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Ein Ritter wie ein Dressman: Joshua Sasse als Titelheld Galavant
Ein Ritter wie ein Dressman: Joshua Sasse als Titelheld Galavant

Wenn etwas umso heller leuchtet in (nicht nur politisch) dunklen Zeiten wie diesen, dann ist es der bunte Schimmer der eskapistischen Unterhaltung. Und während in diesen Wochen die ABC-Märchenstunde  "Once Upon a Time - Es war einmal..." eine Pause einlegt, schiebt das Network interimsweise acht Folgen einer neuen Serie auf deren Sendeplatz, die diesen Zweck bestens erfüllt: Märchen, Späßchen, Musik! Dass längst nicht mehr nur auf großen Broadway-Bühnen oder in Musicalpalästen gesungen wird, sondern auch wieder in Film ("Les Misérables", "Into the Woods") und Fernsehen ( "Glee" geht soeben in die sechste Staffel), minimiert jedenfalls das Risiko, dass ABC mit der schmetterfröhlichen Halbstundencomedy  "Galavant" eingeht. Wie im Musical üblich, gehen die Figuren bei entsprechender emotionaler Wallung vom herkömmlichen Dialog in schmissige oder gefühlige Gesangsnummern über, es gibt große Ensemblestücke und putzige Duette, das alles im mittelalterlichen Ambiente. Natürlich kann man das schwerlich ernstnehmen, und "Galavant"-Schöpfer Dan Fogelman versucht das auch gar nicht erst. Im Gegenteil: Er liefert die eigene Ironisierung gleich mit und macht "Galavant" von der ersten gesungenen Zeile an als Spoof kenntlich, als Veralberung aller bekannten Mittelalter- und Märchenstereotypen. Was wohl nur die sektiererischsten  "Game of Thrones"-Fans entrüsten dürfte.

Fogelman kennt sich da auf jeden Fall aus. Als Autor von Pixars "Cars" und Disneys rasanter Märchenverwitzelung "Rapunzel - Voll verföhnt" gilt er längst als Spezialist fürs Ironisch-Komische, für einen Tonfall mithin, der auch seinen ersten Ausflug in die TV-Comedy auszeichnete:  "The Neighbors". Für "Galavant" holte er sich versierte Musical-Experten an Bord, den achtfach oscarprämierten Disney-Komponisten Alan Menken und den Texter Glenn Slater. Beide waren auch maßgeblich für das Gelingen von "Rapunzel" verantwortlich, und für "Galavant" schrieben sie ein bis zwei neue Songs pro Episode.

Wie wenig ernst die Macher bei dieser Märchenschnurre um den schneidigen Ritter Galavant genommen werden wollen, zeigt sich schon nach wenigen Sekunden der schmissigen Eröffnungsnummer, inszeniert in einem kleinen, mittelalterlich dekorierten, von grünen Auen umrankten Dorf mit reetbedeckten Häusern, bunten Marktständen und flauschigen Schafen: Da hält ein Gemüsehändler zwei Kürbisse in die Kamera und behauptet, der legendenumrankte Held habe "cojones" in etwa dieser Größe. Und direkt darauf spricht ein Gefangener am Pranger unumwunden aus, mit wem wir es hier zu tun bekommen: "A fairy-tale cliché!", ein Märchenklischee also. Und Galavant, gespielt vom dressmanhaften Briten Joshua Sasse, kommt dabei tatsächlich die pittoreske Küste entlanggeritten wie Prinz Charming. Galavant! Galavant! Galavant! Der Name des smarten Jünglings wird in der ersten Nummer so oft gejuchzt, dass man ihn nie wieder wird vergessen können, ob man will oder nicht. Musical, eben.

Neben Sasse spielt noch eine Handvoll gut aussehender bzw. gut singender, ansonsten aber noch nirgendwo sonderlich aufgefallener Darsteller mit. Nur für die männlichen Schurkenrollen verließ sich Fogelmann auf die bewährten Kräfte Timothy Omundson ( "Psych") und Vinnie Jones, den walisischen Schreck-Tackler vom FC Wimbledon, der, nachdem er die Fußballschuhe an den Nagel gehängt hatte, Schauspieler in ungezählten B-Actionfilmen wurde. Dass wir diesen Mann fürs Grobe in "Galavant" tatsächlich singen hören dürfen, ist schon mal das Einschalten wert.

Objekt der Begierde: die schöne Madalana (Mallory Jansen)
Objekt der Begierde: die schöne Madalana (Mallory Jansen)

Der Plot passt auf die untere Hälfte eines Bierdeckels: Der böse King Richard (Omundson) hat Galavant seine Madalana (Mallory Jansen) ausgespannt, die Liebe seines Lebens. Als der Ritter sie zurückerobern will, erklärt ihm die eben noch so Verliebte indes kühl, sie habe sich entschlossen, lieber in Ruhm und Reichtum zu leben als mit ihm. Enttäuscht ergibt sich Galavant dem Suff (äußeres Zeichen: Sasse trägt nun Bart), und erst Isabella (Karen David), die Prinzessin von Valencia, einem von Richard in Geiselhaft gehaltenen Königreich, kann ihn dazu bringen, doch wieder loszureiten, um Madalena zu befreien. Dass sie dabei eine eigene Agenda verfolgt, verleiht der Reise eine leise Spannung. Vinnie Jones spielt Gareth, den Leibwächter-Ritter des Königs, und Luke Youngblood als Galavants Knappe Sid komplettiert den Cast. Die Erzählrichtung ist klar: Galavant, Isabella und Sid reiten in Richtung King Richard, um die (vermeintlich) doch noch in Galavant verliebte Madalena zu retten.

Das "Was" ist in "Galavant" selbstredend nicht halb so wichtig wie das "Wie", das sich überwiegend über Song & Dance und einen fast erdrückend ironischen Tonfall definiert, der nie Zweifel daran aufkommen lässt, dass man hier keinen Figuren zuschaut, mit denen es ernsthaft mitzufiebern gilt. Natürlich ist das nicht neu (das Monty-Python-Musical "Spamalot" und dessen Filmvorlage "Die Ritter der Kokosnuss" sind dabei die offensichtlichen Vorbilder), doch wenn King Richard in der Pilotfolge einen schmissigen Song aufs Thronzimmerparkett steppt, in dem er die blutigsten Varianten aufzählt, wie er Galavant töten könnte, oder wenn sich im Finale der zweiten Episode sowohl Richard und Madalena als auch Galavant und Isabella in einer Parallelmontage gegenseitig ihre Abneigung versichern, dann macht diese Travestie herkömmlicher Musicalstanzen trotzdem großen Spaß. Wenn man so will, erweist sich "Galavant" in diesen Sequenzen als Realfilm-Variante der längst komplett durchironisierten Animationsfilme von Pixar und DreamWorks. Der Humor aus "Shrek" oder "Rapunzel" wird hier auf echte Schauspieler übertragen - was phasenweise gut funktioniert. Zumindest in den Songs: Wenn Galavant, Isabella und Sid einen Hügel hinaufreiten und dabei eine lautstarke Mutmachernummer schmettern, geht das nicht ohne den Gag, dass Galavant nach der letzten, langgezogenen Note japsend nach Luft ringt und ächzt: "Ich hab Bauchschmerzen, der Song war echt lang."

In den Dialogen dagegen hat "Galavant" mit dieser Bloß-nicht-ernst-Strategie bald erwartbare Probleme. Sie wirken wie Füllmaterial zwischen den einzelnen Songnummern (die deshalb wohl auch, mit den musicaltypischen Retardierungen, auf Viertelstundenlänge gestreckt werden) und missraten, wenn sie Sitcoms nacheifern wollen. In Folge 2 etwa nimmt Galavant auf seinem Weg zu Madalena zwecks Aufbesserung der Reisekasse an einem Ritterturnier teil; dabei wird er von einem eitlen Ritter (Gastauftritt von  "Full House"-Star John Stamos) herausgefordert, der "Deine Mudder"-Witze reißt und als "Jean Hamm" vorgestellt wird: Bemühte Witzischkeit dieser Art zündet einfach nicht. Eine Ritterparodie auf die Trainings-Montagen aus Filmen wie "Rocky" ist da schon lustiger, vor allem, weil dazu ein bräsiger Hard-Rock-Song von der "Eye of the Tiger"-Resterampe eingespielt wird, amtlich aus den tattrigen Lungen hervorgequietscht vom "Skid Row"-Haarmetall-Urgestein Sebastian Bach. Das beweist: Sobald Musik dazukommt, wird es hier spaßig. Sonst weniger.

Vielleicht ändert sich das, wenn bald angekündigte Guest Stars wie Ricky Gervais, "Weird" Al Yankovic und Rutger Hauer ins Geschehen eingreifen. Bislang aber wird der Haupt-Plot vom Neben-Plot um King Richard deutlich in den Schatten gestellt - was auch daran liegt, dass Timothy Omundson die Ko-Stars darstellerisch abhängt. Wie er die Klischeerolle eines ebenso bösen wie eitlen Königs lässig aus dem Handgelenk schüttelt, so als spiele er einen realitätsfremden Topmanager; wie er sich nach einem Blick aufs eigene Blümchenhemd dazu anschickt, sich vom Ritter Gareth in Männlichkeit ausbilden zu lassen, das ist wirklich komisch und bis dato das Faszinierendste an dem, was "Galavant" jenseits des Musikalischen zu bieten hat.

Gewiss, die ganz große Komödie muss hier nicht erwartet werden. Acht Folgen "Galavant" werden auf drei Stunden Spielzeit hinauslaufen: Was als Überbrückung der "Once Upon a Time"-Pause gedacht ist, kann schon deshalb kaum mehr als eine Zwischenmahlzeit sein. Das Sympathische daran aber ist, dass Fogelman und Co. auch nie den Anschein erwecken, dass sie mehr als einen solchen Snack im Sinn hatten.

Meine Wertung: 3.5/5

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Folgen der Serie.

Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: ABC Studios


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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