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TV-Kritik/Review: "Mayfair Witches": Die Chirurgin, die plötzlich Hexe ist

Der zweite Serieneintrag ins geplante Anne-Rice-Universum startet eigenartig disparat
Verwirrt in New Orleans: Dr. Rowan Fielding (Alexandra Daddario) erfährt Neues über ihre Identität.
AMC
TV-Kritik/Review: "Mayfair Witches": Die Chirurgin, die plötzlich Hexe ist/AMC

Erst drei Monate sind vergangen seit dem Start der sehr positiv aufgenommen Blutsauger-Serie  "Interview with the Vampire", schon macht sich Kabelsender AMC daran, das von ihm geplante Immortal Universe rund um die Figuren aus den Romanen von Anne Rice auszubauen. Diesmal ist die Mayfair-Hexensaga aus den frühen Neunzigerjahren dran, drei Bücher, die weitaus weniger bekannt sind als Rices "Chronik der Vampire". Die ersten beiden Folgen sind inzwischen gelaufen - richtig überzeugen können sie nicht.

In  "Mayfair Witches" wird wieder einmal eine Protagonistin schlagartig aus ihrem bekannten Alltag gerissen: Dr. Rowan Fielding (Alexandra Daddario), Anfang dreißig, ist eine genialische Neurochirurgin in San Francisco, ihr nicht ganz solider Lebenswandel wird dadurch gekennzeichnet, dass sie auf einem im Hafen vertäuten Boot lebt, viel Alkohol trinkt und abends in Bars Männer abschleppt, die sie noch vor dem Frühstück wieder rauswirft. Eines Tages eröffnet ihr ihre Adoptivmutter Elena (Erica Gimpel,  "Fame"), dass sie erneut an Krebs erkrankt ist. Der emotionale Stress, der Rowan fortan im Griff hat, führt dazu, dass sie Menschen, über die sie sich ärgert, plötzlich Unheil zufügen kann: Der Oberarzt kippt aus den Latschen, eine Therapeutin blutet aus der Nase, und ein eitler Start-Up-Typ, der ihre Mutter nur im Tausch gegen Rowans sexuelle Gefälligkeiten in eine möglicherweise rettende klinische Studie aufnehmen möchte, fällt sogar tot um. Was sind das für dunkle Fähigkeiten, über die Rowan da plötzlich verfügt? Sind die neu, oder steckte das schon immer in ihr?

Erste Recherchen zeigen, dass Elena die biologischen Eltern ihrer Adoptivtochter wohl gezielt verschleierte. Dann kreuzt ein mysteriöser Mann namens Ciprien Grieve (Tongayi Chirisa aus  "iZombie") auf, der behauptet, Hintergründe zu kennen. Rowan landet in New Orleans und schon bald im Dunstkreis der steinreichen Familie Mayfair - die mit ihr zu tun zu haben scheint. Als die Chirurgin schließlich ihrer tatsächlichen Mutter Deirdre (Annabeth Gish,  "Pizza, Pizza") gegenübersteht, steckt sie mittendrin in Geschehnissen, aus denen es kein Zurück mehr gibt. Man darf's verraten, weil es schon auf dem Klappentext der Bücher steht: Rowan ist die 13. Mayfair-Hexe und damit die Erbin des gesamten Familienvermögens.

Die ersten beiden Episoden konzentrieren sich vor allem auf den Weg Rowans hin zu diesem neuen Leben und damit auch auf den Weg von San Francisco nach New Orleans, hin vom Städtisch-Liberalen ins Mysteriös-Spirituelle der Südstaatenmetropole, die genauso schwül und schwitzig inszeniert wird, wie man sich das vorstellt. Nach und nach und sehr akribisch wird die ausufernde Mythologie der Romantrilogie in die Erzählung integriert. Wir lernen mit Rowans Mutter Deirdre, die in einem drogeninduzierten Koma vegetiert, und mit Carlotta (Beth Grant), ihrer hartherzigen Tante, die in New Orleans als Society-Matriarchin posiert, die ersten zwei Mayfair-Hexen kennen. Weitere werden sicher noch folgen.

Stalker oder Detektiv? Talamaska-Agent Ciprien Grieve (Tongayi Chirisa) macht sich Rowan auf die Fersen.
Stalker oder Detektiv? Talamaska-Agent Ciprien Grieve (Tongayi Chirisa) macht sich Rowan auf die Fersen. AMC

 "L.A. Law"-Star Harry Hamlin, heute 71, hat als Lebemann-Onkel Cortland, der sich auf Partys von servilen jungen Männern die Zehen massieren lässt, ein, zwei amüsant-joviale Auftritte pro Folge. Und dann ist da noch besagter Ciprien Grieve, der als "Empath", so etwas wie ein hellseherisch veranlagter Detektiv, im Auftrag der auf übersinnliche Phänomene spezialisierten Geheimagentur Talamasca versucht, Rowan vor dem Schlimmsten zu bewahren. Und dieses Schlimme, das ist, wie Buchleser*innen es wissen, das Wesen "Lasher", möglicherweise ein Dämon, auf jeden Fall eine gestaltwandlerische Entität, die meist als verführerischer Mann auftritt, hier mit raunendem Sprechduktus gespielt von Jack Huston aus der  "Ben Hur"-Neuauflage. Für eine unterhaltsame Mixtur aus Grusel-Dramolett, Familien-Soap und Soft-Erotik wäre damit eigentlich ausreichend Boden bereitet - warum aber kommen diese "Mayfair Witches" trotzdem so schwerfällig in Gang? Wieso wirken die ersten beiden Folgen trotz der tadellosen Inszenierung von  "Mad Men"-Routinier Michael Uppendahl und des erstklassigen Produktionsdesigns so zäh?

Es passt so Einiges nicht zusammen. Das beginnt schon mit der Besetzung der Protagonistin. Nichts gegen Alexandra Daddario, die vorletztes Jahr in der ersten Staffel von  "The White Lotus" endlich mal wieder zeigen konnte, was sie kann, nachdem sie sich davor allzu lang in filmischem Murks wie  "Baywatch" oder  "Texas Chainsaw 3D" hatte verheizen lassen; und wenn es darum geht, die Traumata sichtbar zu machen, die Rowan in den ersten Folgen gleich zwei persönliche Tragödien verschaffen, ist ihr unbestrittenes Talent klar ersichtlich. Eine Top-Ärztin mit Alkoholproblem und Bindungsangst nimmt man ihr dennoch nicht so richtig ab, als weibliche Version von Dr. House wirkt Daddario eingangs ziemlich deplatziert. (An  "Dr. House" erinnern kurioserweise auch die Kamerafahrten durch Blutgefäße und Organe, die eingespielt werden, bevor Rowan ihre "Opfer" umkippen lässt.) Ähnlich holprig wird es, wenn Lasher als unwiderstehlicher Sex-Dämon ins Spiel gebracht wird. Jack Huston steht dann mit lüsternem Blick im Halbdunkel herum und bittet zum Geschlechtsverkehr - wie ein Verschnitt aus Vorstadtdisco-Strizzi und Jack Nicholson in  "Die Hexen von Eastwick". Ein früher Tiefpunkt ist die Sexszene mit Lasher und der aus dem Koma erwachten Deirdre, die parallel von der im Flugzeug gerade nach Louisiana reisenden Rowan über den Wolken lustvoll mitempfunden wird: Familienerbe als Mitstöhn-Doppel.

Ein raunender Verführer: Edel-Dämon Lasher (Jack Huston) bezirzt die junge Deirdre (Cameron Jane Inman).
Ein raunender Verführer: Edel-Dämon Lasher (Jack Huston) bezirzt die junge Deirdre (Cameron Jane Inman). AMC

Die beiden Autorinnen der Serie, Michelle Ashford ( "Masters of Sex") und Esta Spalding ( "Eine Handvoll Worte"), haben die erste Staffel offenbar überwiegend auf "The Witching Hour" (deutsch: "Hexenstunde") aufgebaut, dem ersten Band der "Lives of the Mayfair Witches"-Reihe von Rice, dabei aber einschneidende Änderungen vorgenommen. Die neben Lasher wichtigsten männlichen Romanfiguren Michael Curry und Aaron Lightner wurden komplett gestrichen, Talamasca-Agent Ciprien Grieve (den es in den Romanen nicht gibt) wurde dagegen als eine Art Mischung dieser beiden Charaktere angelegt - und auch als klares Love Interest von Rowan. Ein erkennbarer Mehrwert ist daran bislang allerdings noch nicht abzulesen. Inwieweit sich die Serie tatsächlich noch an die abstrusesten Kapitel des Romans heranwagen wird - die beispielsweise ins Innere von Rowans Gebärmutter führen -, wird sich noch zeigen. Bislang macht die Behandlung der, sagen wir mal, erotisch-dämonischen Ebene des Plots in Stil und Tonfall keinen allzu sattelfesten Eindruck. Die Morphing-Montage, in der Lasher sich Deirdre in allen möglichen und unmöglichen Versionen präsentiert, wirkt jedenfalls eher lächerlich als aufregend.

Interessanter ist der Versuch, die Geschichte der Mayfair-Hexen, die keine klassischen Hexen sind, sondern im weitesten Sinne Frauen mit magischen Fähigkeiten, im größeren Rahmen aufzublättern. So werden nach und nach Szenen aus der Vergangenheit in die Erzählung eingeflochten - zunächst Deirdre, die als Teenager Anfang der Neunzigerjahre gezwungen wird, ihr Baby (Rowan) abzugeben. Dann geht es ins 17. Jahrhundert zurück und hinüber ins ländliche Schottland, wo die allererste Mayfair-Hexe Suzanne (Hannah Alline aus  "Doom Patrol") in den Blick gerät. Diese Szenen wirken wiederum nach in der erzählten Jetztzeit, wo Deirdre von einem Arzt aus dem Neuroleptika-Dämmer hervorgeholt wird, in den Tante Carlotta sie offenbar jahrzehntelang vorsätzlich versetzt hatte. Diese Sequenzen sind die stärksten der ersten beiden Episoden, doch mit dem schwül-schwülstigen Zinnober um die Verführungskraft von Lasher passen sie kaum zusammen.

Hier seriös, auf Partys dagegen mit echten Schlangen behängt: Mayfair-Onkel Cortland (Harry Hamlin).
Hier seriös, auf Partys dagegen mit echten Schlangen behängt: Mayfair-Onkel Cortland (Harry Hamlin). AMC

Die Idee des Immortal Universe ist so abwegig übrigens nicht: Rice ließ die Figuren ihrer Buchreihen gerne in den jeweils anderen auftauchen, und auch die Geheimagentur Talamasca zieht sich quer durch die Romane (im Film tauchte sie 2002 in  "Die Königin der Verdammten" erstmals auf). Die Vorstellung, dass Rices Erzählungen alle in derselben Welt, im selben narrativen Universum stattfinden, stellt sich beim Lesen also durchaus ein. Damit ein vergleichbares Gefühl allerdings in verschiedenen Serien bzw. Filmen aufkommen kann, wäre so etwas wie eine zupackende künstlerische Aufsicht nötig, die sicherstellt, dass nicht nur die Details in sich kongruent sind, sondern auch, dass die individuellen Teile auf einem zumindest ähnlichen Qualitätslevel stattfinden.

"Mayfair Witches" ist nun aber erst der zweite Eintrag in diesem "Universum der Unsterblichen", das AMC vor zwei Jahren auf den Weg brachte, noch unter Aufsicht der inzwischen verstorbenen Anne Rice und produziert von ihrem Sohn Christopher Rice. Doch das Gefälle zur Vorgängerserie ist schon jetzt beträchtlich: "Interview with the Vampire" hatte sich ebenfalls große Freiheiten bei der Adaption der Romanvorlage herausgenommen, mit geschickten Schwerpunktverlagerungen, passender Besetzung und einer klug ausgewogenen Mischung aus Zeitbild, Schwulst, Glamour, Sex und Gore tatsächlich Neues zu sagen gehabt. Bei "Mayfair Witches" hingegen, das sich zudem nicht an einer bereits bestehenden Verfilmung messen lassen muss, hat man dieses Gefühl bis jetzt noch nicht: Es fehlt an Spannung, Witz und Charme. Sechs von acht Episoden stehen aber noch aus, die diesen Ersteindruck korrigieren könnten.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten zwei Folgen von "Mayfair Witches".

Meine Wertung: 2.5/5

"Mayfair Witches" wird seit dem 5. Januar 2023 im wöchentlichen Rhythmus auf dem US-Streamingdienst AMC+ veröffentlicht. Eine deutsche Heimat für die Serie ist noch nicht bekannt.


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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Leserkommentare

  • bogus schrieb am 03.04.2023, 21.23 Uhr:
    Die 1. Folge fand ich noch halbwegs interessant. 
    Achtung Spoiler:
    Als dann aber, am Abend Motorräder um sie herumfuhren, es ebenso, scheinbar, eine "kleine" Strandparty gab, sie schlafend/bewusstlos davor lag und irgendwann mir nichts, dir nichts einfach davon schlenderte, OHNE dass vorher vielleicht irgendwer mal auf den Gedanken kam sich um sie zu kümmern, war für mich der Ofen aus. 
    Wenn ich mich dabei erwische, dass ich eine Serie nur noch vorspule, kann ich sie meist auch direkt ausmachen.
    Wieder eine dieser Serien, die keiner braucht.
  • Vritra schrieb am 19.01.2023, 00.35 Uhr:
    Also dass die Daddario was kann, höre ich das erste Mal. Nun will ich es auch Mal sehen, also werde ich auf jeden Fall trotz eurer schlechten Kritik Mal reinsehen - und wenn es nur ist, um sie erneut an einer Rolle scheitern zu sehen. 😏
  • Torsten S schrieb am 18.01.2023, 06.36 Uhr:
    Die bisher vier zu sehende Episoden von Interview with the Vampire konnten voll überzeugen. Wer den Film kennt, wartet natürlich auf bestimmte Momente und man muss sich auch darauf einstellen, das in der Serie vieles natürlich ausführlicher und etwas anders erzählt wird. Das schwule Vampier-Paar, auch mal wieder mehr farbige Darsteller, das total ausgeflippte hier etwas jugendlichere Mädchen usw. Dazu gibt es Sex, viele Blut, aber auch einige Handlungsbögen die sich schleppend ziehen wie z. B. Konflickte der weissen und schwarzen Bevölkerung. Dennoch war Episode 4 bisher ein echtes Highlight und da mittlerweile eine zweite Staffel bestätigt wurde, bin ich sehr gespannt, wie es wohl weiter geht, wo der Film endete.
    Ob und wie weit die Anne Rice Chronicles noch ausgebaut werden, was nach der Vapier- und Hexen-Stories noch verfilmt wird, da bin ich gespannt.
  • Vritra schrieb am 19.01.2023, 00.32 Uhr:
    Allerdings die Überraschung des Jahres. Erwartet hatte ich einen Flop, aber bis jetzt ist es deutlich besser als der Film.