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TV-Kritik/Review: "Jupiter's Legacy": Generationenknatsch bei Familie Superheld
(07.05.2021)
Als größter Stachel im abonnentensatten Content-Fleisch des Streamingriesen Netflix gilt wohl der Mangel an ausschlachtbarem Franchise-Material. Während sich Disney das wild wuchernde und potenziell unendlich ausbaufähige "Marvel Cinematic Universe" (MCU) einverleibt hat und es nun auf dem hauseigenen Streamingdienst bequem neben den Star-Wars- und Pixar-Welten verfügbar hält, sucht Netflix nach wie vor nach Stoffen, die langfristig verwertbar und anschlussfähig sind. Die Jahre als MCU-Zulieferer mit den "Street Level Heroes"-Serien um
Umso aufgeregter sehnten Comic-Fans und Netflix-Analysten seit einiger Zeit
Dabei hatte man sich wirklich darauf freuen dürfen. Die Millarworld-Comics, bei denen der Autor mit verschiedenen Zeichnern kooperierte, sind schließlich bereits mehrfach erfolgreich fürs Kino verfilmt worden: Die
Die Reihe "Jupiter's Legacy" startete Millar 2013 in Zusammenarbeit mit dem Zeichner Frank Quitely, und sie war, so lässt Millar in Interviews verlauten, wohl von Beginn an als erstes Projekt unter dem Netflix-Dach geplant. Entwickelt wurde die achtteilige Serie vom umtriebigen Steven S. DeKnight, bekannt für
"Jupiter's Legacy" ist eine Serie über Superhelden in familiären Zusammenhängen. Das ist zunächst einmal nichts allzu Neues. Von einer ganz "normalen" Superheldenfamilie erzählte schon das Pixar-Meisterstück
Im Zentrum der Serie stehen die Sampsons. Vater Sheldon, Typ gütiger Patriarch mit Kochkenntnissen, wird von Josh Duhamel gespielt. Man kennt ihn aus den
Über 80 Jahre später sind die beiden nur sehr maßvoll gealtert, was sich darin äußert, dass man den Mittvierzigern Duhamel und Bibb (und auch den anderen Recken) graue Perücken aufgesetzt und Bärte angeklebt hat, während ihre Augen aber nach wie vor jugendlich blitzen. Diese Verkleidungstaktik wirkt theaterhaft drollig, besonders in Duhamels Fall, der mit Hippiematte und Zauselbart im hautengen weißen Ganzkörperdress aussieht wie ein in die Jahre gekommener Metal-Gitarrist, der sich auf eine Fan-Convention verirrt hat. Mit zur Familie gehört auch Sheldons älterer Bruder Walter (Ben Daniels aus
Nach ungefähr 55 Jahren ihres gemeinsamen Lebenswegs haben Sheldon und Grace dann zwei Kinder geboren, die aus der Art zu schlagen drohen. Sohn Brandon (Andrew Horton), der Sheldon eigentlich langsam mal als Utopian beerben soll, ist ein übelgelaunter Millennial, der sich unter dem Namen Paragon gleich zu Beginn mit einer Vigilantin im senfgelben Cape bekriegt. Seine Schwester Chloe (Elena Kampouris) sucht sowieso die größtmögliche Distanz. Sie rebelliert offen gegen ihre dysfunktionale Familie, inszeniert sich als suchtaffines It-Girl. Die zweite Episode, wie die Pilotfolge noch von DeKnight inszeniert, besteht fast nur aus fad geschriebenen Vater-Sohn- und Vater-Tochter-Dialogszenen, in denen es auf groschenpsychologischem Niveau um das Übliche geht: Söhne, die Angst haben, den Eltern nicht genügen zu können; Töchter, die beklagen, dass Papa lieber heldenhaft um die Welt jettete, als sich um seine Kinder zu kümmern. In diesem 35-Minuten-Wettstreit der Traumatisierten wird mehr geweint und gebarmt als in jeder Nicholas-Sparks-Verfilmung.
Diese Tempobremse wirkt seltsam, denn die Pilotfolge endet zuvor mit einem einigermaßen krawallophilen Showdown. Da kämpfen Utopian, Lady Liberty, Brainwave und die anderen Mitglieder der "Union" auf einem Hügel irgendwo in Nebraska gegen den bösen Blackstar (mit Unholdmaske: Tyler Mane, der in Rob Zombies
Der zentrale Gewissenskonflikt der Serie scheint im Folgenden darum zu kreisen, ob die neuen Zeiten mit ihrer dezentralen Kriegsführung auch andere Leitsätze erfordern. Die Superschurken ändern die Regeln
, warnt Walter. Er hält den Code für obsolet und weiß dabei auch Fitz (Mike Wade) alias The Flare aus dem inneren Zirkel der Union an seiner Seite. Sheldon aber bietet derlei Populismus und Lynchjustiz orthodox die Stirn. Er ist ein nobler Oldschool-Held, der aus der Zeit zu fallen droht. Hätte ohne die Code-Doktrin gar das Allerschlimmste verhütet werden können? Wir hätten mehr tun können
, sagt Walter und meint damit nichts Geringeres als Dachau und Auschwitz. Das wäre aber das Ende des freien Willens gewesen
, hält Sheldon der Ansicht entgegen, sie hätten die Shoah verhindern können. Ungeheuerliche Sätze sind das, und man fragt sich schon, ob's die Serie bzw. Millar nicht ein paar Nummern kleiner hat als die Vorstellung, dass der Holocaust von durch die Luft flatternden Cape-Trägern aus Chicago hätte abgesagt werden können.
Auch die Inszenierung wirkt mitunter ungelenk. Wenn Duhamel etwa in einem länglichen Vater-Sohn-Dialog (der an die Dynamik von Thor und seinem Vater Odin in den MCU-Filmen erinnert) plötzlich blaue Blitze aus den Augen schießen, mag das als Auflockerung gemeint sein - vor allem aber wirkt es unfreiwillig komisch. Oder: Wenn Brandon in einer Szene von diversen Leuten gesagt bekommt, dass es richtig war, einen Gegner im Kampf zu töten, folgt umgehend ein Dialog zwischen Sheldon und Grace, in dem Sheldon das zuvor Gezeigte nochmals wiederholt: Die Hälfte der Leute hat Brandon gesagt, dass es richtig war, zu töten.
Derlei hölzerne Verdoppelungen des Gesehenen hätten sie bei "Daredevil" schon bei der ersten Leseprobe aus dem Skript gestrichen. Auch die clever gemeinte Parallelführung zweier Beerdigungsszenen in der zweiten Folge funktioniert nicht richtig, weil dem Publikum die Verstorbenen egal sind - man weiß schließlich kaum etwas über diese. Ausgerechnet die anderen Mitglieder der "Union" haben kaum mehr als Statistenauftritte; mühsam müssen sie dann per Flashback in Erinnerung gerufen werden.
Deutlich interessanter verspricht zum Glück die Origin Story abzulaufen, vor allem, weil sie eine Spiegelung des Schwarzen Donnerstags an der Wall Street sowie der anschließenden "Great Depression" und der heute auseinanderdriftenden US-Gesellschaft im Gefolge der Großen Rezession Ende der Nullerjahre (die Millar zu den Comics inspirierte) in Aussicht stellt: Vor dem Hintergrund des Börsencrashs 1929 droht das Stahlunternehmen von Vater Sampson zu kollabieren, ungute Wahrheiten kommen ans Licht, der noch junge Sheldon bricht zusammen und beginnt von einer wie aus einem Böcklin-Gemälde entsprungenen Insel zu fantasieren: Er müsse dorthin rudern, raunt des toten Vaters Stimme aus dem Off, und "Amerika retten". Diese Visionen schrammen hart am Trash entlang, immerhin aber versprechen sie so etwas wie Spannung. Und die braucht die Serie fraglos.
Ob "Jupiter's Legacy" noch an Zug gewinnt und die beiden Timelines gewinnbringend ineinandergewickelt bekommt, wird erst überprüfen können, wer alle Folgen gesehen hat; wichtige Charaktere aus der Vorlage sind zudem in den ersten Episoden noch gar nicht oder nur ganz kurz aufgetreten, darunter Sheldons alter Kumpel George (Matt Lanter aus
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden der Serie "Jupiter's Legacy".
Die achtteilige erste Staffel von "Jupiter's Legacy" wird bei Netflix weltweit am 7. Mai 2021 veröffentlicht.
Über den Autor
Leserkommentare
User 65112 schrieb am 10.05.2021, 21.00 Uhr:
Der Kritiker hat hier schon Recht, meiner Meinung nach. Jupiters Lagacy finde ich auch eher durchwachsen. Weil: Zu oft unfreiwillig komische Momente, oder solche in denen man sich denkt "meine Güte, jetzt schrammen wir aber nahe am Schwachsinn vorbei". Diese Momente wechseln sich aber mit recht guten, starken Momenten ab. Deshalb bin ich immer hin und hergerissen zwischen Abschlaten und Weitergucken. Na ja, wegen Matt Lanter werde ich es wahscheinlich weiterschauen :-))Die 1929 Timeline finde ich auch deutlich spannender als die moderne Timeline (in der die Figuren mit ihren dicken Masken total lächerlich aussehen ...). Die Story mit der Insel erinnert mich allerdings ein bisschen an "Danvinchis Demons" - nein, da gab es keine Insel, aber auch dort hatte man das gefühl, dass die Fantasie des Drehbuchautors ziemliche Kapriolen schlagt, die man mit Logik irgendwann nicht mehr durchdringen konnte. Trotzdem was es abenteuerlich und sah alles schön aus, deshalb hat man weitergeschaut. War das auch Steven S. DeKnight, der da Showrunner war? ich weiß es schon nicht mehr ...Captain Nemo schrieb am 07.05.2021, 23.17 Uhr:
in der Datenbank IMBd wurde die Serie, mit 9,5 von 10 Sternen bewertet, die Beste Serie gleich hinter WandaWision , die 8,6 von 10 Sternen bewertet wurde. Meiner Meinung nach , kann ich einer Bertung nach nur 2 Folgen ncht trauen ,den n ur wer sich mir Science Fistion Serien aus kennt sollte das sollte man alle Folgen gesehen haben vevor man eine Serie bewertet, Und hier wird das nie gemacht, de kein Mensch würd e einen Film nach va 15 Minuten bewerten hier wird das auf der Seite zu oft gemacht,
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