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TV-Kritik/Review: "Dynasty": Der neue "Denver-Clan" will viel, schafft zu wenig
(26.10.2017)
Fallon Carrington (Elizabeth Gillies) wird von ihrem Vater Blake (Grant Show) nach Atlanta zurückbeordert. Anstatt der erhofften Beförderung im Familienunternehmen Carrington Atlantic wartet auf die Milliarden-Erbin aber unerwünschter Familienzuwachs: Blake hat sich mit seiner Angestellten Cristal Flores (Nathalie Kelley) verlobt, was auch bei seinem Sohn Steven (James Mackay) Überraschung auslöst, wenn auch kein Entsetzen. Schließlich ist Steven daran gewöhnt, dass sein Vater in moralischen Grauzonen operiert. Als ausgerechnet Cristal die heiß ersehnte Beförderung erhält, verbündet sich Fallon mit Blakes Konkurrent Jeff Colby (Sam Adegoke), der ohnehin ein Auge auf sie geworfen hat. Als ihr undurchsichtiger Neffe Sammy Jo (Rafael de la Fuente) auf der Hochzeit auftaucht, könnte Cristal von den Schatten ihrer Vergangenheit eingeholt werden.
Fallon und Steven stehlen hier ganz klar die Show, was vor allem Elizabeth Gillies und James Mackay zu verdanken ist, aber auch der geschickten Neupositionierung der Figuren. Fallon darf ungeniert als stylische Tabu-Brecherin auftreten und erhält als Geschäftsfrau endlich jene Macht, die man im Original bei dieser Rolle stets vermisste. Stevens Stellung als schwarzes Schaf der Carringtons wird nicht länger nur über seine Homosexualität definiert, als "liberaler Gutmensch" trennen ihn von Blake hier eher ideologische Welten. Außerdem geht er an seiner Außenseiter-Position nicht zu Grunde, sondern scheint sie als Beobachter mit geschärftem Auge regelrecht zu genießen.
Besonders gelungen ist auch sein Verhältnis zu Sammy Jo, eine männliche Version von Heather Locklears Original-Rolle, die einst nur eingeführt wurde, um den damaligen Steven (Al Corley) in eine Hetero-Beziehung zu zwängen. Der aktuelle Steven weiß genau, dass Sam seine eigenen Absichten verfolgt, ist aber dennoch absolut fasziniert von ihm. Lasst die Spiele beginnen! Zugleich zeigt sich an Steven und Sammy Jo aber auch das Problem einer Serie, die vieles sein möchte, es letztendlich aber (noch) nicht ist.
"Dynasty" will stylisch sein, doch die neue Carrington-Villa ähnelt bislang allzusehr einer austauschbaren McMansion. Familiäre Wärme und der Mut zu mehr Farbe fehlen. Immerhin lassen die Outfits von Fallon, Sammy Jo und Jeff Colby in der zweiten Episode eine positive Steigerung in dieser Hinsicht erkennen. Für Folge 3 wurde außerdem eine glamouröse 80er-Jahre-Party angekündigt.
"Dynasty" will brandaktuell sein, doch der Vergleich mit superreichen WASP-Familien wie den Trumps wird dem Zuschauer gleich zu Beginn ausformuliert um die Ohren gehauen. Auch Soap-Fans sind smart genug, um solche Vergleiche selbst ziehen zu können. Gleichzeitig wird ein möglicher Hauptkonflikt bislang komplett verschenkt. Was macht es mit einer äußerst privilegierten, weißen Familie, wenn plötzlich zwei Latinos einziehen und den Bunker aufmischen? Stattdessen scheint Cristal bereits in der Luxus-Welt angekommen zu ein, schicke Downtown-Wohnung inklusive. Wenigstens bieten die neureichen und nun afro-amerikanischen Colbys auf diesem Gebiet noch ein paar Reibungspunkte.
Schließlich will "Dynasty" schnell, spritzig und skandalös sein, doch gerade der Pilot ist in dieser Hinsicht äußerst holprig. Die Zahnräder der Handlung greifen nicht flüssig ineinander und das Drehbuch von Sallie Patrick (
Grant Show schrieb als Biker Jake Hanson in
Auch der erste Catfight zwischen Fallon und Cristal gerät direkt zur Enttäuschung - kann er aber eigentlich auch nur. Die Teich-, Feder- und Schlammschlachten zwischen Alexis und Krystle im "Denver-Clan" waren dramaturgisch äußerst geschickt platziert - sie fanden eigentlich immer am Ende einer Storyline statt, nicht am Anfang. Hier entlud sich jene Spannung, die über eine ganze Staffel hinweg aufgebaut worden war. Im neuen Pilot wird der eigentlich köstliche Moment aber lediglich zu einem weiteren Teil der abzuhakenden Checkliste.
Immerhin ist die zweite Episode von "Dynasty" bereits deutlich besser als die erste und der aberwitzige Friedhofs-Moment, in dem eine aufgebrachte Cristal die verdutzte Fallon in ein frisch ausgehobenes Grab stößt, ist ein kleines Soap-Juwel. Bitte mehr davon und mehr Mut zur Abweichung und Unterwanderung! Das neue "Dynasty" muss schleunigst noch stärker auf seine Darsteller und ihre Stärken zugeschnitten werden, wenn es nicht Gefahr laufen will, nach kurzer Zeit wieder vom Bildschirm zu verschwinden - so wie einst das neue
Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten beiden Episoden der Serie "Dynasty".
Ralf Döbele
© Alle Bilder: The CW
Aktuell strahlt der US-Sender The CW die erste Staffel des Remakes "Dynasty" aus. In Österreich und der Schweiz wird die Serie aktuell schon von Netflix in einer deutschen Synchronfassung ausgestrahlt, bis zum Jahresende 2017 soll es auch in Deutschland soweit sein. Netflix führt die Serie im deutschsprachigen Raum übrigens erneut unter dem Titel "Der Denver-Clan" - obwohl die Serie diesmal in Atlanta (Georgia), mehrere tausend Kilometer südöstlich von Denver (Colorado) angesiedelt ist...
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