Registrierung zur E-Mail-Benachrichtigung
Anmeldung zur kostenlosen Serienstart-Benachrichtigung für
- E-Mail-Adresse
- Für eine vollständige und rechtzeitige Benachrichtigung übernehmen wir keine Garantie.
- Fragen & Antworten
TV-Kritik/Review: "Picnic at Hanging Rock": Aufwendige Neuverfilmung des australischen Kultromans
(30.03.2018)
Peter Weirs "Picnic at Hanging Rock" (deutscher Titel:
Beide erzählen betont vage von einem mysteriösen Vorfall, den viele später fälschlicherweise für historisch gehalten haben: Am Valentinstag des Jahres 1900, also zu einer Zeit, als es den australischen Staat noch gar nicht gab, verschwinden während eines Picknickausflugs zum Felsenmonument Hanging Rock nordwestlich von Melbourne drei Schülerinnen und eine Lehrerin des Mädchenpensionats Appleyard College. Der Fall sorgt für Aufsehen und zieht schlechte PR sowie mehrere Suizide nach sich, doch die Verschwundenen werden nie gefunden. So enden Roman und Film. Weir verstand es meisterhaft, die traumartige Atmosphäre des Buchs für seine gemächliche Leinwand-Adaption in gülden-milchige Weichzeichnerbilder umzusetzen, in denen die zentralen Themen dennoch klar zum Vorschein kommen: das unterdrückte sexuelle Erwachen der halbwüchsigen Schülerinnen sowie der Zusammenprall der aus England importierten viktorianischen Kultur samt ihrer blütenweißen Gewänder und gestrengen Sitten mit den jahrtausendealten Mythen der kolonisierten Aborigines. Der Hanging Rock, jene in schroffen Spitzen emporragende Felsformation aus vulkanischem Gestein, stand seit jeher unter der Obhut der dort lebenden Wurundjeri-Stämme und hat, sagen jene, magische Kräfte. Wurden die Mädchen vielleicht in Tiere verwandelt, verschmolzen sie mit dem Gestein? Ein inoffizielles Schlusskapitel aus Lindsays Roman spielte mit diesen Möglichkeiten; im Film gab es nur leise Andeutungen.
Weirs Film lässt auch nach 43 Jahren keine Wünsche offen. Stellt sich die Frage, ob es eine gute Idee war, sich trotzdem an eine Neuverfilmung zu wagen. Getraut hat sich das nun der australische Pay-TV-Sender FoxTel, der den alten Stoff aus dezidiert weiblichem Blickwinkel neu aufzieht, als sechsteilige Miniserie, geschrieben und (größtenteils) inszeniert von Frauen. Womöglich sollWas die kinoerfahrenen Beatrix Christian (Autorin,
Dormer spielt Mrs. Appleyard, die Leiterin de Mädchenpensionats, das sie selbst eingangs in einem riesigen Anwesen vor den Toren von Melbourne eröffnet. Anders als im Film steht Appleyard im Zentrum des Geschehens, viel mehr als dort wird sie mit einer zwielichtigen Vorgeschichte versehen, die mittels Flashbacks nach und nach aufgedeckt wird: Ist die Institutsleiterin mit den strengen Prinzipien (die, kaum alleine, allerdings gern zur harten Flasche greift) in Wahrheit keine prüde Witwe, sondern eine untergetauchte Betrügerin, eine Mörderin gar? Die spitznasige Dormer jedenfalls lässt keinen gehässigen Kommentar, keinen Seitenblick ins Publikum und keinen Satz in falschem Oxford-English aus, um sich verdächtig zu machen.
Zu Beginn klebt die Kamera minutenlang an Dormers Hinterkopf, ehe sie ihr Gesicht erstmals in den Blick nimmt. Danach wird vorgeskippt und das Leben im dann bereits etablierten College vorgestellt: Unter der Aufsicht von Mrs. Appleyard, der verklemmten Religionslehrerin Dora Lumley (Yael Stone mit falschem Gammelgebiss kaum wiederzuerkennen) sowie der warmherzigen Französischlehrerin Mademoiselle de Poitiers (Lola Bessis) hat sich unter den Schülerinnen eine Hackordnung ausgebildet, die jeder amerikanischen Highschool-Komödie gut zu Gesicht stünde. Da gibt es - neben vielen anderen - Irma Leopold, eine blonde Erbin aus bestem Hause (Samara Weaving); die schnell als Protagonistin herausmodellierte, zauberschöne Miranda Reid (a Star is born: Lily Sullivan) mit ihrer unbändigen Freiheitsliebe, eine junge Frau, die sich zu wehren weiß, und sei es mit der Mistgabel gegen zudringliche Verehrer; da sind das Miranda treu ergebene Waisenmädchen Sara (Inez Curro), die unbeliebte Edith (Ruby Rees) und die illegitime (weil Halb-Aborigine) Richterstochter Marion Quade, gespielt von Madeleine Madden (
Marion, Miranda und Irma sind es dann auch, die während des Picknicks am Hanging Rock in Begleitung der Mathelehrerin Miss McCraw (Anna McGahan,
Männerparts gibt es da nur am Rande. Am meisten ins Blickfeld gerät noch Harrison Gilbertson als Michael Fitzhubert, Neffe eines reichen College-Gönners. Der junge Mann, der seine Uni in Cambridge infolge eines zunächst nicht genannten Skandals verlassen musste, kreuzt am Valentinstag per Zufall den Weg der später Verschwundenen und entwickelt bald eine Art Obsession, den Fall aufzuklären - assistiert von Albert (James Hoare), dem kernigen Kutscher seines Onkels. Während in der Beziehung von Michael und Albert deutlich homoerotische Untertöne zu erkennen sind, bleiben die anderen Männer zunächst bloße Skizze. Was will der nette Bruder von Dora Lumley? Was ist mit dem Sergeant? Was mit dem Arzt? Und wie hartherzig ist Colonel Fitzhubert (gespielt von Nicholas Hope aus dem Aussie-Kultfilm
Am ehesten an Weirs Film erinnert noch die ausgedehnte, sich somnambul in den Erzählstrom fläzende Picknicksequenz, in der ganz vorlagengetreu die Armbanduhren stehenbleiben und alle von plötzlicher Müdigkeit befallen werden. Der Rest strebt mit entschieden surrealen Horror-Elementen, absurdem Humor und schrillen Einfällen deutlich (und immer auch ein wenig bemüht) weg vom Altbekannten. Kondracki, Christian und Co. haben über sechs Stunden Laufzeit deutlich mehr Zeit und Platz, um der einstmals so vagen Geschichte spannende Doppelböden einzuziehen. Ob das gelingt oder am Ende doch alles eher als typischer Fall von Style over Substance endet, ist vorerst ungewiss - ein launiger Anfang ist allemal gemacht.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "Picnic at Hanging Rock", die auf der 68. Berlinale im Februar 2018 vorgeführt wurden.
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: FreemantleMedia Australia
"Picnic at Hanging Rock" wird am 6. Mai 2018 in Australien seine TV-Premiere feiern. Die deutschen Rechte hat sich der Streamingdienst ErntertainTV Serien der Telekom gesichert. Wann die Serie dort zu sehen sein wird, wurde noch nicht bekannt gegeben.
Über den Autor
Leserkommentare
Duncan_Kirkland schrieb am 31.03.2018, 16.34 Uhr:
Den Film habe ich mir angesehen, großartig, ist nur schon sehr lange her.Kann man sich öfters ansehen.katja-mai schrieb via tvforen.de am 30.03.2018, 16.12 Uhr:
... der Film aus den 70ern ist mir im Gedächtnis geblieben. Kommt so unschuldig fast kitschig, weichgezeichnet und mit Panflötenmusik untermalt daher aber hinterläßt doch irgendwie einen verstörenden Eindruck. Ganz subtiler Schauder...
Die Serie werd ich mir bei Gelegenheit ansehen. Hoffentlich werd ich nicht enttäuscht.Ein schönes Beispiel für eine gelungene Neuverfilmung ist die Serie "The handmaids tale" - die Ursprüngliche Verfilmung des Romans aus den 70er war eher schlecht, die Serie mit Elizabeth Moss dagegen packend und wirklich gelungen.matzkap schrieb via tvforen.de am 30.03.2018, 16.32 Uhr:
katja-mai schrieb: - die Ursprüngliche Verfilmung des Romans aus den70er war eher schlecht,
mmh, Du meinst jetzt aber nicht die Verfilmung des Romans "Die Geschichte der Dienerin" von Volker Schlöndorff, oder? Weil die ist von 1990. Gibt es denn noch eine weitere Version aus den 70ern?Anyway, auf die Hanging Rock-Neuverfilmung freue ich mich sehr!!
Meistgelesen
- "Gefragt - Gejagt": Jäger Klaus Otto Nagorsnik ist tot
- "Law & Order: Organized Crime" erhält neues Zuhause
- "FBI International": Überraschender Ausstieg nach Staffel 3
- Update Umbau am ProSieben-Montag: "Quantum Leap" und "How I Met Your Father" betroffen
- Nickelodeon steht in Deutschland zum zweiten Mal vor dem Aus
Neueste Meldungen
Specials
- "This Is Us"-Star Justin Hartley: Lohnt sich seine neue Serie "Tracker"?
- [UPDATE] Upfronts 2024: Welche Serien wurden bereits eingestellt oder verlängert, was steht auf der Kippe?
- Prosit, "Die Hugo Show"! Wie ein kleiner Troll die Fernsehwelt der 90er eroberte
- Moderatorin und Schauspielerin Yvette Dankou: "Bei 'Hugo' hatten wir total freie Hand"
- "Masters of the Air": Zweiter-Weltkrieg-Fliegerserie ersäuft in Pathos und Patriotismus
- "Oderbruch": "True Detective" im deutschen Niemandsland?
- "Charité" quatscht zu viel in der vierten Staffel
Neue Trailer
- "Clipped": Ed O'Neill vs. Laurence Fishburne in Miniserie um Basketball-Skandal
- [UPDATE] "Mayor of Kingstown": Dritte Staffel erhält zügig Starttermin und ausführlichen Trailer
- [UPDATE] "The Big Cigar": Trailer und Termin für Miniserie mit André Holland ("Castle Rock") als Black-Panther-Anführer
- "Trying": Trailer kündigt vierte Staffel der britischen Comedy an
- Zum Start von "Dead Boy Detectives": Frischer Trailer stellt die Charaktere der Netflix-Serie vor