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TV-Kritik/Review: "Eric": Benedict Cumberbatch mit gelungener Miniserie zwischen "The Wire" und "Muppet Show"

(29.05.2024)

New York kann so hässlich sein, so dreckig und grau. In den 1980er Jahren war es wahrscheinlich noch schlimmer und die Ostküstenmetropole galt als paradigmatisches Beispiel für die Broken-Windows-Theorie: Was mit zerbrochenen Fensterscheiben anfängt, endet mit graffitibeschmierten U-Bahnen, Müll in den Straßen und Obdachlosen, die in der Kanalisation leben. Dem setzte dann in den 90ern der republikanische Bürgermeister Rudy Giuliani mit seiner Law-and-Order-Politik etwas entgegen. Das heruntergekommene New York der mittleren 80er Jahre ist Schauplatz der britischen (!) Netflix-Miniserie
Der Sechsteiler wirkt teilweise wie eine Comicverfilmung, ist aber tatsächlich ein von Abi Morgan (

Am nächsten Morgen verschwindet Edgar auf dem Weg zur Grundschule mehr oder weniger spurlos. Lediglich einige Überwachungskameras in der Nachbarschaft haben ihn noch eingefangen. Während Detective Michael Ledroit (McKinley Belcher III) vom Vermisstendezernat der Polizei eine Untersuchung einleitet, begibt sich der verzweifelte Vincent auf eigene Faust auf die Suche nach seinem Sohn. Der hatte kurz zuvor noch eine neue Puppe für die Show seines Vaters gemalt: Eric, ein riesiges, aber unsicheres Monster. Vincent ist davon überzeugt, dass er Edgar wiederfinden wird, wenn es ihm nur gelingt, Eric ins Fernsehen zu bringen. Die Handlung verläuft nun einerseits zunächst nach den üblichen Mustern eines Entführungsthrillers mit Ermittlungen und der Verhaftung eines ersten Verdächtigen: ausgerechnet des gutmütigen Hausmeisters George (immer toll: Clarke Peters aus
Andererseits passiert Vincent etwas ganz und gar Unübliches: Ihm erscheint immer wieder der scheinbar lebendige Eric, der ihn anspornt und beleidigt. Schnell wird aber klar, dass Vincent der Einzige ist, der ihn sieht und hört. Während sich Vincent durch seinen unkontrollierten Alkoholismus und sein aufbrausendes Verhalten immer tiefer in eine Abwärtsspirale begibt, seine Ehefrau ebenso vor den Kopf stößt wie seine Kollegen, weitet sich die Handlung auf andere Bereiche der Millionenstadt aus, die zunächst gar nicht mit dem Schicksal der Andersons verbunden scheinen: Ein ehrgeiziger Stadtrat will mit den Wohungslosen aufräumen, die U-Bahnschächte und Kanalisation bevölkern, bei der Müllabfuhr wird ein Außenseiter gemobbt und die afro-amerikanische Mutter eines anderen verschwundenen Jungen will auch nach elf Monaten nicht aufgeben und sitzt täglich vor dem Büro von Ledroit.

So entsteht nach und nach ein vielschichtiges Panorama einer Stadt, in der man zwar teilweise seine Nachbarn kennt und zu Fuß zur Schule oder Arbeit gehen kann, aber Angst haben muss, dabei einfach verlorenzugehen und manchmal auch nicht so genau weiß, in was der Nachtclubbesitzer an der Ecke oder der Polizist aus dem Viertel wirklich verstrickt ist. Geschickt verknüpft die Serie dabei ihre Geschichte mit sozialen Themen, die damals in den USA besonders virulent waren (aber heute immer noch relevant sind): der grassierenden Obdachlosigkeit, Rassismus und Homophobie (bei der Polizei), der verheerenden AIDS-Pandemie. Von der ist auch Detective Ledroit betroffen, der ungeoutet mit seinem todkranken Partner zusammenlebt.
Dabei versteht es Abi Morgans Drehbuch, Schwarz-weiß-Klischees zu vermeiden und Erwartungen zu konterkarieren - der Besitzer des Nachtclubs, der im Untergrund lebende Graffiti-Sprüher, der freundlich wirkende Puppenspieler: Nicht jeder handelt moralisch so, wie man anfangs denken würde. Lediglich die Auflösung trägt vielleicht etwas zu dick auf, was die kriminelle Energie innerhalb des Verwaltungsapparats betrifft.

Als positiver Gegenentwurf zur rauhen Wirklichkeit auf (und unter) den Straßen dient die Show in der Show, Vincents Kindersendung, die Botschaften von Toleranz und Mitmenschlichkeit vermittelt und eine Traumwelt zeigt, in der immer die Sonne scheint und Ballons vom Himmel fallen. Hinter den Kulissen gibt es aber genauso viele Intrigen, Machtkämpfe und kommerzielle Interessen wie überall sonst. Die Umsetzung dieses sozialen Panoramas ist hervorragend gelungen: Cumberbatch zeigt eine vielschichtige schauspielerische Leistung, das Ensemble ist bis in die kleinsten Nebenrollen hochkarätig besetzt (mit John Doman spielt ein weiterer "The Wire"-Veteran Vincents gefühlskalten Vater). Obwohl teilweise in Budapest gedreht, wirkt das New York der 80er Jahre authentisch und atmosphärisch. Fast zeitgenössische Pop- und Indiesongs von The Velvet Underground über Nick Cave bis Nico unterstreichen die Handlung.
Was wie eine Mischung aus Familiendrama und Puppenshow beginnt, entwickelt sich über die Laufzeit von knapp sechs Stunden zu einem Gesellschaftsporträt, das zeitweise fast schon an "The Wire" erinnert (natürlich ohne dessen epischen Atem) und einige soziale Missstände und strukturelle Abgründe enthüllt. Konterkariert wird dies sehr gelungen durch die toll inszenierten Szenen aus der Kindersendung, so dass an dieser Serie auch (erwachsene) Fans der
Dieser Text basiert auf der Sichtung der kompletten Miniserie "Eric".
Die sechsteilige Miniserie ist ab Donnerstag, den 30. Mai bei Netflix verfügbar.
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