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TV-Kritik/Review: "Die Verräter": Ist Deutschland bereit für das spannendste Reality-TV-Psychospiel seit vielen Jahren?

von Glenn Riedmeier
(20.09.2023/ursprünglich erschienen am 13.09.2023)
Geniales Crime-Strategiespiel fernab vom primitiven Trash-TV-Einerlei
Moderatorin Sonja Zietlow (M. v.) mit sieben von 16 Spielern
RTL/Robert Grischek
TV-Kritik/Review: "Die Verräter": Ist Deutschland bereit für das spannendste Reality-TV-Psychospiel seit vielen Jahren?/RTL/Robert Grischek

Diese Kritik erschien ursprünglich zum Start von "Die Verräter" bei RTL+ am 13. September.

Spoilerfreie Kritik: Um niemandem den Spaß zu verderben, wird im folgenden Text nicht gespoilert, wer Verräter ist oder schon aus dem Spiel ausgeschieden ist.

Sie spielt ein falsches Spiel! - Er verstellt sich und ist nicht er selbst! Sätze wie diese gehören zu den schlimmsten Vorwürfen, die sich Teilnehmer in diversen Realityshows gegenseitig machen können. Das neue Format  "Die Verräter" dreht den Spieß nun um und macht Hinterhältigkeit gezielt zum Konzept - und alle Beteiligten sind sich darüber im Klaren, dass sie niemandem vertrauen können. Und dennoch könnte die Sendung einige erprobte Reality-TV-Fans zunächst verwirren. Denn hier geht es nicht um das seltsame Datingverhalten paarungswilliger Anfang Zwanzigjähriger und auch nicht um verbale Totalausfälle von krawalligen Promis, wie etwa in der tags zuvor gestarteten  "Das Sommerhaus der Stars"-Staffel. "Die Verräter" ist vielmehr ein ausgebufftes Crime-Strategiespiel voller Ungewissheit, raffinierter Täuschungen und mit einem hohen Spannungsfaktor.

Das aus den Niederlanden stammende Format hat sich als großer Erfolg entpuppt und wurde als "The Traitors" bereits in 25 TV-Märkte verkauft. In Deutschland will nun RTL damit punkten - und anders als in den meisten Ländern nicht mit unbekannten Kandidaten, sondern mit einem prominenten Cast. Dass man es hier jedoch nicht mit einem herkömmlichen Reality-TV-Format zu tun hat, zeigt sich bereits in der Auswahl der Mitwirkenden, bei denen es sich nicht um gescheiterte Existenzen oder aufmerksamkeitssüchtige Influencer handelt, sondern um 16 Prominente, die mit beiden Beinen im Berufsleben stehen und die für das Format nötige Cleverness mitbringen. Oder wie es Moderatorin Sonja Zietlow, die inzwischen 16 Staffeln des  Dschungelcamps überstanden hat, im Pressegespräch formulierte: Es sind hochwertige, tolle, intelligente, kompetente Prominente, die immer auf einem gewissen Niveau agieren, auch wenn sie gegeneinander spielen. Das war Balsam für die Seele.

Schlossherrin Sonja Zietlow (vorne) mit den 16 Spielern
Schlossherrin Sonja Zietlow (vorne) mit den 16 Spielern RTL/Stefan Gregorowius

Das bunte Kandidatenfeld besteht aus Schauspielern (ChrisTine Urspruch, Florian Fitz, Claude-Oliver Rudolph, Timothy Boldt, Susan Sideropoulos, Mariella Ahrens), Sängern (Vincent Groos, Anna-Carina Woitschack), Rappern (Jalil, Sabrina Setlur), Handball-Weltmeister Pascal Hens,  "RTL Aktuell"-Moderatorin Ulrike von der Groeben,  "Gefragt - Gejagt"-Quizmeister Sebastian Klussmann, Ex-  "Princess Charming" und Rechtsanwältin Irina Schlauch, Model und Unternehmerin Shermine Shahrivar sowie Werbeikone Friedrich Liechtenstein.

Sie alle treffen in einem alten Schloss in Frankreich zum ersten Mal aufeinander, wo sie ihr Schicksal in die Hände von RTL und der Produktionsfirma Tower Productions legen. Das Herzstück der Show ist ein Runder Tisch, an dem am ersten Abend die erste und letztlich alles bestimmende Entscheidung getroffen wird: Alle Kandidaten müssen Augenbinden anlegen. Dann geht Moderatorin Sonja Zietlow hinter ihnen im Kreis umher und berührt drei der 16 Prominenten an der Schulter: Sie sind ab sofort die auserwählten drei Verräter! Diese Wahl ist maßgeblich für den restlichen Verlauf der gesamten Sendung. Daher traf Sonja Zietlow diese Entscheidung nicht alleine, sondern es gab im Vorfeld mit Psychologen intensive Gespräche darüber, wer sich am besten für die Rolle als Verräter eignen würde.

Am Runden Tisch werden folgenreiche Entscheidungen getroffen.
Am Runden Tisch werden folgenreiche Entscheidungen getroffen. RTL/Stefan Gregorowius

Fortan gilt für die drei Auserwählten, ihre Identität zu verschleiern und sich als ganz normale Mitstreiter zu geben. Die restlichen 13 Kandidaten, die sogenannten Loyalen, versuchen nun alles in ihrer Macht stehende, um die Verräter unter ihnen zu entlarven. So mancher Zuschauer wird sich an das Konzept von  "Der Maulwurf" bzw.  "The Mole" erinnert fühlen. Entscheidender Unterschied allerdings: Bei "Die Verräter" sind die Zuschauer eingeweihte Komplizen und wissen als allwissende Beobachter von Anfang an darüber Bescheid, wer ein falsches Spiel spielt. Sie werden Zeuge davon, wie sich unter den Teilnehmern ein Täuschungs-Thriller aus Manipulationen und Hinterlist entwickelt. Indirektes Vorbild für das Format war übrigens das unter den Namen "Mafia" oder "Werwölfe" bekannte Gesellschaftsspiel, das nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert.

Der weitere Spielverlauf von "Die Verräter" sieht jeden Tag zwei Rituale vor: In jeder Nacht, nachdem sich alle Mitwirkenden in ihre separaten Schlafgemächer verabschiedet haben, treffen sich die drei Verräter, gekleidet in Kutten, in einer geheimen Konklave, um die Entscheidung zu fällen, welchen Loyalen sie als nächstes "ermorden". Dies wird in einer angemessen düsteren Zeremonie mit der Unterzeichnung eines Briefs vollendet. Das gewählte Opfer scheidet aus dem Spiel aus und wird am nächsten Morgen nicht mehr zum gemeinsamen Frühstück im Schloss erscheinen.

Die Verräter in Kutten bei der Zusammenkunft in der Konklave
Die Verräter in Kutten bei der Zusammenkunft in der Konklave RTL/Stefan Gregorowius

Um nicht unter Verdacht zu geraten, muss die Entscheidung der Verräter klug gefällt werden, denn: Am nächsten Tag stimmen am Runden Tisch alle Mitspieler (Loyale und Verräter) zusammen darüber ab, wer als potenzieller Verräter enttarnt und aus dem Spiel verbannt werden soll. Rein prozentual ist die Chance, dass die Loyalen einen der ihren fälschlicherweise als Verräter bezichtigen, anfangs ungleich höher als tatsächlich einen echten Verräter zu treffen - und so verringert sich die Anzahl der übrig bleibenden Mitspieler kontinuierlich. Sobald ein Verräter entlarvt wurde, haben die übrigen Verräter die Möglichkeit, jemanden aus der Gruppe der Loyalen als neuen Verräter zu rekrutieren.

All das bietet unheimlich viel Potenzial für Psychospielchen. Schnell liegen die Nerven blank und es kommt zu emotionalen Gefühlsausbrüchen, insbesondere während der harten Urteile am Runden Tisch, obwohl - oder gerade weil - alle genau wissen, dass sie ein Spiel spielen und absolut niemandem vertrauen können. Als Zuschauer wird einem exemplarisch vor Augen geführt, wie Gruppendenken entsteht und wie schnell Menschen plötzlich als Rudel agieren - auch wenn sie dies gar nicht beabsichtigen. Nicht zuletzt sind auch die Produzenten den Entscheidungen der Spieler ausgeliefert, die in einer außerordentlichen Machtposition sind. Denn allein sie haben es in der Hand, wer wie lange im Spiel bleibt und wer gehen muss.

In der ersten Folge wartet auf die Spieler die Mission "Katapult"
In der ersten Folge wartet auf die Spieler die Mission "Katapult" RTL/Stefan Gregorowius

Gespielt wird um einen Schatz im Gesamtwert von bis zu 50.000 Euro. Wenn es den Loyalen gelingt, alle Verräter aus dem Spiel zu verbannen, können sie den Gewinn unter sich aufteilen. Wenn es jedoch einem oder mehreren Verrätern gelingt, bis zum Ende des Spiels alle zu täuschen, gehört der Schatz dem/den Verräter/n allein. Die Gewinnsumme muss gemeinsam erspielt werden: Tagsüber treten die Kandidaten in körperlich und mental herausfordernden Missionen an, bei denen sie immer mehr Silberbarren gewinnen können. Hier müssen sich auch die Verräter loyal verhalten und Teamgeist beweisen. Diese sportlichen Challenges unterscheiden sich letztlich wenig von jenen anderer Reality-Formate und stellen den schwächsten Teil der Sendung dar - auch weil sie nicht so recht zu der allgemein düster-mysteriösen Atmosphäre des Formats passen.

Insgesamt entfaltet das neue TV-Format aber eine echte Sogwirkung mit hohem Suchtfaktor, sofern man sich darauf einlässt und eine Ader für psychologische Verwirrspiele und strategische Gruppendynamiken hat. Dadurch, dass man als Zuschauer von Anfang an in das Netz aus Lügen und falschen Freunden eingeweiht ist, entwickelt man eine diebische Freude am perfiden Spiel der Verräter und ist hin und hergerissen, ob man nun den Loyalen oder den Verrätern mehr die Daumen drücken soll. Untermalt wird die aufwendige Produktion stets mit mystischer Musik, während immer wieder atmosphärische Bilder von Feuer, Lampen und schwarzen Raben eingeblendet werden. Sonja Zietlow als Moderatorin ist für die Sendung schlichtweg die perfekte Besetzung. Wie einst bei  "Der Schwächste fliegt!" ist sie für die Spieler eine unnahbare Respektsperson, die sich weder mit den Loyalen noch mit den Verrätern gemein machen darf.

International gehört "The Traitors" zu den erfolgreichsten Neuentwicklungen auf dem TV-Markt. In den Niederlanden wurde das Format 2022 mit der renommierten Rose-d'Or-Auszeichnung der "Goldenen Rose" geehrt. Dort startet in diesem Jahr bereits die dritte Staffel. Auch in Großbritannien, Frankreich, Portugal und den USA waren schon erfolgreiche Adaptionen zu sehen. Ob dies auch in Deutschland gelingen wird, ist letztlich schwer einzuschätzen.

Sonja Zietlow vor dem Schloss in Frankreich
Sonja Zietlow vor dem Schloss in Frankreich RTL/Stefan Gregorowius

Während hierzulande vor allem Dating- und Promi-Formate mit hohem Trashfaktor beliebt sind, taten sich bei uns im Ausland beliebte, anspruchsvollere Formen des Reality-TV mit strategischen Gameplay-Elementen in der Vergangenheit eher schwer. Sowohl bei "Der Maulwurf" als auch bei  "Survivor" gab es mehrere Anläufe, doch es fand sich dafür stets nur ein überschaubares Publikum. Auch das britische und amerikanische  "Big Brother" verfügt über einen hohen Anteil an raffinierten Twists und psychologischen Machtspielchen, von denen man in Deutschland weitgehend die Finger gelassen hat.

Es wäre bedauerlich, wenn "Die Verräter" scheitert, nur weil das deutsche Reality-TV-Klientel an größtmögliches Krawall- und Trashpotenzial gewöhnt ist und mittlerweile eine Erwartungshaltung in diese Richtung entwickelt hat. Dieses Format nimmt seine Teilnehmer ernst und macht sich nicht in einer ironischen Brechung über sie lustig. Die Sendung ist hochwertig, clever und anspruchsvoll - und der beste Beweis dafür, dass Reality-TV auch oberhalb der Gürtellinie enorm mitreißend sein kann. Lasset die hinterhältigen Spiele beginnen!

Die ersten beiden der insgesamt sechs Folgen stehen ab sofort auf Abruf beim Streamingdienst RTL+ bereit. Linear geht es eine Woche später am 20. September los - und dann immer mittwochs um 20.15 Uhr bei RTL.


 

Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang '85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. "Bim Bam Bino", "Vampy" und der "Li-La-Launebär" waren ständige Begleiter zwischen den "Schlümpfen", "Familie Feuerstein" und "Bugs Bunny". Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. "Ruck Zuck" oder "Kaum zu glauben!". Auch für Realityshows wie den Klassiker "Big Brother" hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie "Die Harald Schmidt Show" und "PussyTerror TV", hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie "Eine schrecklich nette Familie" und "Roseanne", aber auch schräge Mysteryserien wie "Twin Peaks" und "Orphan Black". Seit Anfang 2013 ist er bei TV Wunschliste vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

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Leserkommentare

  • (-:Ingmar:-) schrieb am 20.09.2023, 22.41 Uhr:
    Irgendwie kann ich mir noch nicht wirklich ein klares Bild machen, wie ich die Show beurteilen würde. Habe auch erst die erste Folge gesehen.
    Sie ist in der Tat was anders, als ich bisher gehört habe. Geschweige gesehen habe. Sie hat allerdings ein Schwachpunkt, den sie mit den meisten Shows dieser Art verbindet. Dieses bis zu erbrechen in die Kamera reden. Und das von manchen Menschen, von denen ich noch nie was gehört habe. Gefühlt nimmt es 80% der Show ein. Zeigt aber auf der anderen Seite nur Sekunden von den Gesprächen untereinander. Die ich durchaus als wichtig ansehen würde.
    Das Konzept hat allerdings - das muß ich zugeben - einen nicht unerheblichen Unterhaltungswert. Dieses Geheimbundtreffen oder das beäugen der anderen Mitspieler. Das schwindet der Loyalen und das nicht wissen, wer der Mitstreiter sie manipuliert.
  • Romplayer schrieb am 18.09.2023, 14.56 Uhr:
    Schon ziemlich ironisch, wie ein ganzer Absatz darüber geschrieben wird, dass in Deutschland Reality-TV zu häufig auf Trash gebürstet ist und dieses Format anders ist - und direkt danach wird ein Youtube-Video von RTL eingebettet, bei dem im Vorschaubild direkt weinende und künstlich schockierte Gesichter gezeigt werden, dazu ein Titel der mit "Lügen lauern überall!" beginnt - also etwas, das den billigsten React-Clickbait-Faktor nutzt, genau wie die genannten Trash-Reality-Formte.
  • Johannes Braun schrieb am 20.09.2023, 07.46 Uhr:
    Auf der Grundlage eines Teaser-Bildes von einem Youtube-Video sollte man sich seine Meinung wirklich nicht bilden. Die Verräter ist tatsächlich kein Trash-TV und völlig anders als man es von RTL erwartet. Ich war positiv überrascht!
  • (-:Ingmar:-) schrieb am 14.09.2023, 09.27 Uhr:
    Von der Idee hört sich das ganze zuerst interresant an. Aber Formulierung wie "da liegen die Nerven blank..." ist doch schon wieder RTL, die jede Coolness vermissen lassen. Geht das nicht auch nur mit Inteligenz? Das Konzept ist im Grund was neues (zumindest für RTL). Erinnert - von der Beschreibung her - ein klein wenig an Cluedo.
    Zum ersten mal seit Jahrzehnten wäre ich geneigt, da mal rein zu schauen. Auch wenn der Sender garnicht mein Ding ist. Schaue den Sender schon ewig nicht mehr. Schon garnicht irgendwelche Prolo-Shows, für die man sich schämen muß, Deutscher zu sein.
  • Martina schrieb am 14.09.2023, 08.08 Uhr:
    In Deutschland hat sich kein Schloss gefunden?
  • derinsider schrieb via tvforen.de am 14.09.2023, 07.35 Uhr:
    Absolute Empfehlung. Tolles Konzept, ein sehr gut gewählter Cast und spannend. Und Frau Zieltow in Bestform. Es lohnt nach langer Zeit mal wieder, sich einen Neustart anzusehen.