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TV-Kritik/Review: Between
(08.06.2015)
Ausgedacht und aus allen möglichen Richtungen zusammengeklaubt hat sich das der Autor und Regisseur Michael McGowan, der bislang mit mittelinteressanten Filmen auffiel ("Saint Ralph" lief auch bei uns im Kino). Hier scheint die Ausgangsfrage gewesen zu sein: Wie beglaubige ich einen Cast, der möglichst frei ist von hässlichen Erwachsenen? Die Lösung: Ich lasse den Spielort, das fiktive kanadische Provinzkaff Pretty Lake, von einer Seuche heimsuchen, die die komplette Bevölkerung ab 22 Jahren dahinrafft. Übrig bleiben fotogene Kinder, Teens und junge Erwachsene, gespielt von mehr oder weniger bewährten Kräften aus dem MTV-, Nickelodeon- und Kika-Kosmos, die in "Between" Szenarien ausagieren müssen, die man sonst aus Stephen Kings Weltuntergangsvisionen wie
Lieber möchte McGowan vom Überlebenskampf und von der Selbstorganisation der zurückgelassenen Jugendlichen erzählen, das jedoch erledigt "Between" auf bedauernswert abgestandene Weise. Da gibt es eine Unterschichtsfamilie, die als White Trash dadurch charakterisiert ist, dass der eine Bruder "nur" als Klempner arbeitet, der andere, Ronnie (Kyle Mac), als Kleindealer, und die Schwester (Jordan Todosey,
Um den großspurigen Charles nicht völlig hartherzig wirken zu lassen, stellen die Autoren ihm eine gehandicapte Schwester zur Seite: Amanda hat das Down Syndrom, führt auch als Reporterin durch serienbegleitende Webisodes und muss in den ersten "Between"-Folgen als Mittelsperson papierner Drehbuchkonstruktionen den Intrigenstadl am Laufen halten: Ein von ihr versehentlich ausgelöster Brand findet letztlich nur statt, damit er Ronnie und seinen "Rednecks" in die Schuhe geschoben werden kann. Wenn dann noch Mark (Jack Murray), der eben aus dem Knast entflohene Jungsträfling, im Ort auftaucht, dürfte es weiteren Neuzugang im Sammelsurium der Sündenbock-Stereotypen geben. Als Stimme der Vernunft dient wiederum der redliche Farmersohn Gord (Ryan Allen), der, wie es das Drehbuch-Stichwort will, mal als Streitschlichter, mal als Hebamme zu Hilfe eilt. In der zweiten Episode positioniert sich noch Wesley Morgan ("Really Me - Der Star bin ich") als freundlicher Diner-Kellner im Zirkel der Klischeesympathen.
Dass hier von den eigentlichen Hauptdarstellern noch gar keine Rede war, ist so ungewöhnlich nicht: Zu wenig konnten sich einzelne Darsteller bislang als mögliche Identifikationsfiguren herausarbeiten. Wenn es so etwas wie ein darstellerisches Aushängeschild von "Between" geben soll, dann wäre dies wohl
Interessanter, relativ gesehen, ist Adam, mit heiserer Robert-De-Niro-Gedächtnis-Stimme gespielt von Jesse Carere (aus der US-Version von
Leider wird es dadurch nicht spannender. In den ersten Episoden quält sich der Plot nur mühsam voran. Einerseits wird die Situation der auf sich allein gestellten Kids beleuchtet (Wileys Schwester Melissa, gespielt von Brooke Palsson aus
Wenn es eine Kategorie gibt, in der "Between" das Niveau anderer Netflix-Produktionen hält, dann ist das die optische Seite der Inszenierung, die auch mit dem Gimmick eingeblendeter Text-Message-Dialoge der Protagonisten gefällt. Regisseur Jon Cassar (
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "Between".
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: Ken Woroner/Netflix
Über den Autor
Leserkommentare
User 1326573 schrieb am 26.01.2018, 20.25 Uhr:
So, ich habe mir jetzt extra einen Account erstellt, um die doch recht aggressive Kritik (falls man es noch so nennen darf) ein wenig zu ergänzen. Meiner Meinung nach kann nach zwei Folgen (zumindest bei dieser Serie) noch lang keine vernünftige Aussage über den Inhalt der Serie getroffen werden. Ich habe beide Staffeln und somit alle bisher ausgestrahlten Folgen gesehen und muss der oben kundgetanen "Meinung" hiermit widersprechen. Würde man nämlich weiter schauen, so könnte man feststellen, dass der Plot-Twist tatsächlich sehr niveauvoll verpackt wurde.
- Aufpassen, ab hier Spoiler-Alarm:
Tatsächlich gibt es für die mysteriösen Geschehnisse und die grausam verhängte Quarantäne eine (wie ich finde) sehr gut gemachte Erklärung, die jedoch erst gegen Mitte der zweiten Staffel eindeutig wird. Noch etwas, das an dieser Serie hervorragend gemacht ist... Man durchschaut eben nicht sofort die Handlung, sondern wird Schritt für Schritt und unter vielen Irrungen und Wirrungen an die Erklärung herangeführt - es bleibt spannend bis zum Schluss. Der Grund für die Krankheit und die Unmenschlichkeit der Regierung werden weiterhin mittels einer denkbar realistischen Situation erklärt - Regierung und kapitalistische Pharmakonzerne arbeiten zusammen, um das Heilmittel für einen künstlich freigesetzten Virus für viel Geld an die Bevölkerung zu verkaufen. Ob das Ganze tatsächlich funktionieren kann, wird an menschlichen Versuchspersonen getestet - die Bewohner von Pretty Lake. Ich würde sogar sagen, die Serie ist geradezu brillant, da Spannung und Gesellschaftskritik perfekt vermischt werden. Einerseits fiebert man mit den Bewohnern der Stadt mit - ständige Machtkämpfe der verschiedenen Gruppen, Hungersnot, Angriffe der Regierung und Familiendramen, anderseits fragt man sich ständig, wie Regierung und Pharmakonzern so viele Menschenleben opfern, nur um finanziellen Profit zu machen - und wird dadurch unangenehm an die Art von Grausamkeit erinnert, die der Mensch auch in der Realität betreibt - nur meist nicht mit Bewohnern im eigenen Land.
Kurz gesagt: eine fantastische Serie mit Herzschmerz, Spannung und einem unglaublich cleveren Plottwist, die zum Nachdenken anregt und eines der wichtigsten Probleme der Menschheit aufgreift. Nur zu empfehlen!
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