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TV-Kritik/Review: "Schlafende Hunde" gefährden großartigen Max Riemelt als obdachlosen Polizisten

von Stefan Genrich
(21.06.2023)
Netflix profitiert von Schauspielern in Miniserie nach israelischer Vorlage
Erst nach einiger Zeit wecken Jule Andergast (Luise von Finckh) und Mike Atlas (Max Riemelt) gemeinsam "Schlafende Hunde"
Anne Wilk / Netflix
TV-Kritik/Review: "Schlafende Hunde" gefährden großartigen Max Riemelt als obdachlosen Polizisten/Anne Wilk / Netflix

Wer  "Schlafende Hunde" weckt, gerät in Gefahr: Diese Lektion lernen der beurlaubte Polizist Mike Atlas (Max Riemelt) und die engagierte Staatsanwältin Jule Andergast (Luise von Finckh). Netflix verbreitet Spannung - in der deutschen Variante der israelischen Erfolgsserie  "Ikaron HaHachlafa", die weltweit unter dem Titel "The Exchange Principle" läuft. Nun ermitteln die Anfängerin Jule und der Obdachlose Mike heimlich in Berlin anstatt in Tel Aviv. Bei der Anpassung an deutsche Verhältnisse hat Drehbuchschreiber Christoph Darnstädt ( "Der Kroatien-Krimi") etwas übertrieben. Daher können sich Liebhaber von  "Tatort" und Regionalkrimis wohlfühlen. Die hervorragenden Darsteller überspielen Schwächen.

Mike Atlas verliert letzte Bleibe

Mussah Basher (Ali Tavakol) zerschneidet im Knast seine Pulsadern. Der Tod seines Bruders lässt Abou (Sohel Altan Gol) ausrasten: Er zündet den Wohnwagen von Mike Atlas an, der somit seine letzte Bleibe verliert. Vor Monaten verließ der Hauptkommissar seine Familie. Zuvor hatte ein Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt sein Selbstbewusstsein und sein Gedächtnis verletzt. In diesen Tagen hatte Oberstaatsanwältin Corinna Steck (Melika Foroutan,  "Die Kaiserin") ihr Trüffelschwein Mike gelobt, dass er Mussah als Mörder eines Richters überführt habe. Später grübelte der Polizist über das Mitglied des Basher-Clans, dass er einen unschuldigen Jungen als Verbrecher abgestempelt haben könnte. Ohne eine Erklärung flüchtete er aus dem Alltag und der gewohnten Umgebung.

Nach dem Terroranschlag beherrschen widersprüchliche Gefühle Luca Zaric (l., Carlo Ljubek) und seinen Kollegen Roland Sokowski (Antonio Wannek)
Nach dem Terroranschlag beherrschen widersprüchliche Gefühle Luca Zaric (l., Carlo Ljubek) und seinen Kollegen Roland Sokowski (Antonio Wannek) Frédéric Batier / Netflix

Oberstaatsanwältin bekämpft kriminelle Clans mit allen Mitteln

Nach Mussahs Selbstmord schnüffelt Jule Andergast in dem Fall, den ihre Chefin Corinna als abgeschlossen betrachtet. Die Mentorin bremst Jule. Die erfahrene Juristin kämpft gegen kriminelle Clans und rechtfertigt Willkür. Man könnte glauben, dass die Oberstaatsanwältin alle arabischen Männer verachtet. Nach einigen Verwicklungen ziehen Jule und Mike am selben Strang. Aber sie finden selten zusammen. Vielleicht hat Mussah nicht gelogen, als er ständig seine Unschuld beteuert hat. Bald wird klar, dass er ein romantisches Doppelleben geführt hat. In Mikes Kopf fliegen Gedankenfetzen zwischen dem Attentat sowie dem Mord hin und her. Eine Verbindung scheint zwischen den beiden Ereignissen zu existieren, die den einst erfolgreichen Ermittler traumatisiert haben. Polizei im Verbund mit der Justiz oder arabische Clans oder die Russen-Mafia: In welchem Lager stehen die Hinterleute?

Gefühle schießen quer

Tom Schlefski (Helgi Schmid,  "Public Affairs") vom Landeskriminalamt LKA hält wenig von diesem Verschwörungs-Käse. Allerdings hält er viel von der jungen Staatsanwältin Jule. Beziehungsstress stört ebenso Luka Zaric (Carlo Ljubek), der seinen ehemaligen Kollegen Mike nicht mit Lenni (Peri Baumeister,  "Neuland") betrügen will: Die Frau des Freundes sinkt immer wieder in die Arme von Luka. Da kann der starke Kerl kaum widerstehen. Bei aller Zuneigung verbirgt Trostspender Luka Geheimnisse vor Lenni. Ferner verfolgt er eigene Ziele - notfalls mit drastischen Maßnahmen. Verbittert beobachtet Mikes Tochter Tinka (Tara Africah Corrigan) das Treiben ihrer Mutter. Andererseits fehlt Mike beiden Familienmitgliedern. Die Eltern drehen fast durch, als Tinka in eine Falle von Joachim Jürgens (Bernd Hölscher,  "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo") läuft. Wie sollten sie ahnen, dass der zwielichtige Detektiv lediglich Kontakt mit Mike knüpfen will?

Polizist riecht die Hölle

Polizist Roland Sokowski (Antonio Wannek) versteht halbwegs, was in Mike vorgeht: So riecht für mich die Hölle, blickt der Kumpel mit dem Spitznamen "Socke" auf den Terroranschlag. Dennoch erledigt er seinen Job im Kriminaldauerdienst KDD. Er verehrt seine einzigen Bezugspersonen Luka und Mike. Die Belastungen in der Dienststelle haben Sockes Nervenkostüm beinahe durchgescheuert. Mike hofft, seine Vergangenheit aufräumen zu können. Ähnlich wie Jule und Tom will er herausfinden, wer das schmutzige Spiel bestimmt. Letztlich wird die Gewalt weitere Menschen treffen.

Ein weiterer Mord weckt das Interesse von Tom Schlefski (Helgi Schmid)
Ein weiterer Mord weckt das Interesse von Tom Schlefski (Helgi Schmid) Courtesy of Netflix

Max Riemelt und Luise von Finckh legen weite Wege zurück

Max Riemelt zeigt, wie seine Hauptfigur Mike Atlas zwischen den Stühlen sitzt. Ähnlich erging es seinem Geheimagenten Wolfgang Berns in  "Bonn - Alte Freunde, neue Feinde". Verwirrt und gehetzt überzeugte der Darsteller ein internationales Publikum - zwischen 2015 und 2018 in  "Sense8". Auch "Schlafende Hunde" belegt, dass Max Riemelt seinen Rollentypus weiterentwickelt. Luise von Finckh kehrt zu Gefühlen aus  "Sam - Ein Sachse" zurück. Wie ihre Antje vereint nun Jule Sensibilität und Trotz. Wie weit hat sich Luise von Finckh von mehr als 120 Folgen  "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" entfernt!

Deutsche Schauspieler erreichen hohes Niveau

Antonio Wannek steckt nach wie vor im knuffigen Image aus  "Pfarrer Braun". In "Schlafende Hunde" ergänzt er eine gegenteilige Komponente. Wie üblich fällt das markante Gesicht von Carlo Ljubek auf. In der Haut von Luka irritiert er stärker als zum Beispiel mit  "Safe" oder  "Die Stadt und die Macht" - prima! Die gesamte Besetzung belegt das hohe Niveau, das deutsche Schauspielerinnen und Schauspieler erreichen. International nutzen sie Chancen der Streaming-Dienste. Bei "Schlafende Hunde" bleibt das Team erstaunlich deutsch, obwohl Netflix eine Verwertung in anderen Ländern einkalkuliert. Manche Dialoge und Szenen schmecken nach ARD und ZDF. Autor Christoph Darnstädt hat wahrscheinlich auf seine "Tatort"-Episoden geschielt.

Tinka (Tara Africah Corrigan) verlangt Antworten von ihrem Vater Mike Atlas (Max Riemelt)
Tinka (Tara Africah Corrigan) verlangt Antworten von ihrem Vater Mike Atlas (Max Riemelt) Courtesy of Netflix

Israelisches Original ist nirgendwo in Deutschland zu sehen

Dennoch weisen Oded Davidoff ("The Beauty Queen of Jerusalem") und Noah Stollman ( "Fauda") in die Richtung ihrer Vorlage "The Exchange Project". Zusammen mit Christoph Darnstädt haben sie das Original  geschickt auf deutsche Verhältnisse angepasst. Ihre Dramaturgie folgt aktuellen Standards. Bemerkenswerte Übergänge zur nächsten Folge halten die Spannung. Trotzdem hätten die beiden Israelis zusätzlich die Regie übernehmen können. Ach, bloß nicht spekulieren: "The Exchange Project" ist nirgendwo in Deutschland zu sehen. Daher entfällt ein ehrlicher Vergleich. Indes haben Stephan Lacant ( "Der Überfall") und Francis Meletzky ( "Stromberg") stimmungsvoll inszeniert.

Miniserie lädt zum Binge Watching

Das Ergebnis könnte weiter aus der Masse herausragen. Immerhin bewältigte  "Homeland" die Aufgabe, die israelische Vorlage  "Hatufim - In der Hand des Feindes" in eine faszinierende Welt aus Verdacht und Verrat zu verwandeln. Erzählungen aus dem kleinen Fernseh-Land Israel setzen erstaunliche Maßstäbe. Also Netflix: Her mit "The Exchange Project", um gerechtfertigt über die Adaption zu motzen. Aber wie solche Kritik ausfallen würde: "Schlafende Hunde" verdienen Respekt. Das Produktionsteam bietet eine unterhaltsame Miniserie. Die Schauspieler beeindrucken mit ihren Leistungen. Etliche Ideen mögen aus anderen Quellen stammen und bekannt sein. Fernsehschaffende können eben nicht täglich das Rad neu erfinden. Weiterhin liegt der Verdacht nahe, dass selbst jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer die heimischen Klischees mögen - solange sie nicht die Bildschirme überschwemmen. "Schlafende Hunde" laden zum Binge Watching über beinahe sechs Stunden. Kleine Mängel sind zu verschmerzen.

Dieser Text beruht auf der Sichtung der sechsteiligen Serie "Schlafende Hunde".

Meine Wertung: 3.5/5

Ab dem 22. Juni stellt Netflix alle Episoden von "Schlafende Hunde" zum Streaming bereit.


 

Über den Autor

Seit 2016 hat Stefan Genrich Websites entwickelt und an einer Hochschule unterrichtet. Vor einer siebenjährigen Pause bei TV Wunschliste würdigte er das weihnachtliche TV-Programm im United Kingdom: Sein Herz schlägt für britisches Fernsehen. Daher verfolgt er jeden Cliffhanger von „Doctor Who“. Der Journalist kritisiert nebenberuflich Serien. Ihn ärgern Mängel bei ARD und ZDF – oder er genießt „Tagesthemen“ sowie „Nord bei Nordwest“. Frühe Begegnungen mit „Disco“ und „Raumschiff Enterprise“ haben Spuren hinterlassen. Später scheiterte Stefan beim Versuch, die Frisur von „MacGyver“ zu kopieren. Wegen „Star Trek: Strange New Worlds“ und „1923“ mag er Paramount+.

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