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Schon Alfred Hitchcocks Klassiker
Ähnlich wie in der erfolgreichen Agentenerzählung "Homeland", die Danes als bipolare CIA-Spionin zeigte, balanciert sie in ihrer neuen Rolle am Rande des Nervenzusammenbruchs, was mit einer manchmal auch anstrengenden Gesichtskirmes einhergeht. Einst wurde die von ihr verkörperte Aggie Wiggs als Schriftstellerin gefeiert, mit dem begehrten Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Inzwischen, zu Beginn der Handlung, ist die Autorin allerdings nur noch ein Schatten ihrer selbst. Nicht nur ihr äußeres Erscheinungsbild - blass, strähniges Haar - unterstreicht ihren angeknacksten Zustand. Auch ihr stark renovierungsbedürftiges Haus, dessen Wasserleitungen regelmäßig eine braune Suppe nach oben spülen, spiegelt ihre labile Verfassung wider.

Warum Aggies Leben derart aus dem Ruder gelaufen ist? Die Antwort auf diese Frage kriegen wir gleich mit den ersten Bildern, zumindest andeutungsweise, geliefert: Ihr kleiner Sohn kam vor einiger Zeit bei einem Autounfall ums Leben, in dessen Folge Aggies Ehe mit ihrer Ex-Frau Shelley (Natalie Morales) in die Brüche ging. Wiggs selbst saß am Steuer und hat, das erfahren wir ein wenig später, den mutmaßlichen Verursacher des tödlichen Crashs anschließend so sehr bedrängt, dass ihr ein Annäherungsverbot erteilt wurde. Ihr Dasein ist seit dem Trauma ein einziger Scherbenhaufen, weshalb sie auch kreativ nichts mehr zu Stande bringt. Das aktuelle Buchprojekt steckt in den Kinderschuhen - wenn überhaupt.
Ihr berufliches Interesse erwacht erst dann wieder, als sie ihren neuen Nachbarn Nile Jarvis (Rhys) etwas besser kennenlernt. Der berühmte Immobilienmogul hat sich aufs Land zurückgezogen, da er nach dem Verschwinden seiner bis heute nicht aufgefundenen Frau ins Visier der Ermittler geriet. Beging sie, wie er behauptet und wie eine Notiz zu belegen scheint, Selbstmord? Oder ist er tatsächlich für ihren Tod verantwortlich?
Matthew Rhys gibt diesen Mann lustvoll als großen Kotzbrocken, als spöttischen Unsympathen, in dessen Welt ein "Nein" nicht existiert. Nile drückt anderen aus purer Gewohnheit seinen Willen auf, versteift sich beispielsweise gleich nach seinem Einzug darauf, einen Joggingpfad durch den Wald anzulegen, für den er die Erlaubnis aller Anwohner benötigt. Dass Aggie ihm diese vorenthält, belustigt ihn und macht ihn neugierig. Bei einem ersten gemeinsamen Essen entfacht er schließlich ihre kreative Flamme. Warum schreibt sie nicht einfach über ihn? Er sei ohnehin viel interessanter als ihr eigentliches Thema. Was dieses zwischen Anspannung und spielerischem Abtasten schwankende Treffen nebenbei offenbart: Nicht immer hat der um Kontrolle bemühte Big Player seine Impulse im Griff. Als ihn zwei Frauen im Restaurant, ohne zu fragen, fotografieren, zerstört er kurzerhand ihr Handy. Ein Ausraster, der auf größere Abgründe schließen lässt?

Wiggs lässt sich davon jedenfalls nicht irritieren und macht Jarvis zum neuen Gegenstand ihrer Arbeit, was beinhaltet, tiefer in seine Familiengeschichte einzutauchen. Niles Vater Martin (Jonathan Banks) führen die Serienverantwortlichen rund um Schöpfer Gabe Rotter (
Ein eitler, arroganter Unternehmer, der mit Immobilien sein Geld verdient, der nur seiner eigenen Agenda verpflichtet ist und noch dazu ein ambivalentes Verhältnis zu seinem kompromisslosen Vater pflegt? Wohl nicht ganz zufällig weckt "The Beast in Me" Erinnerungen an jenen Mann, der aktuell zum zweiten Mal das Präsidentenamt in den Vereinigten Staaten innehat. Der Geist des Trumpschen Ich-nehme-mir-alles-koste-es-was-es-wolle schwingt zumindest immer wieder mit.
Eine Serie wie diese lebt freilich in erster Linie von zwei Fragen: Ist Nile wirklich ein Mörder? Und wenn ja, lässt sich Aggie von ihm um den Finger wickeln? Ihre Beziehung durchläuft verschiedene Phasen, wobei man sich wünschen würde, das gegenseitige Belauern würde noch stärker ausgereizt. Häufig hat die Autorin Probleme, in möglicherweise brenzligen Situationen gute Ausreden zu finden. Und erstaunlich oft lässt sie sich einlullen, obwohl Nile, Matthew Rhys sei Dank, eine beunruhigende Aura umweht. Sein Lächeln wirkt nie ganz echt. Und seine manchmal versteinerte Miene hat Gänsehautpotenzial. Was in das Kräftemessen der Protagonisten nicht ganz schlüssig eingefädelt wird: der Gedanke, dass die Schriftstellerin selbst über zerstörerische Züge verfügt. Schlummert vielleicht auch in ihr ein Monster? Genau diese Idee soll vor allem über Aggies Diskussionen mit ihrer Ex Shelley transportiert werden. Allerdings erzeugt "The Beast in Me" hier etwas künstlich Konflikt und Drama.

Nervenkitzel macht sich mehrfach breit - etwa bei einem Ausflug auf eine Baustelle in luftiger Höhe. Wiederholt kommt es aber ebenso vor, dass packend gedachte Szenen nicht maximal effektiv arrangiert sind. Wie im Fall eines Einbruchs in Jarvis' Villa. Ungünstig auch, dass die Serie einige Zeit mit Geplänkel verplempert und einige wichtigere Nebenfiguren unterentwickelt bleiben. Weder Niles neue Gattin Nina (Brittany Snow) noch der für ihn abgestellte Aufpasser (Tim Guinee), ein krimineller Halbbruder seines Vaters, erhalten ausreichend Profil, um richtig interessant zu sein. Letzterer ist witzigerweise zudem überraschend oft nicht im Bilde, was Jarvis Junior gerade so treibt. Einem Klischee auf zwei Beinen kommt überdies der FBI-Ermittler Brian Abbott nahe, der von David Lyons gespielt wird und in seiner Aufmachung einem betagteren Jason Segel ähnelt. Wie ein Besessener hat sich der Polizist in den Nile-Fall verbissen, der ihn natürlich auch um seine Beziehung brachte. Amüsant ist allemal Brians erste Begegnung mit Aggie. Sturzbetrunken klopft er in einer verregneten Nacht an ihre Tür, um sie vor dem frisch zugezogenen Nachbarn zu warnen.
Schon vor der Halbzeitmarke, also noch im Verlauf der vierten Folge, legt "The Beast in Me" die Karten offener auf den Tisch. Zu streng sollte man in puncto Glaubwürdigkeit mit einer Thriller-Geschichte wie dieser nicht sein. Ein paar Fragen drängen sich mit zunehmender Dauer aber sehr wohl auf: Dass Pressegeier über Nile kreisen, wie es einmal sinngemäß formuliert wird, davon ist wenig zu spüren. Auch dann nicht, als es an seinem neuen Wohnort zu einem weiteren mysteriösen Verschwinden kommt. Eine Entdeckung Aggies in einer späteren Folge legt den Schluss nahe, dass die Polizei ihre Ermittlungen geradezu dilettantisch durchführte. Etwas ins Wanken gerät die Plausibilität nicht zuletzt am Ende der sechsten Episode. Sollte die Serie die daraus entstehende Spannung hochhalten können, lässt sich die knirschende Wendung verkraften. Womöglich ist sie aber auch der Startschuss für einen Endspurt, der sich in irren Volten verliert.
Alle acht Folgen der Miniserie "The Beast in Me" sind ab dem 13. November auf Netflix verfügbar.
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