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Neue Staffel bringt Altbekanntes und Altbekannte zurück
Mitte 50 und immer noch mit dem imaginären Ratgeber unterwegs: Dexter Morgan (Michael C. Hall, r.) mit Vater Harry (James Remar)
Paramount+
TV-Kritik/Review: "Dexter: Wiedererwachen": Wiederauferstehung bringt neue Absurditätshöhepunkte für Fans/Paramount+

Eine alte Regel besagt, dass man in Filmen und Serien niemals vom Ableben einer bestimmten Figur ausgehen sollte, sofern dieses Ableben nicht auf der Leinwand bzw. auf dem Bildschirm sozusagen offiziell bestätigt wird. Anders ausgedrückt: Nicht definitiv Totgesagte kehren meistens wieder. Im Fall von Dexter ist es vermutlich sogar so, dass dieser nun seit fast zwei Jahrzehnten durch die Serienwelt geisternde Serienkiller sogar dann wiederkehren würde, wenn ihn zehn Ärzte unabhängig voneinander für tot erklärten. Nach seinem mehr als nur mutmaßlichen Ende in  "Dexter: New Blood" jedenfalls ist er nun immer noch am Leben - damit das  "Dexter"-Franchise, das deren Macher einfach nicht loslassen wollen, nicht sterben muss.  "Dexter: Wiedererwachen" heißt das neueste Kapitel - und es verpflanzt den sardonischen Blutspurenanalytiker mit dem zerhackfreudigen Gerechtigkeitsempfinden nach New York und dort ins Zentrum einer Killer-Elite, die dem Franchise neue Absurditätshöhepunkte beschert. Mit Uma Thurman und Peter Dinklage mittenmang.

Kurzer Refresh für alle, denen in der wuchernden Dexterisierung der Überblick abhanden ging: Am Ende der Ursprungsserie "Dexter", die von 2006 bis 2013 acht Staffeln lang beim Pay-TV-Kanal Showtime lief, segelte der von Michael C. Hall gespielte Protagonist vor der Küste von Florida in einen Hurrikan hinein, nur um dann als Holzfäller in Oregon wieder aufzutauchen. Das missfiel den meisten Fans: Irgendwie hatten sie sich ein spektakuläreres Finale für ihren Lieblingskiller gewünscht. Acht Jahre später gab es mit der Miniserie "New Blood" dann eine Art Epilog, in dem der nun in einem pittoresk verschneiten Winkel des Staates New York unter falschem Namen lebende Dexter Morgan von seinem Teenie-Sohn Harrison (Jack Alcott) heimgesucht wird. Harrison zeigt Anzeichen, den mörderischen Trieb seines Vaters geerbt zu haben, also ebenfalls den sogenannten "dunklen Passagier" im Leib zu haben. Doch er scheint sich diesem Befund (noch) widersetzen zu wollen. Am Ende zwingt Dexter Harrison dazu, die Jagdflinte auf ihn zu richten und abzudrücken: Tief in den verschneiten Wäldern sickert ihm das Blut literweise aus dem Leib. Finito? Es sah mehr als nur so aus. Es war ein passender Abschluss zur Hauptserie, der da nachgereicht wurde: Der traumatisierte mördermordende Dexter, hingerichtet vom ebenso traumatisierten und nun ebenfalls mördermordenden Sohn.

Weil sich "New Blood" für Showtime aber als Hit erwies und Showtime inzwischen nicht mehr das alte Showtime ist, sondern eine Art Anhängsel des auf zünftige Männerunterhaltung spezialisierten Streamingdienstes Paramount+, musste die Marke weiter gemolken werden. Über die Prequel-Serie  "Dexter: Original Sin", die vergangenen Winter bei Paramount+ startete, sollten wir an dieser Stelle besser schweigen: Sie tat wenig mehr, als Leerstellen aus dem Original-"Dexter" zu bebildern, war am Ende aber erfolgreich genug, um eine zweite Staffel zu rechtfertigen.

Beginn eines Lebens als rechtschaffener Bürger? Harrison (Jack Alcott) arbeitet mit Elsa (Emilia Suárez) in einem Luxushotel.
Beginn eines Lebens als rechtschaffener Bürger? Harrison (Jack Alcott) arbeitet mit Elsa (Emilia Suárez) in einem Luxushotel. Paramount+

Viel wichtiger ist aber, dass Dexter den Bauchschuss aus dem "New Blood"-Finale überlebt hat - womit die Saga weitergehen kann. Das tut sie nun aber nicht unter dem "New Blood"-Label, sondern unter dem im Hinblick auf die Ungeheuerlichkeit dieses medizinischen Wunders mehr als treffenden Titel "Resurrection". Diese "Wiederauferstehung" (die religiös konnotierte Übersetzung trifft's besser als "Wiedererwachen") hätte freilich problemlos als zweite Staffel von "New Blood" durchgehen können: Hier wie dort ist Dexters Sohn Harrison die zweite Hauptfigur, hier wie dort fungiert der inzwischen 75-jährige Showrunner Clyde Phillips als Hauptautor, es gibt örtliche und figürliche Überschneidungen. Weil das Ganze aber hauptsächlich in New York City spielt und offensichtlich gar nicht mehr als neuerlicher Abschluss, sondern als Start einer ganz neuen Erzählung konzipiert worden zu sein scheint, ergibt ein neuer Serienname Sinn. Am ehesten wirkt das Ganze aber ohnehin wie eine neue Staffel der Originalserie - und das nicht nur, weil es Cameos des damaligen Personals hagelt.

Zu Beginn erwacht Dexter aus einem zehnwöchigen Koma. Als imaginärer Begleiter fungiert diesmal wieder sein Vater Harry (James Remar), von Adoptivschwester Debra, die diesen Job in "New Blood" innehatte, ist keine Spur zu sehen. Der Arzt des Reservatskrankenhauses, in dem er untergebracht ist (gespielt von Dallas Goldtooth aus  "Reservation Dogs"), empfiehlt ihm, noch mindestens ein paar Wochen wieder zu Kräften zu kommen, doch es gibt zwei Gründe, warum er, nur halb genesen, dennoch schnellstens von dort verschwindet. Der erste Grund ist Angel Batista (David Zayas), sein alter Kollege vom Miami Police Department, der jetzt wieder zentral mitmischt in der Serie: Durch die Blume lässt Batista durchblicken, dass er Dexter im Verdacht hat, der berüchtigte Bay Harbor Butcher zu sein, der in Florida damals die ermordeten Serienmörder im Meer versinken ließ. Womit er natürlich recht hat.

Der zweite Grund ist Harrison. Als Dexter zufällig hört, dass in Manhattan ein in neun Teile zerteilter Leichnam eines Sexualstraftäters gefunden wurde, weiß er, dass nur sein Sohn dahinterstecken kann: Im Big Apple ist der Apfel offensichtlich doch nicht so weit vom Stamm gefallen, wie sich der Filius das erhofft hatte. Dexter düst nach New York.

Trägt immer noch Hut, ist jetzt aber Captain: Ex-Kollege Angel Batista (David Zayas) ermittelt nun gegen Dexter.
Trägt immer noch Hut, ist jetzt aber Captain: Ex-Kollege Angel Batista (David Zayas) ermittelt nun gegen Dexter. Paramount+

Die Storylines von Dexter und Harrison werden in den ersten Episoden (vier von zehn durfte die Presse vorher sehen) parallelgeführt. Harrison jobbt in einem noblen New Yorker Hotel, dort hat er sich mit dem Zimmermädchen Elsa (Emilia Suárez aus  "Up Here") angefreundet, für die er als Babysitter jobbt, wofür sie ihn nachts in leerstehenden Hotelzimmern schlafen lässt. Als er einen weiblichen Hotelgast aus den Fängen des besagten Sexualstraftäters befreit, kommt es zu einem Kampf, an dessen Ende der Übeltäter nicht mehr lebt - Harrison befolgt den "Code", den Dexter einst von seinem Vater an die Seite gestellt bekommen hatte, und schreitet in der Hotelgroßküche zu seiner ersten blutigen Zerteilaktion. Als die Leichenteile auf einer Müllkippe auftauchen, wird die Serie zum Teilzeit-Krimi: Die NYPD-Detectives Wallace (Kadia Saraf) und Oliva (Dominic Fumusa aus  "Nurse Jackie") stellen sich gar nicht so dumm dabei an, Harrison auf die Spur zu kommen. Zum Entsetzen des zwischen Sorge und Stolz pendelnden Vaters.

Dexter nämlich ist derweil in Manhattan angekommen und beobachtet Harrison (der seinen Vater für tot hält) aus der Ferne. Seine eigene Storyline führt ihn in die Gemeinschaft des sympathischen Rideshare-Fahrers Blessing (großartig gespielt von Ntare Guma Mbaho Mwine aus  "Smoke" und  "The Lincoln Lawyer") und seiner Familie, unter deren Wohnung er alsbald einzieht. Weil gerade ein taxifahrermordender Serienkiller (Marc Menchaca aus  "She's Lost Control") umgeht, der sich "Dark Passenger" nennt, also Dexters ureigenste Dunkel-Persona appropriiert, bereitet Dexter schon mal seinen Kill Table vor: Diese Art von Plagiat kann er nicht dulden.

Während Dexters und Harrisons Plots allmählich aufs unweigerliche Wiedersehen zulaufen, mündet der Serienkiller-Plot in Episode 4 in ein aberwitziges Szenario, über das wir an dieser Stelle nichts Wesentliches preisgeben dürfen. Nur so viel: Im Mittelpunkt steht  "Game of Thrones"-Star Peter Dinklage als exzentrischer Milliardär Leon Prater, der eine unheilige Faszination für Serienmörder pflegt und die schillerndsten von ihnen zu exklusiven Abendgesellschaften einlädt. Klar, dass Dexter dort aufschlägt und mit Lady Vengeance (immer gern gesehen: Krysten Ritter,  "Jessica Jones"), dem Tattoo Collector ( "How I Met Your Mother"-Legende Neil Patrick Harris mit beunruhigender Perücke), Rapunzel ( "Modern Family"-Star Eric Stonestreet im lindgrünen Strickpullover) und dem Gemini Killer (David Dastmalchian aus  "Late Night with the Devil") aneinandergerät. Praters Fixerin Charley lernen wir übrigens schon früher kennen: Die wunderbare Uma Thurman knüpft hier mit Mitte fünfzig genau an das an, womit sie einst in  "Kill Bill" oder  "Pulp Fiction" zu Ruhm kam.

Charley (Uma Thurman) arbeitet für einen Milliardär mit merkwürdigen Vorlieben...
Charley (Uma Thurman) arbeitet für einen Milliardär mit merkwürdigen Vorlieben... Paramount+

... Leon Prater (Peter Dinklage) veranstaltet Soirées für die Serienkiller-Elite.
... Leon Prater (Peter Dinklage) veranstaltet Soirées für die Serienkiller-Elite. Paramount+

"Dexter: Resurrection" versucht erkennbar, an die besten Serienkiller-Storylines des Original-"Dexter" anzuknüpfen und dabei noch ein bisschen mehr over-the-top zu gehen. Ob das am Ende aufgeht, wird sich erweisen müssen. Denn ein bisschen ist die Masche, harte Gewalt mit absurder Komik kurzzuschließen, zweifelsohne in die Jahre gekommen - wenn Det. Wallace beim Herumfingern in Leichensäcken "Stayin' Alive" von den Bee Gees hört oder Harrison beim Leichenzerteilen "Bad Decisions" von den Strokes, dann sind das Gags, die 2006 frischer gewirkt hätten, als sie es heute tun. Auch Dexters sarkastische Sprüche aus dem Off, seine um Publikumszuspruch heischenden Blicke in die Kamera: In einer Welt, in der Irrsinn und Popkultur längst tagtäglich auf höchsten Polit-Ebenen verschmelzen und man pausenlos das Absurdeste für möglich halten muss, hat all dies erkennbar an Wirkung verloren. Und die Cameos alter "Dexter"-Weggefährten (vorab annonciert worden waren John Lithgow, Erik King und Jimmy Smits - doch es gibt noch mehr, die wir nicht verraten wollen) sind eher pflichtschuldig eingestreuter Fanservice als wirklich wichtig für den Plot. Der aus "New Blood" übernommene Iron-Lake-Cop Teddy Reed (David Magidoff) hat da zum Geschehen noch am meisten beizutragen.

Dennoch gibt es in den ersten Folgen vieles, was sich weiterzuverfolgen lohnen könnte: Das neue Setting im wuseligen New York erweist sich als gewinnbringendes Gegenprogramm zum subtropischen Miami der Originalserie, die migrantische Taxi-Community als organisch gezeichnetes Soziotop und Jack Alcott verleiht der zwangsläufigen Nun-doch-Metamorphose Harrisons erstaunlich viele Nuancen. Wer nicht genug bekommen kann vom Dexter-Kosmos, wird sich bei alldem vermutlich sofort abgeholt fühlen. Wer hingegen langsam genug hat von all dem, kann ja trotzdem darauf hoffen, dass es im Finale der Staffel nun wirklich, also nun wirklich ganz bestimmt, also nun wirklich ganz-ganz-ganz sicher, ein Ende haben wird mit Dexter.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten vier Episoden von "Dexter: Resurrection".

Meine Wertung: 3.5/5

"Dexter: Wiedererwachen" wird bei Paramount+ in Deutschland seit dem 11. Juli veröffentlicht - auf eine Doppelfolge zum Start folgen dann wöchentlich neue Episoden. Die erste Staffel umfasst zehn Folgen.



 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kom­mu­ni­ka­tions­wis­sen­schaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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