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TV-Kritik/Review: "Kidding": Jim Carrey brilliert in Puppenspiel mit Trauerrand
(02.12.2018)
Man tut Jim Carrey unrecht, wenn man ihn bloß auf seine erfolgreichen Blödelrollen in
"Kidding", das fällt sofort auf, wurde mit viel Sorgfalt hergestellt. Was weniger schnell einleuchtet, ist, worauf die zehn halbstündigen Episoden hinauswollen: Beinahe szenenweise wechselt die Serie die stilistische Richtung, von der skurrilen Behind-the-Scenes-Satire rüber zur sarkastischen Familien-Tragikomödie, dann zur Charakterstudie mit Trauerflor und dann wieder zurück. Die tonalen Schwankungen tragen die ersten Episoden immer wieder momentweise aus der Kurve, führen dann aber unvermittelt zu anrührenden, witzigen, klugen Sequenzen. Es wird spannend sein zu verfolgen, ob und wenn ja, wie Holstein, Gondry, Carrey und Co. es gelingt, diese diversen Erzählhaltungen zusammenzuführen oder gewinnbringend nebeneinander weiterlaufen zu lassen.
Carrey spielt, mit schulterlangem Haar, Jeff Piccirillo, besser bekannt als "Mr. Pickles", Protagonist einer erfolgreichen und von allerhand Puppen bevölkerten Fernsehsendung für Vorschulkinder. Die fiktive "Mr. Pickles Puppet Time", ausgestrahlt durch PBS, das einzige quasi öffentlich-rechtliche Network in den USA, erinnert an die tatsächlich auf PBS laufende "Sesamstraße" und noch mehr an deren Konkurrenz "Mr. Rogers' Neighborhood", deren Titelheld Fred Rogers dreieinhalb Jahrzehnte lang mit sanftem Wesen, nie versiegender guter Laune und stets aufmunternden Lieder auf den Lippen prägenden Einfluss auf US-amerikanische Kindergartenkinder ausübte.
"Kidding" stellt die spannende Frage, wie es hinter den Kulissen einer solchen Show aussehen könnte, an der Menschen beteiligt sind, denen es, wie allen anderen auch, mal mehr, mal weniger gut geht. Dabei markiert der Titel das Spannungsfeld zwischen der hauptberuflichen Arbeit für Kinder und dem Begriff kidding wie in I'm just kidding, also: "Ich mach doch nur Spaß". Für Jeff Piccirillo hat sich Autor Holstein jedenfalls das denkbar größte Unglück ausgedacht: den Tod des eigenen Kindes. Zu Beginn der Serie ist dieser schon erfolgt. Phil Piccirillo starb, als ein Lieferwagen für Kuchen seitwärts in den Familienwagen raste. Der Fahrer des Lieferwagens hatte dabei den Titelsong von "Jesus Christ Superstar" auf den Lippen - ausgerechnet.
Übrig blieb nicht nur Phils elfjähriger Zwillingsbruder Will (Cole Allen), sondern auch eine zerstörte Kernfamilie: Jeffs Frau Jill (Judy Greer,
Die "Puppet Time" ist derweil ebenfalls ein großes Familienunternehmen: Als Executive Producer fungiert Jeffs strenger Vater Seb - gespielt vom gravitätischen
Vor diesen familiären Hintergründen kristallisiert sich ein zentraler Erzählfaden heraus: Dem traumatisierten Jeff entgleitet nicht nur der Alltag, sondern auch die Kontrolle über die Star-Persona; den stets fröhlichen, tröstenden Mr. Pickles mit aller Tagesroutine zu spielen, das fällt ihm zusehends schwer. Er produziert eine Folge zum Thema Tod, die sich sein Vater dann auszustrahlen weigert. Wo Jeff einfordert, "dass Kinder wissen, wie blau der Himmel ist, aber doch lernen sollten, was zu tun ist, wenn er einstürzt", drängt Seb mit unwiderlegbarer Logik darauf, die erfolgreiche Marke nicht durch Variation zu beschädigen: "You don't just take the cream out of the Oreo." Hinter der Show steht schließlich längst ein weitverzweigtes Merchandising-Imperium. Als sich der Konflikt zuspitzt und Jeff sich aus Wut und Trotz (kidding) einen breiten Streifen seines Haupthaars wegrasiert (Seb: "Du siehst aus, als würdest du gleich auf einen Glockenturm in Texas steigen und das Feuer eröffnen!"), plant der Vater sogar, die Show notfalls ohne ihren Star weiterzuführen und Jeff als animierte Figur moderieren zu lassen.
Das alles ist thematisch reizvoll, irritiert aber durch die Sprünge im Tonfall. Schon Protagonist Jeff gibt Rätsel auf - obgleich Carrey, dem man seine 56 Jahre nicht anmerkt, die Brüche dieser Figur beeindruckend präzise (und grimassenfrei) verkörpert. Seine immer wieder auch enervierende Sanftheit ist schwer zu durchschauen: Ist Jeff wirklich so harmlos? Die Grenzen zur TV-Figur Mr. Pickles scheinen jedenfalls fließend zu sein, wenn er anderen Menschen auch im echten Leben mit seinen Show-Sinnsprüchen wie "Verwende kein böses [=obszönes] Wort, wenn Du auch ein gutes Wort verwenden kannst!" begegnet oder alleine zu Hause zu seiner puppenhaft dekorierten Ukulele (a.k.a. "Uku-Larry") greift und Lieder improvisiert mit Texten wie "Was kann ich nur tun?" Daneben besitzt Jeff aber auch schwer zu deutende, sinistre Züge - wenn er etwa seine Ex-Familie vom Nebenhaus aus beobachtet oder vor lauter Wut einen Wasserhahn abreißt. Das steht in beunruhigendem Kontrast zur sonst sehr leisen Art dieser Figur.
Auch ansonsten wechseln sich die Stillagen zwischen Sarkasmus, Schocks, Sitcom-Dialogen, absonderlichen Auftritten (Maddys Physiklehrerin, der als Beispiel für ein Gas zuerst "Zyklon B" einfällt) und tief tragischen Momenten beständig ab: Es ist für die Zuschauer nicht ganz leicht, sich in "Kidding" zu orientieren. Was sich auf lange Sicht auszahlen könnte - oder aber ins emotionale Aus führt. Das wird sich zeigen.
Am stärksten jedenfalls ist die Serie (in der Carreys "In Living Color"-Kolleginnen Kelly Coffield Park und T'Keyah "Crystal" Keymáh willkommene Gastauftritte haben) bislang immer dann, wenn sie Schlaglichter auf "Mr. Pickles Puppet Time" wirft, also entweder das Backstage-Gewusel oder aber Ausschnitte aus dem Programm zeigt - denn hier, wo nicht nur lustige Insekten und zottelige Pferde herumtrotteln, sondern auch deutlich schrägere Puppen, von genderfluiden Weltraum-Ottern über plappernde Käsebaguettes bis zu blasenblubbernden Badematten, ist auch Regisseur Gondry in seinem aus Filmen wie
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei Episoden von "Kidding".
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: Showtime
Der deutsche Pay-TV-Sender Sky zeigt die zehnteilige Auftaktstaffel von "Kidding" ab dem 3. Dezember immer am Montagabend ab 20.15 Uhr in Doppelfolgen bei Sky Atlantic HD. In den USA ist bereits eine zweite Staffel bestellt worden.
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