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TV-Kritik/Review: "NOS4A2": Gruselserie um Weihnachtsvampir und seine Limousine verfranzt sich
(20.06.2019)
Nosferatu ist einer der berühmtesten Vampire der Filmgeschichte. Zur Ikone wurde er durch Friedrich Wilhelm Murnaus Stummfilmklassiker aus dem Jahr 1922, in der Darstellung des gespenstisch dürren Glatzkopfs Max Schreck. Seither geistert der Blutsauger, meist unter seinem weit bekannteren Namen Dracula, immer mal wieder durch die Popkultur, meist attraktiven Jungfrauen den Lebenssaft aus den Adern schlürfend. In dieser neuen AMC-Serie, entwickelt von der Produzentin Jami O'Brien (
Diese vampireske Form von Jugend-Transplantation hat sich Joe Hill ausgedacht - in seinem 720-Seiten-Roman "NOS4A2", der in Deutschland unter dem Namen "Christmasland" erschienen ist. Hill ist der Sohn von Stephen King, aber längst als Autor eigenen Formats anerkannt. Nennenswerte Verfilmungen seines Werks sind noch Mangelware - sieht man von Alexandre Ajas mäßiger Kino-Adaption
Tatsächlich beginnt die Pilotepisode mit einem dieser Manx'schen Raubzüge. Der kleine Daniel Moore, Sohn einer alleinerziehenden Mutter, die sich gerade mit einer neuen Bekanntschaft im Bett vergnügt, wird von Manx (in greiser Gestalt), dem selbsternannten "President of Fun", mit dem Versprechen aufs Christmasland in seinen Rolls Royce gelockt. In diesen ersten Minuten steckt vieles von dem, was als Standards aus dem Horror-Repertoire bekannt ist: ein Fernseher, auf dem plötzlich nur noch weißes Rauschen zu sehen ist (
Allerdings nimmt nimmt dieser Teil des Plots in den ersten Episoden ohnehin nicht allzu viel Raum ein. Über weite Strecken präsentiert sich "NOS4A2" dagegen als Coming-of-Age-Drama vor Kleinstadt-Hintergrund, gefilmt mit Handheld-Kameras und in ausgewaschenen Farben, ganz so, als wär's ein Independent-Film aus dem Programm des Sundance-Festivals. Oft vergisst man, dass diese Handlungsstränge und jener um den Jugenddieb Manx in ein und derselben Serie stattfinden, so unterschiedlich wirken sie in Tonfall und Gestaltung.
Im Zentrum steht dabei die 18-jährige Vic McQueen, sympathisch und zugänglich gespielt von der Australierin Ashleigh Cummings (
Das ist im Prinzip so klischeehaft, dass man abschalten möchte, doch den Darstellern und Regisseurin Kari Skogland gelingt es mit einigen nuancierten Zwischentönen, doch so etwas wie ein glaubwürdiges Alltagsdrama daraus zu zeichnen. Wie Vic von der reichen Mutter ihrer Freundin und von neureichen Schülern aus einer "besseren" Highschool mal konfrontativ, mal subtil als unterprivilegiert ausgegrenzt wird; wie sowohl Moss-Bachrach als auch Kull in den Elternparts die Verletzungen eines Lebens durchscheinen lassen, das an unerfüllten Träumen gescheitert ist - oder am mangelnden Mut, überhaupt etwas zu träumen; wie Vic selbst erst an der Schwelle in ein besseres Leben steht, ihr eigenes Schicksal aber schon in jenem des kleinen Nachbarsmädchens (Darby Camp aus
Mit solchen Szenen hätte "NOS4A2" - bei aller soziologischen Grobbetrachtung - durchaus das Potenzial für eine Story über den Ausbruch einer jungen Kreativen aus proletarischen Verhältnissen. Doch in der Serie geht es - wie gesagt: fast vergäße man es - eben dann doch um andere Dinge, um Fantasy, Grusel, Paranormalität. So rast Vic also immer, wenn es zu Hause unerträglich wird, mit ihrem Offroad-Motorrad durch den Wald, wo sie bald auch schon eine geheimnisvolle, überdachte Holzbrücke findet, die offiziell schon vor vielen Jahren abgerissen wurde und nur von ihr selbst überquert werden kann. Am anderen Ende der Brücke findet sie stets Dinge wieder, die vermisst wurden: die Kreditkarte der Mutter, die Armbanduhr des Vaters. Eines Tages landet sie nach einer dieser Überquerungen (die ihr auch körperlich schwer zusetzen) im fernen Iowa, wo die punkige Bibliothekarin Maggie (Jahkara J. Smith) schon auf sie zu warten scheint. Maggie ist ein Medium, das mit magischen Scrabble-Steinen dem Verbrechen auf der Spur ist und aktuell dem Sheriff (Chris McKinney aus
Leider kann man nicht behaupten, dass sich diese beiden Spiel-, Orts- und Stilebenen organisch ineinanderfügen. Eher scheint es so, als prallten da zwei völlig unterschiedliche Serien gewaltsam aufeinander. Weil diverse weitere Seitenstränge noch hinzukommen - um zwei Jungs, die um Vic buhlen, oder um den schwergewichtigen Hausmeister der Highschool (Ólafur Darri Ólafsson aus
Vom eigentlichen Zentrum des Hill-Romans, den magischen Kräften, die Vic (wie Maggie) hat und die sie mit Manx kommunizieren sowie ihm auf die Fährte kommen lassen, ist nach den ersten zwei Folgen jedenfalls noch gar nicht die Rede und nur in Spurenelementen etwas zu sehen. Die zehn Episoden der Staffel decken, so ließ AMC verlautbaren, nur einen Teil des Buches ab, vermutlich, um Raum für mögliche weitere Staffeln zu lassen. Sofern O'Brien und ihr Team die Synthese des Gruselstoffs mit dem Rest der Serie allerdings nicht überzeugend in den Griff bekommt, dürfte auf weitere Folgen allerdings nicht gerade sehnsüchtig gewartet werden.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "NOS4A2".
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: AMC
Die zehnteilige Auftaktstaffel von "NOS4A2" ist seit Anfang Juni 2019 im Programm des deutschen Streaming-Dienstes Prime Video verfügbar.
Über den Autor
Leserkommentare
Horatio schrieb am 07.10.2019, 17.33 Uhr:
Ich kann nicht verstehen warum man den Stoff um einen Vampir, der sich von den Seelen von Kindern nährt, überhaupt verfilmen muss – ich habe den Roman angefangen und habe ihn nach den ersten 50 Seiten nur noch quergelesen, weil strunzlangweilig.Die Serie werde zum Buch werde ich mir aus Desinteresse an diesem Vampirstoff nicht antun.Rainer_Stache schrieb am 14.07.2019, 10.38 Uhr:
Eine sehr schöne Analyse - bis auf den Schluss, d.h. der Wertung. Denn zumindest mir und anderen in meiner Umgebung scheint gerade die Verschmelzung von Coming of age und (zum Glück subtilem) Horror sehr gelungen. Dies entfaltet sich natürlich auch erst in den späteren Folgen richtig, was der Rezensent nicht wissen konnte (aber vielleicht hätte ahnen können). Die üblichen Horror-Klischees werden ästhetisch überhöht und damit erträglich bzw. sogar interessant. Der soziale Hintergrund gibt dem ausgelutschten Genre erst Tiefe und ermöglicht geniale Szenen, wie die Dialoge Vics mit dem Psychologen in der Klapsmühle. So bietet der phantastische Hintergrund auch mal im Horror den klareren Blick auf die Realität, den normalerweise nur die Science Fiction möglich macht. Interessant übrigens, dass die Serie von den meisten "Fachleuten" im Netz verrissen wird, wohl eben weil sie sich so innovativ vom Horror-Klischee löst. Fehlende Flexibilität wohin man schaut.Vritra schrieb am 20.06.2019, 18.28 Uhr:
Den Michael Jackson Kommentar empfinde ich übrigens als extrem daneben. Das ist dem reißerischen Geschreibsel eines Boulevard-Schmierfinken würdig, nicht aber einer sachlichen Kritik!Vritra schrieb am 20.06.2019, 18.18 Uhr:
Es heißt immer noch sich verfransen. Franz hat damit nichts zu tun.
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