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TV-Kritik/Review: "Angemessen Angry": Ist Hysteria die Heldin, die die Welt jetzt braucht?
von R.L. Bonin(24.11.2024)

Erst vergangene Woche schlugen die Statistiken des Bundeskriminalamts Wellen - Straftaten gegen Frauen nehmen zu, besonders im Bereich Hasskriminalität und Sexualvergehen. Mit
Ermordete Eltern, Flucht vor der Apokalypse oder ein schiefgegangenes Experiment: Superhelden und -heldinnen, wie sie aus Marvel oder DC bekannt sind, weisen häufig ein traumatisches Erlebnis als Auslöser für ihre Superkräfte aus. Doch Vergewaltigung gehört nicht dazu - zumindest bis jetzt.
In "Angemessen Angry" geht es um Amelie (Marie Bloching), die als Zimmermädchen in einem Berliner Hotel arbeitet. Als sie von einem fremden Gast vergewaltigt wird, entwickelt sie Superkräfte und kann fortan erkennen, sobald sie mit einem Sexualstraftäter zu tun hat - egal ob verurteilt, verdächtigt oder unentdeckt. Dabei belässt sie es jedoch nicht. Mit der Hilfe ihrer besten Freunde, Security-Angestellter Tristan (Bless Amada) und Escort Johanna (Shakiba Eftekhari-Fard), heckt sie einen Racheplan aus. Nur bedenkt sie dabei nicht, dass sie ihrem Vergewaltiger dabei über den Weg läuft. Wer sorgt dann für ihre Gerechtigkeit?
Bei dem bösen "V"-Wort schauen viele weg - zu ernst, zu dramatisch, aber vor allem zu real. Denn genau darin liegt das Paradox: Sexuelle Belästigung und/oder Übergriffe sind allgegenwärtig - und deshalb entflieht man ihnen lieber, als sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Eine Kompromisslösung bietet nun "Angemessen Angry" durch die Einordnung ins Superhelden- und Dramedy-Genre.
Wie das funktioniert, zeigt die Mini-Serie direkt zu Beginn der ersten Folge. Es ist ein absoluter Klassiker: Die Protagonistin steht mit dem Rücken zur Kamera auf einem Dach und blickt über die funkelnde Stadt in der Nacht. Dazu führt sie aus dem Off in das entsprechende Setting ein: Ein Superheld braucht einen einzigartigen Namen.
Und endet mit einer Kampfansage, die den bitter-zynischen Ton der Serie perfekt einfängt: Was wäre ein Held, wenn sein Trauma einfach zum Alltag gehören würde? Ein Niemand. Oder schlimmer: eine Frau.
Eine Aussage, die die fünfteilige Miniserie immer wieder verdeutlichen wird. Im ersten Teil des Piloten wird jedoch erstmal Amelies normaler Alltag gezeigt - von der unangenehmen Ansprache ihres Chefs, über den fragwürdigen Zimmer Service bis zur Pause in der Teeküche. Letztlich endet der Tag für Amelie jedoch nicht in einem geplanten Blind Date, sondern in einem sexuellen Übergriff. Dieser wird zwar nicht "on-cam" gezeigt, dafür zoomt die Kamera auf die explodierende Mikrowelle - als mögliche Ursache für Amelies übernatürliche Fähigkeiten (?). Doch bevor diese überhaupt zum Thema werden, steht Amelie auf, richtet sich her und geht nach Hause - als wäre nichts geschehen, der Übergriff genauso alltäglich wie mit ihren Freunden mittags herumzualbern. Womöglich ist dies der erschreckendste Moment der gesamten Serie.

Aber keine Sorge: Schock und Erschütterung halten nicht lange an. Auf Anraten Tristans, dem sich Amelie als Erstes anvertraut, geht sie zur Polizei. Zwei männliche Beamte sitzen ihr gegenüber. Einer davon versucht sie zu überzeugen, dass sie ihnen "vertrauen" könne - auf die wohl misstrauischste Art überhaupt, indem er sie ungefragt tätschelt. Das ruft jedoch eine Vision desselben Beamten hervor, wie er eine andere Frau abtastet und an intimen Stellen berührt. Damit setzt das Intro des aktuell wohl populärsten Rachesongs an, "Look What You Made Me Do", während über den Mann eine bedrohliche Rauchwolke umherwirbelt. Dass es ausgerechnet ein Polizist ist, der Amelie ihre Fähigkeiten entdecken lässt, kann als implizite Kritik an ein System gedeutet werden, das von Grund auf nicht darauf ausgelegt ist, Frauen, bzw. Opfern zu helfen. Für Amelie ist dies in diesem Moment jedoch nur ein Grund mehr, sich selbst darum zu kümmern.
So nimmt die Handlung ihren Lauf. Als Zimmermädchen hat Amelie natürlich die perfekte Deckung, um hinter verschlossenen (Hotel-)Türen für Gerechtigkeit zu sorgen. Aber Nase brechen
reicht Amelie nicht - die Selbstjustiz-Aktion muss Leben brechen
. Genau diese Einstellung macht Amelie zu einer typischen Superheldin: Eigentlich ist sie ihrem Gegenüber physisch überlegen, doch sie nutzt ihre Kräfte nicht für Gewalt, sondern für "das Gute" - nämlich, um zu verhindern, dass die Täter davonkommen oder gar erneut zuschlagen.
Hierfür benötigt die Berlinerin natürlich ein Alter Ego. Sie entscheidet sich für "Hysteria" - und wie vieles in "Angemessen Angry" ist auch der Name kein Zufall. Denn Hysterie wird typischerweise dem weiblichen Geschlecht zugeschrieben und ist spätestens seit Sigmund Freud ein stark sexualisiertes Konzept. Dass sich Amelie diesen von vorrangig Männern geprägten Begriff zu eigen macht, ist weitaus mächtiger als jede physische Kraft.

Trotz der Kürze der Episoden und somit der gesamten Staffel durchläuft Amelie eine beeindruckende Entwicklung - und das nicht nur als Superheldin Hysteria. Zum einen zeigt "Angemessen Angry", wie sie sich in einer Selbsthilfegruppe für Opfer sexualisierter Gewalt mit jedem Besuch weiter öffnet. Zum anderen wird Amelie mutiger und selbstsicherer - auch anderen Frauen gegenüber. Während sie in Folge eins nur ihren Freunden gegenüber wilde Sprüche klopft und Sarkasmus als Waffe nutzt, liefert sie sich im Finale einem Schlagabtausch mit der Hotelmanagerin, um deren internalisierte Misogynie zu offenbaren.
Klar, dass dadurch aber auch einige Details wegfallen (müssen). So sollten die Erwartungen beim Superheldinnenoutfit nicht allzu hoch sein - dafür ist bei einer zweiten Staffel noch Luft nach oben. Ebenso bei den Nebenfiguren: Tristan und Johanna werden über ihre Funktionen hinaus kaum thematisiert. So wirkt die obligatorische Krise zwischen Superheldin (Amelie) und Sidekick (Tristan) mehr erzwungen als organisch. Auch Escort Johanna erfüllt einzig und allein den Zweck, den Lockvogel zu spielen - dabei lernt man ihre Figur kaum kennen. Amelies Oma Ursel kommt wie eine ältere Version von Peter Parkers Tante May herüber, doch erfüllt nicht gänzlich die damit assoziierte Mentorinnenfigur - besonders nicht, als sich Amelie ihr anvertraut.

Auf der anderen Seite bricht die Serie hin und wieder mit der berühmten "Fourth Wall", was von der Stilistik und Abruptheit gerne mal an
In jedem Fall lohnt sich die Mini-Serie sicher nicht nur aufgrund ihrer Kurzweiligkeit. Temporeich, kreativ, pointiert und dank der hervorragenden Performances des Cast ist sie genau die "angemessene" Mischung aus unterhaltsam und emotional. Ein Must-See der deutschen Serienproduktionen 2024, das den Zeitgeist mehr als nur widerspiegelt - sondern herausfordert.
"Angemessen Angry" startet am 25. November auf RTL+. Die Serie umfasst fünf Folgen à ca. 25 Minuten. Regie führte Elsa van Damke, bekannt für Werke wie "OH SH*T!" (2020) oder "Lang lebe der Fischfriedhof" (2023). Zusammen mit Jana Forkel schrieb sie das Drehbuch - die beiden überzeugten mit dem Serienkonzept beim RTL+-Nachwuchswettbewerb "Storytellers" 2022.
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