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TV-Kritik/Review: "Still Up": Craig Roberts und Antonia Thomas schlagen sich die Nächte um die Ohren
(21.09.2023)
In einer Welt, die Mediziner in Nachtigallen und Lerchen einteilen, sind Lisa und Danny zwei Beispiele für extreme Nachtigallen. Anders gesagt: Sie sind absolute Nachtmenschen, allerdings unfreiwillige. Sie können schlicht meist nicht schlafen. So arbeiten die beiden Londoner nicht nur nachts, sondern müssen auch anders versuchen, die langen Stunden zu überbrücken, in denen fast alle ihrer Mitmenschen im Reich der Träume sind. Dabei sind sie füreinander gegenseitig meist die einzigen Ansprechpartner.
Abends ist die britische Hauptstadt voller Lichter, aber während (wie im Vorspann) mit vorrückenden Uhrenzeigern nach und nach die Fenster der Häuser dunkel werden, fängt für die alleinerziehende Illustratorin Lisa (Thomas) und den Single Danny (Roberts), der als Journalist arbeitet, die Nacht erst an. Obwohl sie sich nie persönlich treffen, sind sie per Video-Telefonie und Chat-App fast pausenlos in Kontakt miteinander. In schier endlosen Gesprächen kreisen sie umeinander wie zwei Gestirne am Nachthimmel. Dabei kennen die Beiden keine Tabuthemen, ob es um Krankheiten, peinliche Erlebnisse oder Sex geht. Die Pointe dabei: Sie machen sich nicht bewusst, dass sie gegenseitige Gefühle haben, die weit über Freundschaft hinausgehen.
Obwohl es genügend Anzeichen dafür gibt. So legt Lisa ein Profil in einer Dating-App an, um ihren Kumpel endlich wieder unter die Haube zu bringen. Woraufhin ihr in ihrem eigenen Profil gleich Danny als Match angezeigt wird - eben weil die Beiden genau die Eigenschaften haben, die sie jeweils bei einem Partner suchen -, was Lisa ihm aber verschweigt und stattdessen ihr Profil löscht. Dafür steht sie ihm dann einige Nächte später mit Rat zur Seite, als er ein Date mit der charmanten und witzigen Amy (Lois Chimimba) hat - und zwar ständig, denn das Handy klingelt alle paar Minuten.
Das erste Date findet in Dannys Wohnung statt, denn der hat neben der Schlaflosigkeit noch ein anderes gesundheitliches Problem: eine Sozialphobie, die es ihm unmöglich macht, sein Apartment zu verlassen. Das führt natürlich zu weiteren Problemen wie dem, eine bestellte Pizza entgegenzunehmen, wenn man doch dem katzenverrückten Nachbarn (Rich Fulcher), der eine Hofparty für seine vierbeinigen Lieblinge feiert, erzählt hat, man mache eine Tour durch alle Disney-Parks der Welt. In solchen Sequenzen stellt sich "Still Up" in eine Tradition skurriler Comedy, wie es sie nur im britischen Fernsehen gibt. Eine Figur wie der namenlose freakige Katzenmann könnte eins zu eins auch einer Serie von Ricky Gervais entstammen. Dabei ist das Verhalten Dannys, der auf die Sekunde ausrechnet, wann der Bote sein Fenster erreichen kann, ohne auf den Nachbarn zu treffen, nicht weniger nerdig.Inszeniert sind die jeweils rund halbstündigen Episoden fast wie Kammerspiele: Danny bewegt sich nicht aus seiner Wohnung, während Lisa mal in einer Apotheke ohne Mitarbeiter strandet, mal im Bus unterwegs ist oder dann wieder in ihrer Wohnung mit ihrem festen Freund Veggie (Blake Harrison) beim Abendessen sitzt. Immer wieder kippen die Situationen dabei ins Absurde, ob sie die Rolle der Apothekerin übernimmt, ein Mitpassagier ihr Kleid klaut und anzieht oder sie in einer Schlafklinik von einer strengen Ärztin terrorisiert wird. Der witzigste Regieeinfall der ersten Staffelhälfte ist in der gleichen Folge eine herrliche Parodie auf
In solchen Szenen bricht die Serie dann auch einmal aus den ansonsten doch etwas statisch wirkenden Settings aus. In der Begrenztheit auf meistens jeweils nur zwei Handlungsorte und die Kommunikation der beiden Hauptfiguren ausschließlich über ihre Bildschirme erinnert "Still Up" des Öfteren an jene schnell und preisgünstig gedrehten Formate aus der Lockdownzeit, in denen ebenfalls Zoom, Skype & Co. die einzigen Fenster zur Welt außerhalb der eigenen vier Wände waren - notgedrungen, sowohl für die Figuren als auch die Produktionsmöglichkeiten betreffend. Auch vor der Pandemie gab es aber schon ähnliche Formate wie etwa die von Showtime adaptierte Netzserie
Ein hohes Budget hatten die acht Episoden offensichtlich nicht, was für eine Comedyserie aber auch kein Muss ist, solange die Pointen sitzen. Das ist hier leider nicht immer der Fall, die Gags funktionieren mal besser und mal schlechter. Ob es ein Plus- oder Minuspunkt ist, dass die AutorInnen um Steve Burge und Natalie Walter (als Schauspielerin etwa in
Ein Muss ist "Still Up" im überbordenden Angebot der Streamingdienste sicher nicht, auch eher nichts, wofür jetzt jemand ein neues Abo für Apple TV+ abschließen wird. Alle, die britischen Humor und "kleine" Comedyformate mögen, können aber bedenkenlos einen Blick riskieren - nicht nur in schlaflosen Nächten.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten vier Episoden von "Still Up".
Die ersten drei Episoden sind ab dem 22. September bei Apple TV+ verfügbar, die weiteren fünf folgen wöchentlich jeweils freitags.
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