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TV-Kritik/Review: "Der Sommer, als ich schön wurde": Die Verlockungen der Fisher-Boys
(16.06.2022)
Kreischalarm! Die Zeiten sind hart genug, da braucht es steten Nachschub an Schmachtmaterial. Die erfolgreiche Young-Adult-Autorin Jenny Han, deren "To All The Boys"-Trilogie bereits in Form dreier Netflix-Filme (von
Cousins Beach ist kein realer Ort. Das sonnige Strandidyll mit den mondänen Villen in Ozeannähe erinnert vage an die Hamptons auf Long Island oder andere US-amerikanische Reichen-Rückzugsareale wie Cape Cod vor der Küste von Massachusetts. Gedreht wurde allerdings ein paar Hundert Meilen weiter südlich, an der Atlantikküste von North Carolina. Vielleicht verströmt der Hauptschauplatz dieser Serie auch deswegen fast so etwas wie einen dezenten Südstaatencharme: Das prachtvolle weiße Sommerhaus, die blonde Southern Belle, die es bewohnt, die Sonne, der Strand, die Debütantinnenbälle.
Die Zeit in Cousins Beach, im Strandhaus von Susannah Fisher (Rachel Blanchard,
So rauscht also Belly mit ihrem Bruder Steven (Sean Kaufman) und ihrer Mutter Laurel (Jackie Chung) anfangs, beschallt von Kim Petras' Empowerment-Pop, ein weiteres Mal dem ersehnten Sommerdomizil entgegen, doch wie Buch- und Serientitel bereits verraten und Belly bereits im Kinderzimmer ihrer besten Freundin diskutierte, wird diesmal alles anders sein als zuvor. Es ist der Sommer, in dem Belly erstmals über sekundäre Geschlechtsmerkmale verfügt und nicht mehr als kleines, bebrilltes, zahnspangentragendes Mädchen wahrgenommen wird, sondern als sichtlich "erblühender" (diese Vokabel gibt es tatsächlich zu hören) Teenager. Diese Veränderung betrifft vor allem die beiden adonishaften Söhne von Hausherrin Susannah: Conrad (Christopher Briney) und Jeremiah (Gavin Casalegno) sehen aus, als hätte ein antiker Bildhauer ihre Idealkörper zurechtgemeißelt, weshalb sie von den Produzenten der Serie offenbar auch dazu verpflichtet wurden, meist nur in Shorts durch die Gegend zu springen.
Jeremiah ist der Sonnyboy, ein ewiger Sonnenschein, der als Aushilfsbademeister im ortsansässigen Country Club die Damen bezirzt, Conrad in diesem Sommer unüblich verschlossen, fast James-Dean-mäßig in sich gekehrt, ein Kiffer, der seine vielversprechende Footballer-Karriere abgebrochen hat: In ihn ist Belly laut eigener Auskunft verliebt, seit sie zwölf ist, ohne dass dies jemals zur Sprache gekommen wäre. Doch in diesem Sommer ist es anders. Die seit Kindertagen eingeschliffenen Spaß- und Streich-Routinen zwischen den Jugendlichen zünden nicht mehr. Liegt es tatsächlich daran, dass Belly jetzt, da sie "schön" geworden ist, als Objekt wirklicher Liebe infrage kommen könnte?
Die Vorstellung wahrer Schönheit ist in Produktionen wie dieser hier selbstverständlich nur ohne Brille, Zahnspange und überschüssige Pfunde denkbar. In diesem Punkt verhalten sich die meisten Young-Adult-Serien und -Bücher ähnlich reaktionär wie Castingshows à la
Während sich am Horizont also das problembehaftete Liebesdreieck zwischen Belly, Conrad und Jeremiah aufstellt, werden die Beziehungen der Figuren nach und nach weiter ausgespinselt: Schriftstellerin Laurel lebt von Bellys Vater geschieden und hat darüber ein nicht besonders erfolgreiches Buch geschrieben, Vater John (Colin Ferguson aus
Erzählerisch geht es eingangs vor allem darum, ob Belly nun am Strand mit den anderen Teenagern feiern darf oder nicht, und ob der süße Cam, der gerade ein Praktikum als Meeresbiologe macht und täglich mit dem Boot rausfährt, für sie tatsächlich eine romantische Alternative zu Conrad darstellt, oder ob sie ihnen nur benutzt, um die Fisher-Brüder eifersüchtig zu machen. Im Autokino gucken sie
Während Laurel im bärtigen Bestsellerautor Cleveland (Alfredo Narciso) ein potenzielles Love Interest findet, meldet sich Belly, halb aus Trotz, tatsächlich beim lokalen Debütantinnenball an, bei dem pubertierende Mädchen "in die Gesellschaft eingeführt" werden sollen. Was so klingt, als sei man versehentlich zwei Jahrhunderte in die Vergangenheit gereist oder als habe man versehentlich
Mit einiger Selbstverständlichkeit reihen Autorin Jenny Han, die die Serienumsetzung höchstselbst verantwortet, und Regisseur Jesse Peretz (
In Kenntnis dieser Limitierungen kann man der Serie die Kompetenz, genau das vorzulegen, was von ihr erwartet wird, kaum absprechen. Die Zielgruppe, vor allem Fans der "To All The Boys"-Romane und der bereits 2009 bis 2011 erschienenen "Summer"-Trilogie, wird nach diesen sieben Episoden vermutlich kaum abwarten können, wie es mit den Fishers und Conklins in der nächsten Staffel weitergeht. Der Rest steht vermutlich leicht verwundert daneben.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "Der Sommer, als ich schön wurde".
Die siebenteilige Auftaktstaffel von "Der Sommer, als ich schön wurde" wird bei Prime Video in Deutschland am 17. Juni veröffentlicht.
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