Registrierung zur E-Mail-Benachrichtigung
Anmeldung zur kostenlosen Serienstart-Benachrichtigung für
- E-Mail-Adresse
- Für eine vollständige und rechtzeitige Benachrichtigung übernehmen wir keine Garantie.
- Fragen & Antworten
TV-Kritik/Review: "Painkiller": Der größte Drogendeal der Geschichte
(19.08.2023)
Die nordamerikanische Opioidkrise, der bis jetzt weit über 800.000 Menschen zum Opfer gefallen sind, ist noch nicht vorüber. Immerhin hat in den letzten Jahren ein Aufklärungsprozess eingesetzt, der über die Wege der Popkultur auch breitere Bevölkerungsschichten erreicht. Nach der bei uns auf Disney+ abrufbaren Miniserie
Glen Kryger (Taylor Kitsch) ist ein sympathischer Jedermann. Er führt eine kleine Autowerkstatt in North Carolina, lebt mit seiner Frau, einer kleinen Tochter und dem Stiefsohn zusammen und lebt das typische US-Provinzleben - hart arbeitend, aber irgendwie glücklich. Bis ein dummer Arbeitsunfall sein Dasein aus der Bahn wirft. Glen muss operiert werden, dann in die Reha, ganz der Alte wird er wohl nie mehr. Vor allem hat er starke Schmerzen, und die bislang verschriebenen Schmerzmittel reichen nicht aus. Da kommt sein Arzt mit einem neuen Medikament an: OxyContin. Das sei viel stärker und man müsse es nur alle zwölf Stunden nehmen. Bedenken? Die habe er nicht. Also nimmt Glen das Zeug fortan, und es hilft. Sehr sogar. Irgendwann möchte Glen es früher nehmen als erst nur nach zwölf Stunden, auch die Dosis lässt er sich schon bald erhöhen. Eines Tages wird er dann sehr nervös, als er seine Pillen mal nicht sofort findet. Steht schließlich sogar nachts auf, wirft hektisch Möbel um, wird jähzornig, panisch. Die Sucht tritt zutage, der Zusammenbruch seines bisherigen Lebens und auch des Lebens seiner Familie hat schon begonnen.
An der fiktiven Figur Glen Kryger spielt die sechsteilige Miniserie "Painkiller" exemplarisch das durch, was Hunderttausenden von Menschen seit den späten Neunzigerjahren widerfahren ist. Was sie alle nicht wussten: OxyContin macht hochgradig süchtig, das Opioid mit der anderthalbfachen Wirkung von Morphium ist "im Grunde nichts anderes als Heroin", wie es einmal heißt. Mit den Menschen passierte folglich das, was normalerweise mit allen passiert, die nach gefährlichen Substanzen süchtig sind: Entzugserscheinungen, Folgeerkrankungen, dazu der Anstieg von Beschaffungskriminalität und gestiegene Suizidraten. Bilanzieren kann man diesen desaströsen gesundheitlichen Notstand vor allem in den USA (mehr als 80 Prozent aller Opioid-Schmerzmittel werden dort verschrieben). Die Folgen sind längst nicht überwunden, während der Coronazeit haben sie sich eher noch verstärkt.
Die Aufarbeitung hat dagegen längst begonnen. Letztes Jahr etwa gewann der Kino-Dokumentarfilm
"Painkiller" erzählt denn auch keineswegs nur von Glen Krygers Schicksal. Allerdings ist der Handlungsstrang mit ihm der eindeutig beste, weil er sich zwar stereotyp, aber doch sehr ergreifend um die Auswirkungen dieser Katastrophe bemüht: im Kleinen, beim einzelnen Patienten und seinem Umfeld. Die anderen Plot-Linien, die sich ebenfalls über alle sechs Episoden ziehen und zwischen denen beständig hin- und hergeswitcht wird, können das nicht immer von sich behaupten - zumal sie denen aus "Dopesick" (der Emmy- und Golden-Globe-gekrönten Miniserie von 2021) teils durchaus ähneln. Wiederum geht es also neben denen, die süchtig werden, auch um diejenigen, die die Droge vertreiben helfen, um jene, die sie ohne Not verschreiben, um jene, die gegen die Verantwortlichen ermitteln und auch um die Familie Sackler selbst.
Gerade der Sackler-Plot wirkt in "Painkiller" befremdlich. Im Mittelpunkt steht der Arzt und Milliardär Richard Sackler, Chef der familieneigenen Pharmafirma Purdue, der OxyContin als kalkulierten Gewinnbringer entwickeln und auf den Markt bringen lässt. In "Dopesick" wurde Richard Sackler von Michael Stuhlbarg als düsterer Strippenzieher gespielt,
Peter Berg, Regisseur aller sechs Episoden und bekannt als Mastermind hinter
Der findet sich nämlich bei der (fiktiven) Anwältin Edie Flowers, kompetent und engagiert gespielt von Uzo Aduba (
Womöglich hätte einer der beiden von den Machern gewählten Zugänge der Serie am Ende mehr Ertrag gebracht. Im Vergleich zum düsteren "Dopesick" (von manchen als überambitioniert und inhaltlich überladen kritisiert) bietet "Painkiller" mehr Entertainment, bleibt aber zwischen den Stühlen hängen: Buntscheckige Karikatur trifft auf ernstes Engagement. Zu Letzterem gehören auch die Angehörigen von Opfern, die jede einzelne Folge mit einem Disclaimer einleiten, den sie frontal in die Kamera sprechen: Das Folgende sei zwar eine fiktionalisierte Bearbeitung des Geschehens, einige Dinge seien aber sehr real. Ihre toten Kinder beispielsweise. Das sind Wirkungstreffer, die jeder sich anschließenden Episode zunächst eine gewisse Wucht verleihen. Diesen Punch aber entwickelt diese tonal so unausgeglichene Serie ansonsten zu selten.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der kompletten Miniserie "Painkiller".
Die sechsteilige Miniserie "Painkiller" steht seit dem 10. August bei Netflix zum Abruf bereit.
Über den Autor
Leserkommentare
User 1790427 schrieb am 31.08.2023, 20.36 Uhr:
Opioide wieder besseres Wissens zu verharmlosen und dann mit optimierter Marketingstrategie unter die Leute zu bringen, hat vielen das Leben versaut.Gut dass es Serien wie Painkiller und Dopesick gibt, die diesen Mechanismus aufzeigen.Die bereits initiierte Krise wird gesteigert durch den Schmuggel von Fentanyl durch die organisierte Kriminalität.Da in den USA jedoch gerade Wahlen am Anlaufen sind, erfolgt von Trump-Anhängern gerne die pauschaliserte Schuldzuweisung in Richtung Flüchtlinge. Dieses Narrativ schützt nur die Kriminellen, weil es den Blick auf die eigentlichen Drahtzieher vernebelt.xena123 schrieb am 22.08.2023, 08.29 Uhr:
Ich weiß nicht ob hier unabsichtlich eine gepimpte Wahrheit erzählt wird, oder ob man aus politischen Gründen die Hälfte, wenn nicht sogar 90%, verschweigt.
Ja, es gab Ärzte, die das starke Schmerzmittel, dass man auch in Deutschland bekommt und das sehr vielen Menschen hilft, viel zu fahrlässig verschrieben haben und natürlich, wie bei allen Schmerzmitteln oder Medikamenten, die man als Drogen missbrauchen kann, gab es schwache Menschen, die das auch taten.
ABER: Die Opiodkrise in den USA auf Standardfeind Pharmaindustrie und das Oxycodon zu schieben, soll davon ablenken, dass es eigentlich um Fentanyl geht, welches das Oxycodon ersetzte, das im kommunistischen China und von mexikanischen Kartellen hergestellt und mit den Flüchtlingen über die Südgrenze in die USA gebracht wird.
Also nochmal, damit das klar ist: Für die Bekämpfung dieser Krise hilft es nicht, dass man Pharmafirmen, Apotheken oder Ärzte aus den 90ern verfolgt, sondern dass man die Grenze zu Mexiko abschotten MUSS, um Leben zu retten!
Da aber Wahlkampf in den USA ist und einige von "Build the wall" ablenken wollen, wird man eben nur die Hälfte der Wahrheit hören - wenn nicht eben gerade mal 10%...
Wer sich tatsächlich für die hundertausende Toten in den USA interessiert, sollte besser den Wikipedia-Artikel über die "Opioidkrise in den USA" lesen, als dem abgelutschten Narrativ zu glauben, man müsse nur den "abggrundtief bösen, schnurrbartzwirbelnden und hämisch lachenden reichen, weißen Pharmabossen" auf die Füße zu treten.
Meistgelesen
- "Beyond Paradise" erhält zügige Verlängerung für dritte Staffel
- "Law & Order: Organized Crime" erhält neues Zuhause
- CBS setzt "Navy CIS: Hawaii" nach drei Staffeln ab
- "Tracker": Justin Hartley findet Bruder in Jensen Ackles ("Supernatural")
- Update Umbau am ProSieben-Montag: "Quantum Leap" und "How I Met Your Father" betroffen
Neueste Meldungen
Specials
- "This Is Us"-Star Justin Hartley: Lohnt sich seine neue Serie "Tracker"?
- [UPDATE] Upfronts 2024: Welche Serien wurden bereits eingestellt oder verlängert, was steht auf der Kippe?
- Prosit, "Die Hugo Show"! Wie ein kleiner Troll die Fernsehwelt der 90er eroberte
- Moderatorin und Schauspielerin Yvette Dankou: "Bei 'Hugo' hatten wir total freie Hand"
- 40 Jahre RTL: "Mein RTL" mit dem "A-Team" und "Alles Nichts Oder?!"
- "X-Men '97": Die Mutanten sind wieder los
- "Kafka"-Miniserie von ARD und ORF ist vielschichtig und innovativ
Neue Trailer
- "Clipped": Ed O'Neill vs. Laurence Fishburne in Miniserie um Basketball-Skandal
- [UPDATE] "Mayor of Kingstown": Dritte Staffel erhält zügig Starttermin und ausführlichen Trailer
- [UPDATE] "The Big Cigar": Trailer und Termin für Miniserie mit André Holland ("Castle Rock") als Black-Panther-Anführer
- "Trying": Trailer kündigt vierte Staffel der britischen Comedy an
- Zum Start von "Dead Boy Detectives": Frischer Trailer stellt die Charaktere der Netflix-Serie vor