Originalpremiere: 1972
29.FSK 16
Nach dem Selbstmord seiner Frau sucht ein älterer Amerikaner in einem rein sexuellen Verhältnis zu einer jungen Französin seinen Schmerz zu betäuben und zum Leben zurückzufinden. Bernardo Bertoluccis "Der letzte Tango in Paris" geriet nach diversen Zensurmaßnahmen zum Skandalfilm, der Maria Schneider berühmt machte und Marlon Brando zu erneutem Starruhm verhalf. Die 20-jährige Jeanne (Maria Schneider) besichtigt eine Wohnung mitten in Paris. Doch in einem der leerstehenden Zimmer begegnet sie Paul (Marlon Brando), einem Amerikaner in mittleren Jahren. Unvermittelt haben sie Sex - der Beginn einer ungewöhnlichen Affäre. Paul bestimmt die Regeln, keine Namen, kein Wort vom jeweiligen Leben. Er versucht eine Welt zu erschaffen, in der die Wirklichkeit keinen Platz hat, und er gewinnt Jeanne, widerwillig fasziniert, in ihrer Naivität und Neugier. Grund für Pauls Verzweiflung und seine Flucht vor der Realität ist der Selbstmord seiner Frau. Ihr Verlust, aber auch das immer größere Entsetzen darüber, wie wenig er sie doch gekannt hat, gerade auch als er sich mit ihrem banalen Liebhaber unterhält, treiben seine Wut und Trauer und seinen Lebensekel auf die Spitze. Er trifft sich mit Jeanne in der spärlich möblierten Wohnung zu purem Sex, ohne Gefühl und Zärtlichkeit, wobei die Praktiken immer obskurer und erniedrigender werden und die Sprache immer obszöner. Die überwältigende Direktheit dieser Begegnung zieht Jeanne den blutleeren, übergriffigen Filmideen ihres Verlobten Tom (Jean-Pierre Léaud) vor. Doch als sich die Liaison mit Paul zu einer emotionsschweren Beziehung hin entwickelt, gerät das Leben der ungleichen Liebhaber aus den Fugen. Die Premiere von Bernardo Bertoluccis "Der letzte Tango in Paris" fand am 14. Oktober 1972 beim New Yorker Filmfestival statt und löste wegen der drastischen Sexszenen einen Skandal aus. In Italien wurden in der Folge alle Filmkopien beschlagnahmt, Marlon Brando, Maria Schneider und der Produzent Grimaldi erhielten je eine zweimonatige Haftstrafe und Bertolucci entzog man die bürgerlichen Rechte. Die Kritik spaltete sich in zwei Lager: Auf der einen Seite feierte man ein künstlerisch herausragendes, sensationelles Filmereignis, auf der anderen Seite war man geschockt und empört. Die schauspielerische Leistung von Marlon Brando erreichte in diesem Film einen neuen Höhepunkt. Das Talent zur Improvisation, wie er es bereits beim "Paten" unter Beweis stellen konnte, nutzte er auch hier. Regisseur Bernardo Bertolucci gestatte ihm, frei improvisierend wahre Begebenheiten aus seinem Leben einfließen zu lassen. Ihre freizügige Rolle in "Der letzte Tango in Paris" (1972) machte Maria Schneider weltberühmt. Doch der Film brachte ihr letztlich kein Glück, denn nun bekam sie lange Zeit nur ähnliche Rollen in weniger guten Produktionen angeboten. Ein Highlight stellte allerdings ihre Darstellung als das "Mädchen" in Antonionis Psychodrama "Beruf: Reporter" (1975) dar, in dem sie Jack Nicholson auf seinem Weg in den Tod begleitet. Die Tochter eines rumänischen Models und des Schauspielers Daniel Gélin kam nur schwer damit zurecht, dass man sie im Film wie im Privaten häufig nur als Sexgespielin einstufte, ihr zahlreiche Affären andichtete und letztlich sogar die Vaterschaft von Gélin anzweifelte. Mit 58 Jahren starb sie 2011 an den Folgen einer Krebserkrankung.
(ZDF)
siehe auch: Tango (USA, 2022)
