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TV-Kritik/Review: "Totenfrau": Netflix-Thriller mit Anna Maria Mühe setzt leider mehr auf Effekte als Logik

Romanadaption über eigensinnige Bestatterin enttäuscht erzählerisch
Am Boden zerstört: Blum (Anna Maria Mühe) nach dem Tod ihres geliebten Ehemanns
Netflix/Stephan Burchardt
TV-Kritik/Review: "Totenfrau": Netflix-Thriller mit Anna Maria Mühe setzt leider mehr auf Effekte als Logik/Netflix/Stephan Burchardt

Der Tod und die berufliche Beschäftigung mit demselben scheint eine anhaltende Faszination auf Serienmacher zu haben. Nach dem  "Der Tatortreiniger" und  "Das letzte Wort" mit Anke Engelke als Trauerrednerin folgt bei Netflix nun also eine Miniserie über eine Bestatterin. Die hat allerdings schon sehr schnell nicht mehr nur professionell mit Verstorbenen zu tun. Vielmehr könnte man über die Handlung sagen: Leichen pflastern ihren Weg.

Der Sechsteiler  "Totenfrau" ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans des Österreichers Bernhard Aichner. Und wie bei fast allen österreichischen Serien, die nicht in Wien spielen, dienen die Berglandschaften als Handlungsort, in diesem Fall die Tiroler Alpen. Koproduzent neben Netflix war der ORF, dort erlebte die Serie im November 2022 auch bereits ihre Fernsehpremiere.

Abgesehen von ihrem eher etwas abseitigen Beruf als Bestattungsunternehmerin führt Brünhilde Blum (Anna Maria Mühe), die von allen - einschließlich ihren Freunden - nur Blum genannt wird, ein Leben wie aus dem Bilderbuch: Gemeinsam mit ihrem geliebten Ehemann Mark Thaler (Maximilian Kraus) und den beiden Kindern Nela (Emilia Pieske) und Tim (Lilian Rosskopf als Tim Thaler, haha) wohnt sie in einem schönen Eigenheim an einer Bergstraße mit dem Alpenpanorama direkt hinterm Haus. Alles ändert sich schlagartig, als Mark eines Morgens mit dem Motorrad zu seiner Arbeit als Polizist fahren will. Während seine Frau noch verabschiedend vor dem Haus steht, wird sein Motorrad von einem Auto umgenietet, der Fahrer ergreift kurz darauf die Flucht. Mark erliegt seinen schweren Verletzungen und für Blum bricht ihre Welt zusammen.

Aber die junge Frau ist kein Mensch, der so einen Schicksalsschlag einfach hinnimmt und die Polizei ihre Arbeit tun lässt. So ermittelt sie schon bald auf eigene Faust und stößt dabei auf immer mehr Ungereimtheiten. Schnell kommt der Verdacht auf, dass Marks ehemalige Kollegen den Täter decken, dass ihr Gatte sterben musste, weil er zu viel wusste.

Grausame Folterspiele: Einige der örtlichen Honoratioren mit einem ihrer weiblichen Opfer
Grausame Folterspiele: Einige der örtlichen Honoratioren mit einem ihrer weiblichen Opfer Netflix

Denn Mark versuchte offenbar, einer jungen Ausländerin namens Dunja (Romina Küper) zu helfen, die zusammen mit anderen Frauen nach Österreich verschleppt und in der kleinen Gemeinde von mehreren Männern mit Tiermasken misshandelt wurde. Ein zwielichtiger Fotograf schien dabei eine Rolle zu spielen, aber vielleicht auch der Pfarrer Herbert Jaunig (Simon Schwarz) und andere honorige Persönlichkeiten der Kleinstadt bis hin zur "Schneekönigin" Johanna Schönborn (Michou Friesz), der Eigentümerin des Skilifts samt Hotels. Als Blum versucht, deren Sohn, dem Fotokünstler Edwin (Shenja Lacher) eine Falle zu stellen, geht das auf spektakuläre Weise schief und sie macht sich selbst schuldig. Nun gibt es kein Zurück mehr und Blum verstrickt sich immer mehr in Rache und Gewalt, jenseits aller moralischen Grenzen.

Die Miniserie beginnt durchaus spannend, obwohl man nach Serien wie  "Der Pass" und  "Euer Ehren" (das teilweise in der gleichen Gemeinde gedreht wurde) langsam das Gefühl hat, diese Art von Thrillerserien in alpiner Schneekulisse zur Genüge zu kennen. Aber die eigensinnige Blum ist als Figur interessant genug und wird von der erfahrenen Mühe so vielschichtig gespielt, dass man zunächst guter Hoffnung auf eine gelungene Geschichte ist. Denn schon schnell wird klar, dass das Leben der jungen Bestatterin schon vor dem plötzlichen Tod ihres Ehemanns nicht so heil war, wie es den Anschein hatte. Zum einen hat sie die etwas morbide Angewohnheit, ihre Gedanken mit den Toten zu teilen, die sie für ihre Bestattungen präparieren muss. Das wird filmisch schön schaurig-skurril umgesetzt, indem die Leichen zu sprechen anfangen und mit Blum in einen Dialog eintreten.

Blum nimmt Abschied von ihrem Gatten Mark (Maximilian Kraus).
Blum nimmt Abschied von ihrem Gatten Mark (Maximilian Kraus). Netflix

Zum anderen scheint sie aber auch selbst mehr als nur eine - nicht nur sprichwörtliche - Leiche im Keller zu haben, wie immer wieder eingestreute Rückblicke in ihre Vergangenheit zeigen. So sind sowohl ihre leiblichen als auch ihre Adoptiveltern früh gestorben und zumindest am Tod letzterer war Blum nicht ganz unbeteiligt. Sie schleppt also einige Traumata mit sich herum - das erklärt allerdings noch nicht, warum sie in der dritten Folge beginnt, völlig durchzudrehen. Selten hat man in einer Serie einen solch krassen charakterlichen Niedergang von einer Episode zur nächsten gesehen wie hier. Ohne spoilern zu wollen: Auf ihrem Kreuzzug für Wahrheit und Rache kennt Blum schon in Folge 3 keine Hemmungen mehr. Während Walter White in  "Breaking Bad" noch vier Staffeln brauchte, um vom anständigen Mr. Jedermann zum skrupellosen Drogen-Kingpin zu werden, reichen Blum knapp 30 Minuten Laufzeit. Glaubwürdigkeit sieht leider anders aus.

Hinzu kommt die Freude der Inszenierung (Regie bei allen Folgen führte Nicolai Rohde) an Splatter und Body Horror. Nicht nur, dass in Nahaufnahme gezeigt wird, wie Blum den Mund einer Verstorbenen zusammennäht, auch die Folterszenen an den jungen osteuropäischen Frauen wirken übertrieben deutlich. Nicht alles, was im Roman für Gänsehaut sorgt, müsste man so brutal filmisch umsetzen.

Stehen sie auf der gleichen Seite? Blum und Polizeichef Danzberger (Robert Palfrader).
Stehen sie auf der gleichen Seite? Blum und Polizeichef Danzberger (Robert Palfrader). Netflix

Aber auch sonst setzt die Adaption mehr auf vordergründige Effekte als auf innere Logik. Hinter den Gimmicks wie sprechenden Leichen und brennenden Menschen scheint eine ebenso konventionelle wie konstruierte Geschichte durch, die man so ähnlich auch schon ein Dutzend Mal gesehen hat: Natürlich mauschelt in der ach so idyllischen Landgemeinde jede mit jedem und alle Würdenträger haben Dreck am Stecken. Und statt einer psychisch labilen Kommissarin haben wir hier halt eine psychopathische Hinterbliebene als Ermittlerin in eigener Sache.

Während die teilweise bekannten österreichischen Nebendarsteller wie Robert Palfrader ( "Braunschlag") als Polizeichef und Simon Schwarz als Pfarrer hinter ihren - allerdings auch eher in Komödien gezeigten - Fähigkeiten zurückbleiben, hat Mühe durchaus das Zeug dazu, eine Serie als Hauptdarstellerin zu tragen. Spätestens während der dritten Folge stellt man sich aber die Frage, was sie bloß an dieser kolportagehaften Story gereizt hat. Nur weil eine Figur edgy und eine Handlung düster ist, muss das ja noch keine stimmige Erzählung ergeben. Wer also ein spannendes Kleinstadt-Thrillerdrama mit psychologischen Abgründen und glaubhafter Charakterentwicklung sucht, ist mit der ARD/ORF-Produktion "Euer Ehren" besser bedient.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei Episoden von "Totenfrau".

Meine Wertung: 3/5

Die sechsteilige Staffel von "Totenfrau" ist seit heute (5. Januar) bei Netflix in Deutschland verfügbar.


 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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Leserkommentare

  • Hazel-Ra schrieb am 11.05.2023, 15.14 Uhr:
    So etwas passiert, wenn man die Kritik mitten drinnen schreibt.
    Angeblich völlig unlogisch, daß die Hauptprotagonistin so schnell zur Mörderin wird. Kleiner Spoiler: Da hätte man vielleicht doch abwarten sollen, bis die Vergangenheit der Dame beleuchtet wird.
    Wirklich zu kritisieren ist allerdings die inflationäre Besetzung Deutscher Schauspieler für Rollen von Österreichern. Wirkt völlig unnatürlich. Die bemühen sich ja nicht einmal! (Ich fürchte das ist nicht den Schauspielern anzulasten - offenbar sollen die nicht wie Österreicher klingen).
    Dabei sind es nur Kleinigkeiten "´n" für ein und "´ne" für "eine" geht in Österreich gar nicht. Dies sprachliche Unsitte weglassen und es wäre ein Vielfaches an Authentizität gewonnen!
  • siebentöter schrieb via tvforen.de am 22.02.2023, 20.21 Uhr:
    Eine der besten Serien der letzten Jahre!
  • Sentinel2003 schrieb am 06.01.2023, 21.23 Uhr:
    Es gibt da eine deutsche Serie namens "Dead End", die auch mit dem Beruf des Gerichte Mediziners sich begibt! "Dead End" läuft in der ZDF Mediathek, darin spielen Antje Traue und der leider viel zu früh verstorbene Michael Gwisdek das Vater und Tochter Gespann , dass in einem brandenburgischen Kaff Leichen auf schneidet...:-)
    @User 1702448: Anna Maria Mühe hat übrigens seit einigen Jahren eine Krimi Serie im ZDF : "Solo für Weis", es lohnt sich echt, da mal rein zu gucken! :-9
  • Sentinel2003 schrieb am 06.01.2023, 19.51 Uhr:
    Es gab da auch schon eine andere Serie mit Toten als "Haupt Figur": "Dead End"!! Mit der wunderbaren Antje Traue und dem leider viel zu früh verrstorbenen Michael Gwisdeck als Vater und Tochter Gespann als Gerichts Mediziner in einem Brandenburger Kaff!! Irre geil, leider gab es da nur 1 einzige Staffel! Die serie gib es in der ZDF Mediathek zu sehen!
  • User 1702448 schrieb am 06.01.2023, 18.57 Uhr:
    Hab zuende gebingt und mich gut unterhalten gefühlt. Marcus Kirzynowski verrät nach meinem Geschmack zuviel vom Inhalt, bin froh den Text erst nach'm Gucken gelesen zu haben.
    AMM spielt wirklich toll und weil ich deutsche Serien selten sehe, ist auch das Panorama neu für mich.
    Die sprechenden Toten und die explizite Darstellung des Handwerks erinnern mich an Six Feet Under.
    Der wunderbare Peter Kurth wird erst zum Ende der Staffel in Szene gesetzt und sein Auftreten lässt auf weitere Staffeln hoffen, denn dieser Klasse-Schauspieler wäre für eine Nebenrolle zu schade. Er sagt, dass er Probleme löst ... es geht also gerade erst los. :-)
  • *Berni schrieb am 06.01.2023, 09.45 Uhr:
    Mir hat die Miniserie sehr gut gefallen. Vorallem die großartige Anna Maria Mühe! Muss Sentinel recht geben, man sollte nicht zu sehr in den Dialekt verfallen. Sogar ich als Ösi verstehe manches schwer, muss ja bald die Untertitel einschalten. Das kommt aber leider in vielen Produktionen vor, man schluddert und schnattert Sätze in heimischer Weise und die sind für unsere deutschen/schweizerischen Nachbarn fast nicht verständlich. Wobei ich den Dialekt z.B von Norddeutschland gut verstehen kann. Die Story der "Totenfrau" ist toll gestrickt. Musste immer schmunzeln, wie raffiniert die junge Dame desöfteren einen um die Ecke gebracht hat. Wenn die Leichen dann noch zu ihr sprachen, nahm dies der Story die Schärfe. Eine Mischung aus Krimi und und einem Schuss schwarzen Humor - Werk gelungen.
  • Beitrag entfernt
    Beitrag redaktionell entfernt.
  • Martina schrieb am 05.01.2023, 18.42 Uhr:
    Die Grundidee klingt ganz nach der französischen Serie "Balthazar", aber bevor ich mir das gestörte Alpenveilchen angucke, versuche ich mich eher an den fehlenden 3 Staffeln auf Französisch...