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TV-Kritik/Review: Fortitude

Arktischer Thriller mit Stanley Tucci und Sofie Gråbøl - von Marcus Kirzynowski
(09.02.2015)

Außenseiter am Ende der Welt: einige der Hauptfiguren von "Fortitude" (Christopher Eccleston, Michael Gambon, Sofie Gr?b?l, Stanley Tucci u. Richard Dormer)
Außenseiter am Ende der Welt: einige der Hauptfiguren von "Fortitude" (Christopher Eccleston, Michael Gambon, Sofie Gr?b?l, Stanley Tucci u. Richard Dormer)


Das britische Sky-Mutterhaus ist schon seit längerem immer mal wieder durch ambitionierte und durchaus hochwertig produzierte Dramaserien-Eigenproduktionen (wie etwa  "Hit & Miss" oder  "The Smoke") aufgefallen. Noch bevor sich BSkyB mit den deutschen und italienischen Ablegern zum europäischen Pay-TV-Superkonzern zusammenschloss, gab es noch den arktischen Thriller  "Fortitude" in Auftrag, dessen Kosten es sich mit dem kleinen US-Kabelsender Pivot teilte. Vor der Kamera wurde eine internationale Besetzung versammelt, die jedoch eindeutig von Briten dominiert wird.

Ungewöhnlich ist vor allem das Setting der Serie: eine abgelegene ehemalige Minenstadt in Nordnorwegen, oberhalb des Polarkreises. Auch wenn ihr Name Fortitude fiktiv ist, diente offensichtlich die reale Stadt Longyearbyen auf Spitzbergen als Vorbild. Mitten in der eisigen Einöde, fernab anderer zivilisierter Siedlungen, lebt hier eine kleine, verschworene Gemeinschaft, die sich aus den verschiedensten Nationalitäten zusammensetzt. Trotz der Abgeschiedenheit ist die Infrastruktur nicht viel anders als in anderen Städten: Eine Gouverneurin (Sofie Gr?b?l) leitet die Verwaltung, es gibt Schulen und Kneipen und auch ein Polizeipräsidium, das allerdings hauptsächlich mit Angriffen von Eisbären beschäftigt ist. Verbrechen war in Fortitude bislang eher ein Fremdwort - das ändert sich jedoch am Ende der ersten Folge.

Das erste menschliche Opfer findet die Serie aber schon in der Auftaktszene: Beim Versuch, einen von einem Eisbären angegriffenen Mann zu retten, erschießt der kurzsichtige und dem Alkohol zugeneigte Henry Tyson (Michael Gambon, der Dumbledore aus den "Harry Potter"-Filmen) versehentlich den Mann statt den Bären. Der örtliche Sheriff Dan Anderssen (Richard Dormer), der (zufällig?) ebenfalls in der Weite der Eislandschaft unterwegs ist, vertuscht die Schusswunde jedoch, so dass der Bärenangriff als Todesursache in die Akten eingeht. Während Anderssen irgendein dunkles Geheimnis mit sich herumzuschleppen scheint, arbeitet Gouverneurin Hildur Odegard drei Monate später an ihrem Lebensziel, die Stadt mittels eines in einen Gletscher gebauten Superhotels zur Touristenhochburg zu machen. Das könnte jedoch ein Gutachten verhindern, dass der Biologieprofessor Charlie Stoddart (Ex- "Doctor Who" Christopher Eccleston) über die ökologischen Auswirkungen erstellen soll. Dem wurde nämlich gerade ein Fund präsentiert, der Teil eines Mammuts sein könnte. Am Ende der Pilotfolge liegt der Professor tot in seinem Haus - und es scheint auch diesmal kein Bärenangriff gewesen zu sein.

Was man dem Piloten vorwerfen könnte, ist, dass er es den Zuschauern nicht gerade einfach macht. Eine Unmenge an Figuren wird da eingeführt, in größeren, kleineren und kleinen, aber auch nicht unwichtigen Rollen. Jeder hat seine eigene Agenda und viele wohl auch ein Geheimnis, das nicht an die Oberfläche kommen darf. Mit Eccleston wird ein nomineller Hauptdarsteller schon in der ersten Folge dahin gemeuchelt, ein weiterer, Stanley Tucci, taucht erst in der zweiten auf. Als Chief Inspector der Londoner Polizei soll er den Sheriff bei den Ermittlungen unterstützen, weil der keinerlei Erfahrungen mit Mordfällen hat. Der eigenwillige und zu exzentrischen Handlungen neigende Andersson kann aber nichts weniger brauchen als einen "Aufpasser".

Sheriff Dan Anderssen scheint ein dunkles Geheimnis mit sich zu tragen
Sheriff Dan Anderssen scheint ein dunkles Geheimnis mit sich zu tragen

Außerdem gibt es noch diverse Nebenhandlungen, etwa die mysteriöse Erkrankung des kleinen Liam, des Sohns des Polizisten Frank Sutter (Nicholas Pinnock) und der Forscherin Jules Sutter (Jessica Raine). Dieser Handlungsstrang sorgt für einige Schockeffekte und eine beklemmende Parallelmontage, die an die virtuos-umstrittene Anfangssequenz von Lars von Triers "Antichrist" erinnert: Während Vater Frank sich aus Liams Kinderzimmer wegstiehlt, um seine Geliebte zu treffen, wacht der Junge nach Tagen endlich auf und klettert halbnackt aus dem Fenster in die eisige Nacht.

Neu sind all diese Elemente nicht: Die verschworene Gemeinde mit den dunklen Geheimnissen, die man Außenstehenden nicht offenbaren will, sah man seit  "Twin Peaks" immer wieder, die Polizisten, die sich selbst verdächtig machen und die scheinbar skrupellosen Politiker kennt man etwa auch aus  "Kommissarin Lund", an dessen unterkühlte Atmosphäre hier sowieso einiges erinnert (nicht nur die Hauptdarstellerin). Wie diese Elemente kombiniert werden und vor allem vor welchem geografischen Hintergrund, ist aber durchaus packend anzusehen. Immer wieder lenken beeindruckende Aufnahmen der nordischen Landschaft (gedreht wurde auf Island) von den langen Dialogszenen ab, die für sich genommen vielleicht etwas ermüdend wirken könnten. Dabei lassen die Autoren um Simon Donner (der schon die britische Vorlage zu AMCs geflopptem Crime-Drama  "Low Winter Sun" schrieb) die Zuschauer lange im Unklaren, wohin die Geschichte eigentlich gehen soll. Nach den ersten vier Folgen steht das noch genauso in den Sternen wie am Anfang. Ein gewöhnlicher Whodunnit scheint dies aber nicht zu werden, eher eine großangelegte Verschwörungsgeschichte wie in den international gefeierten Erfolgsserien aus Skandinavien.

Neben den Bildern sind es vor allem die Darsteller, die der Serie eine fast cineastische Qualität verleihen: Tucci variiert zwar nur seine Rolle des formvollendeten Gentlemans, sagt aber mit Blicken und Mimik in manchen Szenen mehr als tausend Worte. Gr?b?l darf in ihrer ersten englischsprachigen Serienrolle deutlich mehr Emotionen zeigen als bei der Figur, die sie bekannt gemacht hat: An eine lächelnde Gr?b?l muss man sich als Lund-Fan erst einmal gewöhnen. Gambon gibt den vom Leberkrebs gezeichneten alten Fotografen angemessen zerknautscht und voller Selbstvorwürfe. Und auch Dormer überzeugt als herumwütender Sheriff und Einzelgänger in der eigentlichen Hauptrolle. Etwas seltsam wirkt, dass die meisten Figuren mit lupenreinem britischem Akzent parlieren und die Gouverneurin die einzige echte Skandinavierin in der zu Norwegen gehörenden Gemeinde zu sein scheint. Selbst die Polizeibeamten wirken überwiegend britisch. Das schadet der Authentizität der Atmosphäre doch etwas (in der Synchronisation fallen diese Nuancen dann ohnehin weg).

Viele Kritiker zogen den Vergleich zur Serienadaption von  "Fargo" - wohl hauptsächlich wegen der Bilder schneebedeckter Landschaften. Mit seiner langsamen Erzählweise und dem komplexen Figurenensemble erinnert "Fortitude" aber mehr an die schon genannten dänischen Vorbilder sowie an die bekannten Dramaserien US-amerikanischer Kabelsender wie  "Mad Men" oder  "Boardwalk Empire". Überhaupt scheint Sky sich mit seinen internationalen Eigenproduktionen zunehmend in die Premiumliga von HBO oder AMC spielen zu wollen - was zumindest in qualitativer Hinsicht mit Serien wie "Fortitude" auch gelingt.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten vier Episoden der Serie.

Meine Wertung: 4/5


Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: BSkyB

 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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