichte vom grenz-asozialen, wilden Mädchen, das es zur Top-Unternehmerin bringt. Dass ihr stolz vorgelebter Anarchismus zu diesem Zweck einem lupenrein kapitalistischen Profitstreben weichen muss - das wäre genau die spannende Geschichte, die sich
Gewiss, witzige Momente hat die Serie immer wieder zu bieten, meist im Zusammenspiel Sophias mit den erwähnten Nebenfiguren. Der Hauptfigur indes kommt man kaum je wirklich nahe, zumal der Schatten des eingangs erwähnten Endes der "Nasty Girl"-Erfolgsgeschichte unwillkürlich über ihr liegt. Auch vertun die Macher - trotz schicker Bilder - die Chance, noch mehr aus dem Schauplatz der Geschichte herauszuholen: Im San Francisco des Jahres 2006, als es MySpace noch gab, aber weder die Finanzkrise noch Smartphones, marodieren schon die "Tech-Arschlöcher" (Shane) durch die Straßen, die nach seeding money für ihre Start-Ups suchen, doch vom heutigen Status einer komplett durchgentrifizierten Stadt mit astronomischen Immobilienpreisen ist sie damals noch ein Stück weit entfernt. Wie Sophia in der Serie (chronisch abgebrannt, aber mit toller Wohnung mitten in der Stadt) kann in San Francisco heute niemand mehr leben - gerade erfolgreiche Jungunternehmer wie Sophia hatten ihren Anteil daran.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei Episoden von "Girlboss".
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: Netflix
Über den Autor
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Leserkommentare
User 894524 schrieb am 28.04.2017, 20.33 Uhr:
Fand die erste Folge auch eher enttäuschend. Manchmal lohnt es ja, sich durch die ersten Folgen zu quälen, weil man doch noch in den Sog der Sympathie gezogen wird (Stichwort Love 2.Staffel, bei der die ganze 1. Staffel eher meh ist). Aber hier scheint es tendenziell nicht mehr nach oben zu gehen. Irgendwie stark überzogene Hauptfigur, die sich stets assi verhält und nicht nur "noch nicht erwachsen werden will". Es ist sicher auch nicht frech feministisch, wenn man schlichtweg bitchy, verklemmt und zickig ist
Dann spar ich mir mal gleich den Rest und fang was Anderes an ;)
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