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TV-Kritik/Review: "Roots"
(06.06.2016)
Keine noch so knappe Fernsehgeschichte kommt ohne einen Eintrag zu
Der ein Jahr vor der Serie erschienene, mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Roman des Journalisten Alex Haley, auf dem "Roots" sehr texttreu basierte, war schon für sich genommen eine Sensation, ein Welt-Bestseller, obwohl bezweifelt wurde, dass die behauptete Verwandtschaftsbeziehung Haleys zu seiner Romanfigur Kunta Kinte, dem als Sklave ins Amerika der Kolonialzeit verschleppten Jungen aus Westafrika, tatsächlich eine war. Selbst Plagiatsvorwürfe konnten der Wirkmacht der bald dokumentarisch, bald kraftmeierisch nach vorne erzählten Prosa, die Kuntas Leben und das der ihm folgenden Familiengenerationen über mehr als ein Jahrhundert hinweg verfolgte, bis heute nichts anhaben. Die Serie hat dem Roman an Berühmtheit schnell den Rang abgelaufen. Es folgte 1979 ein Sequel, 1988 ein Christmas Special. Aber: Brauchte es jetzt, fast vierzig Jahre später, ein Remake?
Die Frage ist natürlich völlig überflüssig - in Zeiten, in denen sich Hollywood und weite Teile der TV-Industrie darauf verlegt haben, fast nur noch Bekanntes wiederzuverwerten, Vergessenes zu entstauben, zu remixen, zu remaken, zu rebooten. Der Kontext stimmt jedenfalls: Erstens sind mit dem oscargekrönten "12 Years a Slave" und dem derzeit hymnisch gefeierten "Birth of a Nation" (startet in Deutschland erst im Januar 2017) während Barack Obamas zweiter Amtszeit wichtige Sklavendramen ins Kino gekommen. Zweitens hat Star-Rapper Kendrick Lamar einen seiner genialsten Tracks nach dem Haleyschen Protagonisten benannt: "King Kunta". "Black man taking no losses", heißt es im Refrain - und verkraften wird er auch ein möglicherweise überflüssiges Remake, wie es jetzt vom Kabelsender History Channel mitDa ist durchaus was dran; allerdings sollte man den Machern (um die Autoren Lawrence Konner und Mark Rosenthal, die mit ihrem Skript zum "Planet der Affen" von Tim Burton eher wenig ruhmreiche Remake-Erfahrung besitzen) dennoch die Chance geben, sich dem legendären Sujet mit anderen Schwerpunktsetzungen zu nähern, bevor geschimpft wird. Grund zu positiver Überraschung gibt es nämlich gleich von Anfang an: Bloßes 1:1-Nacherzählen der Originalserie scheint hier nicht der Plan gewesen zu sein.

In der ersten der vier Doppel-Episoden, inszeniert von Film-Veteran Phillip Noyce ("Salt"), der sich den Regiestuhl paritätisch mit einem weiteren weißen (Bruce Beresford) und zwei schwarzen Regisseuren (Thomas Carter, Mario van Peebles) teilt, wird deutlich mehr Screentime dafür verwendet, Kunta Kintes Jugend in seinem Heimatdorf Juffure (im heutigen Gambia) auszumalen -- in kinoreifen Bildern, die mir mit Gesang, tribalem Getrommel und viel fototapetenhafter Abendsonnenstimmung allerdings auch nicht ohne Folklore-Klischees auszukommen scheinen. Dennoch zieht der Plot, der im Jahr 1765 einsetzt, also gut eine Dekade vor der Unabhängigkeitserklärung der USA, ebenso sympathisch wie dramatisch in die Geschichte hinein. Der junge Kunta aus dem Volk der Mandinka, der mit 15 Jahren eine Art Bootcamp für angehende Krieger absolviert, wird vom Newcomer Malachi Kirby gespielt - eine aufregende, vor Energie berstende Performance, die ganz anders ist als die des späteren
Angelandet in Maryland, wird Kunta Kinte nach demütigender Fleischbeschau an den Plantagenbesitzer John Waller (James Purefoy,
Am Ende der Folge wird Kunta an Wallers Arzt-Bruder William (Matthew Goode, "The Imitation Game") weiterverkauft - und damit ist noch nichts erzählt vom späteren Leben des Mandinka-Kriegers, von seiner Tochter und von deren Kindern und Kindeskindern und den verschiedenen Orten, an denen sich ihre Leidensgeschichte abspielt, bis in die Zeit nach dem Bürgerkrieg, wenn sie endlich in die Freiheit entlassen werden. Unter vielen anderen werden in den weiteren Episoden noch Jonathan Rhys Meyers ("Match Point",
Schon in der ersten Doppelfolge aber ist erkennbar, dass dieses Remake-Projekt keineswegs so überflüssig zu sein scheint wie erwartet: Die Darsteller sind stark, der Zugriff auf die bekannte Erzählung ist kraftvoll, und obgleich die zentralen Koordinaten der Story unangetastet bleiben, gibt es doch wichtige Verschiebungen in den Details. In einigen Aspekten ist die neue Serie dem Buch sogar näher als die alte (wir sind hier schließlich beim History Channel): So wurde etwa Kunta Kintes muslimischer Glaube damals allenfalls dezent angedeutet, im Remake reckt Omoro seinen Neugeborenen gleich zu Beginn Allah entgegen. Sollten sich diese kleinen, aber spannenden Perspektivwechsel und Neujustierungen in den nächsten Episoden fortsetzen, könnten diese "Roots" zur definitiv reizvollen Wiederbetrachtung werden. Auch wenn diesmal definitiv keine 130 Millionen zuschauen.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten Doppelfolge von "Roots".
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: HISTORY
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