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TV-Kritik/Review: "Zero Day": Netflix und Robert De Niro warnen vor Gefahren für Freiheit

von Stefan Genrich
(23.02.2025)
Anschlag auf IT-Systeme hat überraschende Folgen
George Mullen (Robert De Niro, M.) und sein Team jagen Verantwortliche vom "Zero Day".
Courtesy of Netflix
TV-Kritik/Review: "Zero Day": Netflix und Robert De Niro warnen vor Gefahren für Freiheit/Courtesy of Netflix

Ein Terroranschlag hat die USA erschüttert - doch keine Waffen oder Drohnen haben mehr als 3400 Menschen in der Miniserie  "Zero Day" sterben lassen. Durch eine sogenannte Cyberattacke hat kurzzeitig die gesamte Informationstechnologie des Landes versagt. Der Ausfall der IT-Systeme hat Chaos mit tödlichen Konsequenzen verursacht: Züge sind ins Verderben gerast, Flugzeuge sind abgestürzt, und Geldgeschäfte sind geplatzt. Präsidentin Evelyn Mitchell (Angela Bassett) ernennt daraufhin Ex-Präsident George Mullen (Robert De Niro) als Chef der eigens zusammengestellten Sonderkommission. Ihr längst ausgeschiedener Amtsvorgänger erhält dadurch viele Sondervollmachten, mit denen er Verdächtige einsammeln und befragen kann. Seine neue Einheit soll rigoros Verantwortliche für das Verbrechen ermitteln. Dabei leiden die in der Verfassung garantierten persönlichen Freiheiten.

All diese Ereignisse vergrößern den Riss in der Gesellschaft. Demonstrantinnen und Demonstranten gehen für die Verteidigung der Bürgerrechte auf die Straße. Andere Leute schreien nach Rache. Offene und verdeckte Medienkampagnen heizen die Stimmung an. In den 50- bis 60-minütigen Episoden von "Zero Day" erinnern die Verschwörungstheorien und Lügen leider an aktuelle Zustände. Abonnenten von Netflix können seit dem 20. Februar die aufregende Handlung mit dem wahren Leben vergleichen.

Sorgen plagen Präsidentin Evelyn Mitchell (Angela Bassett).
Sorgen plagen Präsidentin Evelyn Mitchell (Angela Bassett). Jojo Whilden / Netflix

Katastrophe durch Sicherheitslücke trifft USA

Eine Hand dreht hektisch am Zahlenschloss eines Wandtresors. Draußen rüttelt eine unbekannte Person an der Tür zum Büro des früheren Präsidenten George Mullen, der hektisch in seinen Sachen wühlt. Von außen flackern Lichter durch den halbdunklen Raum. Dem Publikum an den Bildschirmen wird zunächst vorenthalten, was passiert, als die Tür aufgebrochen wird - denn eine Rückblende führt drei Tage in die Vergangenheit.

Als morgens der Wecker klingelt, erwacht George Mullen alleine in seinem Schlafzimmer. Er schluckt seine Tabletten und schwimmt einige Runden durch den Pool im Garten. Nach einem Spaziergang mit Hund genießt der alte Herr sein Frühstück, während ein Agent vom Secret Service die üblichen Unterlagen für einen Ex-Präsidenten vorlegt. Die Zeitung informiert über George Mullens Ehefrau Sheila (Joan Allen): Ehemalige First Lady wartet auf Bestätigung des Berufungsgerichts - offensichtlich plant Sheila Mullen eine eigene Karriere.

Die Autorin und Ghostwritern Anna Sindler (Hannah Gross) besucht das ehemalige Staatsoberhaupt. Als sie auf dem Heimweg telefoniert, bricht die Verbindung ab. Eine Schrift erscheint auf dem Display vom Smartphone: Es wird wieder geschehen! Wegen einer defekten Signalanlage prallt plötzlich ein Güterzug auf das Auto, das sich überschlägt und ausbrennt.

Im Hause von George Mullen sind die Nachrichten zu sehen: CNN-Journalist Wolf Blitzer kommentiert die Szenen einer landesweiten Katastrophe. Solche Einschübe mit echten TV-Moderatoren und Logos der Sender vermitteln das Geschehen, als ob die Krise tatsächlich gerade von Ort zu Ort rollen würde. Darüber hinaus erkennen die Amerikaner typische Schauplätze wie Banken, Friedhöfe und U-Bahn-Stationen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer fühlen sich zu Hause an den Orten, an denen die zerfallende Ordnung zu sehen ist. Diese Nähe wirkt bedrohlich, selbst wenn jede Frau und jeder Mann weiß, dass die mitreißenden Abläufe erfunden sind.

Unbekannte Täter haben die Verkehrskontrollen und andere technische Systeme für 60 Sekunden übernommen. In diesem Augenblick ist zum Beispiel ein U-Bahn-Zug in New York verunglückt, weil die Steuerbefehle nicht stimmen. Verantwortlich für das Unheil ist eine Sicherheitslücke. Die Entwickler bemerken die Schwachstelle zu spät. Somit bleibt ihnen überhaupt keine Zeit, um auf die Eindringlinge zu reagieren - auf Englisch wird diese Zeitspanne als "Zero Day" bezeichnet.

Ex-Präsident George Mullen (Robert De Niro) zieht ins Gefecht.
Ex-Präsident George Mullen (Robert De Niro) zieht ins Gefecht. Jojo Whilden / Netflix

Volkszorn kocht und Gerüchte wuchern

Sogar im russischen Konsulat herrscht Aufregung. Denn niemand hier oder anderswo weiß, ob die Machthaber in Moskau die Notlage verschulden. Diese Unsicherheit scheint Richard Dreyer (Matthew Modine) zu gefallen, zumal der Sprecher des Repräsentantenhauses nicht gut auf Russland zu sprechen ist. Er verlangt von der US-Regierung, angreifende Russen und andere Feinde zu bekämpfen. Der wutschnaubende Spitzenpolitiker rechtfertigt mühelos eine Strafaktion gegen Russland, weil er wie seine Kollegen aus der realen Welt nicht lange fackeln will. Über die Mittel dieser Vergeltungsmaßnahme kann man ja noch diskutieren. Schon wieder wirkt ein Saubermann so vertraut, als ob er unseren echten Alltag mit drastischen Forderungen aufmischen will.

Am nächsten Tag folgt George Mullen seiner üblichen Morgenroutine, bis sein einstiger Assistent Roger Carlson (Jesse Plemons) eine Bitte aus dem Weißen Haus überbringt. Der Ex-Präsident soll zu einer Unfallstelle fahren, wo der Volkszorn unter den Demonstranten kocht und Gerüchte wuchern: Wacht auf! Das ist doch nur ein Versicherungsbetrug, behauptet ein Schreihals. Die Opfer seien in Wahrheit irgendwelche Krisenschauspieler, heißt es außerdem. Ein Extremist beschimpft die Entscheidungsträger in Washington als Scheiß sozialistische Verräter.

Überall ertönt der Ruf nach Rache - an wem auch immer. George Mullen beruhigt die Meute durch besonnene Worte, die mittels TV-Übertragung im Weißen Haus landen. Die beeindruckte Präsidentin empfängt den vormaligen Amtsinhaber im Oval Office und erklärt ihm den neuen Job. Seine Kommission zum "Zero Day" kann sogar freier schalten und walten, als die existierende Homeland Security und der abgeschlossene Patriot Act erlauben.

Später bittet George Mullen um einen Ratschlag von CIA-Direktor Jeremy Lasch (Bill Camp), und er trifft seinen russischen Informanten Natan (Mark Ivanir). Danach bezweifelt der Ex-Präsident erst recht den Vorwurf, dass Hacker die Technik im Auftrag der Russen sabotiert hätten. Seine Tochter und Kongressabgeordnete Alexandra (Lizzy Caplan) bringt die Befürchtung auf, dass die neuartigen Widersacher ihren Daddy abservieren. Sie protestiert dagegen, dass der Ruheständler in den Ring zurückkehren will. Auf Wunsch der Präsidentin soll George Mullen das Gremium zum "Zero Day" kommandieren. Alexandras Mutter Sheila hasst diese Idee: Diese Kommission ist der größte Angriff auf die Bürgerrechte, die jemals jemand gewagt hat. Trotz solcher Bedenken empfiehlt Sheila ihrem Mann, das Ermittlungsteam zu lenken. Auf diese Weise halte wenigstens keine gefährliche Person den Finger am Abzug der Waffe, glaubt Sheila zumindest.

TV-Moderator Evan Green (Dan Stevens) provoziert gerne und hetzt gegen Ex-Präsident George Mullen.
TV-Moderator Evan Green (Dan Stevens) provoziert gerne und hetzt gegen Ex-Präsident George Mullen. Jojo Whilden / Netflix

Ex-Präsident befiehlt Folter trotz moralischer Skrupel

George Mullen könnte bei dieser Aufgabe scheitern, zumal ihn neurologische Störungen sowie Halluzinationen plagen. Niemand darf wissen, welche akustischen Visionen der vermeintlich starke Anführer erlebt. Unermüdlich schreibt er wirre Aufzeichnungen in sein Notizbuch. Robert De Niro erschüttert in den Szenen, in denen er die geistige Verwirrung des früheren Präsidenten darstellt. Ohnehin fesselt der zweifache Oscar-Preisträger mit seiner Bildschirmpräsenz. Er vermittelt eindrucksvoll, wie George Mullen am Tod des Sohnes Nick (Jackson Eick) leidet. Als Robert De Niros Figur dem Erfolgsdruck nachgibt und seine moralischen Grundprinzipien verleugnet, spiegelt sein Gesicht die Widersprüche - doch George Mullen befiehlt die verschärften Verhörmethoden. Als der gefolterte TV-Moderator Evan Green (Dan Stevens) endlich Namen offenbart, zuckt Robert De Niro nicht mal leicht zusammen.

In Gestalt des Kommissionsleiters porträtiert der Schauspieler offene Kälte und unterdrückten Selbstekel. Mit seinen Drohungen quält George Mullen den Hacker Erik Hayes (Colin Donnell): Sein afghanischer Kumpel und Dolmetscher soll abgeschoben werden, sein Vater soll ohne die notwendige Dialyse dahinsiechen, und sein kleiner Sohn soll in einer Pflegefamilie landen.

Weltweit stecken die russische Regierung und ihre Vertreter nach wie vor in der Klemme, weil sie in den USA Bitcoins durch ihre Hacker horten und das Internet generell missbrauchen. Gleichwohl könnten ihre Manipulationen weiterreichen. George Mullen verhindert jegliche Aktion, die in Russland als Bedrohung oder gar als Angriff gelten könnte. Die Spezialeinheit zum "Zero Day" lenkt den Verdacht auf eine linksextreme Gruppierung, zumal deren schlaue IT-Experten gerne das Recht brechen. George Mullens Team untersucht zudem, ob Tech-Milliardärin Monica Kidder (Gaby Hoffmann) das Verbrechen gesteuert hat. Jedenfalls spuckt sie große Töne in den Medien und verteilt Geld über dunkle Kanäle. Ferner hat Robert Lyndon (Clark Gregg) auffällig vom Chaos profitiert, denn er hat vorab die passenden Wertpapiere abgestoßen oder aufgekauft. Mit schmutzigen Tricks und dank politischer Kontaktpflege hat der Investor sein ungeheures Vermögen angehäuft und nebenbei Firmen zugrunde gerichtet. Jetzt will er seine Macht ausbauen.

Kongressabgeordnete Alexandra Mullen (Lizzy Caplan) folgt eigenen Ideen.
Kongressabgeordnete Alexandra Mullen (Lizzy Caplan) folgt eigenen Ideen. Jojo Whilden / Netflix

Angela Bassett, Lizzy Caplan und Matthew Modine ergänzen großartiges Team

Kinostar Robert De Niro ( "Killers of the Flower Moon") war im Fernsehen bislang nur in der Nebenbesetzung oder als Produzent etwa bei  "About a Boy" dabei. Für "Zero Day" ist er erstmalig in eine Hauptrolle auf dem Bildschirm geschlüpft. Daneben tritt er hier als Executive Producer an. Ihn umgeben erfahrene Schauspielerinnen und Schauspieler wie Angela Bassett ( "9-1-1 Notruf L.A.") als US-Präsidentin Evelyn Mitchell. Hervorzuheben ist Lizzy Caplans ( "Masters of Sex") Leistung als widersprüchliche Abgeordnete Alexandra Mullen, die ihren Vater George ständig kritisiert. Als niederträchtiger Spitzenpolitiker Richard Dreyer versteht es Matthew Modine ( "Stranger Things"), den Blutdruck bei seinem Publikum nach oben zu treiben.

Lesli Linka Glatter hat die komplette Miniserie inszeniert. Sie kennt bestens das Genre der Thriller über Politik und Verschwörungen. So hat die amtierende Präsidentin der Directors Guild of America 25 Folgen von  "Homeland" gedreht und bei 72 Episoden von diesem Knüller als Executive Producer mitgemischt. Einsätze etwa für  "The West Wing" haben die Regisseurin ebenso auf "Zero Day" vorbereitet. Bei diesem Projekt nervt ihr niedriges Handlungstempo manche Zuschauerinnen und Zuschauer. Hingegen lieben geduldige Genießer die eindringliche Dramaturgie und die eigenen Rhythmen der Szenen. Hier mögen sich die Geister scheiden. Zumindest könnte die Hochglanzoptik mitsamt der Wechsel von Licht und Schatten sogar scharfe Kritiker faszinieren.

Drehbuch läuft dem wahren Leben hinterher

"Zero Day" kopiert keine Realität, erinnert aber ständig an bekannte Ereignisse und Personen wie Elon Musk. Doch obwohl das Drehbuch aktuell und brisant erscheint, läuft es der tatsächlichen Entwicklung hinterher. Gegenüber heutigen Machtmenschen wie Donald Trump wirken die TV-Bösewichte beinahe harmlos. Den wiedergewählten US-Präsidenten und seinen fiktiven Kollegen verbindet die Erfahrung, nochmal durchzustarten. Aber nur im Fernsehen stellt der Rückkehrer sich selbst infrage und verzweifelt über Konsequenzen seiner Handlungen. Am Ende wartet eine schwere Entscheidung auf George Mullen, denn sein Abschlussbericht könnte unschuldigen und schuldigen Menschen schaden.

Trotz der Sorgen hat der Kommissionsleiter wichtige Erkenntnisse vorzuweisen. Immerhin hat sein Team einzelne Urheber vom Cyberangriff enttarnt. Negativ schlägt zu Buche, dass Zeuginnen und Zeugen ermordet worden sind. George Mullen befürchtet, dass lediglich Marionetten für die Machenschaften zahlen und ihre Strippenzieher abtauchen. Jedenfalls erfahren wir nicht, ob der Ex-Präsident weitermacht oder aufgibt.

In klassischen Serien und Filmen erlischt die Gefahr nach dem Einsatz der Heldin oder des Helden. Allerdings hat schon  "Akte X" die Erkenntnis vermittelt, dass Friede, Freude, Eierkuchen keineswegs ewig halten. Offensichtlich verlieren zahllose Leute ihren Glauben an Fortschritte in der Gesellschaft. Auch die Miniserie zieht keinen Schlussstrich. Wie im wahren Leben verzichten die Amerikaner auf eine Versöhnung. Dieser instabile Zustand erlaubt eine Fortsetzung von "Zero Day", zumal weitere Geheimnisse zu lüften sind.

Leider ist zu befürchten, dass die US-Regierung und die allgemeine Zwietracht zahlreiche Anregungen für die nächste Staffel liefern würden. "Zero Day" spricht Themen an, die Aufmerksamkeit verdienen. Dieses als Miniserie angekündigte Format dosiert Action niedriger als etwa  "The Night Agent". Trotzdem bleibt die TV-Erzählung einer ausufernden Cyberattacke spannend: Sie fesselt mit Tiefe und Originalität. Es bleibt zu hoffen, dass hohe Zugriffszahlen solche Qualität belohnen.

Dieser Text beruht auf der Sichtung aller sechs Folgen von "Zero Day".

Meine Wertung: 4/5

Netflix zeigt die gesamte Miniserie "Zero Day" seit Donnerstag, dem 20. Februar.



 

Über den Autor

Seit 2016 hat Stefan Genrich Websites entwickelt und an einer Hochschule unterrichtet. Vor einer siebenjährigen Pause bei TV Wunschliste würdigte er das weihnachtliche TV-Programm im United Kingdom: Sein Herz schlägt für britisches Fernsehen. Daher verfolgt er jeden Cliffhanger von „Doctor Who“. Der Journalist kritisiert nebenberuflich Serien. Ihn ärgern Mängel bei ARD und ZDF – oder er genießt „Tagesthemen“ sowie „Nord bei Nordwest“. Frühe Begegnungen mit „Disco“ und „Raumschiff Enterprise“ haben Spuren hinterlassen. Später scheiterte Stefan beim Versuch, die Frisur von „MacGyver“ zu kopieren. Wegen „Star Trek: Strange New Worlds“ und „1923“ mag er Paramount+.

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Leserkommentare

  • ICEboy schrieb am 24.02.2025, 11.41 Uhr:
    Eine spannende Serie mit einem "alten" aber phantastischen de Niro! Aufgebaut wie alte Thriller mit einer verschachtelten und tollen Story, genialen Schauspielern etc. Entlich wieder eine Serie mit guter Story und nicht nur "Special-Effects" ohne Geschichte! Dass die Realität noch schlimmer sein wird wie die Serie, konnte man ja beim Drehen noch nicht wissen ;-) Schöne neue und gefährliche Welt!