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Das mit Country-Stars besetzte Drama zelebriert den klassischen Reisewestern
Eheleute vor und hinter der Kamera: Faith Hill und Tim McGraw als Margaret und James Dutton.
Paramount+
TV-Kritik/Review: "1883": "Yellowstone"-Spin-Off mit Planwagen, Flinte und Tom Hanks/Paramount+

Im Prequel zur in den USA irre erfolgreichen Westernserie  "Yellowstone" geht es drei Generationen zurück in der Familie des von Kevin Costner gespielten Ranchbesitzers John Dutton:  "1883" schildert, wie sich James Dutton, Johns Urgroßvater, im titelgebenden Jahr von Texas aus auf eine gefährliche Reise begab, um im Norden sein Glück zu finden. "Yellowstone"-Macher Taylor Sheridan drosselt dabei den Seifenoper-Anteil zugunsten eines traditionellen Reisewesterns.

Als "Yellowstone" 2018 startete, fielen die Reaktionen bei der Kritik nicht eben berauschend aus. Beim Publikum aber fand die Serie riesigen Anklang. Die mit beeindruckenden Landschaftsbildern aufwartende Mixtur aus Familien-Soap, Businessdrama und klassischem Western bescherte dem ausstrahlenden Kabelsender Paramount Network Top-Quoten. Spätestens nach der just zu Ende gegangenen vierten Staffel muss konstatiert werden, dass Kevin Costner, der im Januar 67 Jahre alt werdende Star der Show, seit Dekaden quasi im Alleingang für das Fortleben des längst randständigen Westerngenres verantwortlich ist. Nach seinen zwei Oscars für  "Der mit dem Wolf tanzt" und dem Emmy für  "Hatfields & McCoys" ist "Yellowstone" längst sein größter Hit.

Geschrieben wurde "Yellowstone" von Taylor Sheridan, der mit Drehbüchern zu harten, aber verflucht guten Thrillern berühmt wurde ( "Sicario",  "Wind River") und sich danach mit "Yellowstone" im Qualitätsseriensektor etablierte. Seine im November gestartete Thrillerserie  "Mayor of Kingstown" kam allerdings deutlich weniger gut an. Das Blatt könnte sich mit dem "Yellowstone"-Spin-Off "1883", im Dezember gestartet beim Streamingdienst Paramount+, nun allerdings wieder wenden. Da die Handlung dieses Prequels drei Generationen vor den in der heutigen Zeit spielenden Geschehnissen der Mutterserie angesiedelt ist, sind Gastauftritte des bewährten Casts um Costner ausgeschlossen, auch geht es nicht etwa um frühere Auseinandersetzungen der Duttons rund um ihre riesige Ranch von Montana, sondern um eine echte Origin Story, erzählt als Reisegeschichte: Wie die Duttons dorthin kamen, wo sie jetzt sind.

Im Mittelpunkt steht John Duttons Urgroßvater James, gespielt von Country-Sänger Tim McGraw, der neber der Musik auch ab und an als Schauspieler tätig ist ( "Blind Side",  "Flicka"). Er wird im texanischen Fort Worth von zwei Haudegen aufgegabelt: Sam Elliott, des US-Kinos liebster Schnauzbart ( "A Star Is Born",  "Road House"), und LaMonica Garrett ( "Designated Survivor") spielen die beiden Veteranen Shea und Thomas, die sich im Amerikanischen Bürgerkrieg einst als Captain und Soldat des "Buffalo Soldier"-Regiments der Nordstaatenarmee kennenlernten. Jetzt sollen sie in einer Art Bodyguard-Job für die Pinkerton-Agentur eine größere Gruppe deutscher Einwanderer von Texas aus nach Oregon begleiten, ein Himmelfahrtskommando natürlich, vor allem, weil den sowohl pferde- wie auch waffenlosen Migranten jede Ahnung von der Gefährlichkeit der Reise fehlt. Wer einmal das frühe Computerspiel "The Oregon Trail" gespielt hat (oder über grundlegende historische Kenntnisse über den "Wilden Westen" verfügt), weiß, was blühen wird: Krankheiten, Überfälle, Unfälle, Nahrungsmangel, permanente Unsicherheit.

Erfahren, grimmig, traumatisiert: die Reiseleiter Shea (Sam Elliott) und Thomas (LaMonica Garrett, r.).
Erfahren, grimmig, traumatisiert: die Reiseleiter Shea (Sam Elliott) und Thomas (LaMonica Garrett, r.). Paramount+

Weil sie Verstärkung auf diesem Planwagen-Treck also gut gebrauchen können, kommt Shea und Brennan ein Mann wie James Dutton gerade recht: Er imponiert sie, weil er sich Banditen wie Taschendieben versiert erwehrt. Doch James Dutton ist nicht allein. Per Eisenbahn reisen ihm seine Frau Margaret (Faith Hill, ebenfalls Country-Star und auch im echten Leben McGraws Ehefrau) mit Teenie-Tochter Elsa (Isabel May, der Netflix-Sitcom  "Alexa und Katie" entwachsen) und Söhnchen John (Audie Rick) nach Fort Worth hinterher, außerdem noch seine verwitwete Schwester samt Tochter. Zusammen wollen sie sich im Norden ein neues Leben aufbauen. Interessant: Der Treck zieht gen Oregon, während die Dutton-Ranch in "Yellowstone" in Montana liegt. Wie es zu dieser Richtungsänderung kommt, könnte Stoff möglicher Folgestaffeln werden.

Wie schon in der Mutterserie hat Sheridan, der von manchen dem eher konservativen Spektrum der US-Entertainmentbranche zugerechnet wird, hier keinen revisionistischen Western im Sinn, also die Spielart des Genres, in der klassische Motive oder Mythen hinterfragt bzw. auf den Kopf gestellt werden. Bei Sheridan geht es dagegen ganz um die Unverbrüchlichkeit von Familie, um Ehre und Dinge, die ein Mann tun muss, weil ein Mann sie nun mal tun muss - ganz im Sinne des klassischen Western. Inwiefern es eine Rolle spielen wird, dass Shea und Thomas einst der Nordstaatenarmee angehörten, James aber für die konföderierten Südstaaten kämpfte, bleibt abzuwarten.

Vorgestrig ist "1883" aber natürlich nicht geraten. Erzählt wird die Serie aus der Perspektive der 17-jährigen Elsa, deren charismatische Darstellerin (für Isabel May dürfte dies der Durchbruch sein) das euphorisierende Aufbruchsgefühl glaubhaft machen kann, das es für eine Jugendliche im späten 19. Jahrhundert bedeutet haben muss, ein derartiges "Abenteuer" durch ungesichertes Terrain mitzuerleben. Vater und Mutter sind sich noch uneins über den Grad an Freiheit, der der Tochter zugestanden werden soll, doch James ist von Elsas Selbstständigkeit überzeugt: Er lässt sie immer wieder an seiner Seite auf einem Pferd reiten. Aus dem grausigen Prolog der Pilotfolge, einer spannungsfördernden Vorausblende (mit einer fragwürdigen Darstellung von Native Americans, die hier herumspringen, als habe man Statisten der Karl-May-Spiele Bad Segeberg durchs Bild geschickt), weiß man, dass Elsa zu einem späteren Zeitpunkt des Plots auch mit der Waffe wird umgehen können.

Um sie herum bricht die Hölle los: Elsa Dutton (Isabel May).
Um sie herum bricht die Hölle los: Elsa Dutton (Isabel May). Paramount+

May spielt das so großartig, dass man Sheridan sogar die ziemlich blümerante Tagebuchprosa verzeiht, die er ihr als Erzählerinnen-Voiceover in den Mund legt - eindeutig ein Schwachpunkt der Serie. Auch Faith Hill spielt Margaret als starke Frau, die, genau wie Elsa, möglicherweise eine Spur zu modern wirkt für den Ort und die Zeit der Handlung - aber, nun ja, wer weiß das schon so genau, wir waren ja nicht dabei. Erkennbar aber ist, wie zuvor etwa schon in  "Godless", das Bemühen der Macher, dem männerdominierten Genre Western mit einer deutlichen Aufwertung weiblicher Figuren entgegenzutreten.

Noch nicht so richtig in Szene setzen können sich in den ersten Episoden die anderen Mitreisenden, etwa die beiden Cowboys Wade (James Landry Hébert aus  "Taken") und Ennis (Eric Nelsen), mit dem Elsa alsbald zu flirten anfängt, oder Josef (Marc Rissmann), der überforderte Übersetzer der deutschen Einwanderer. Das Bild bestimmen neben dem Mutter-und-Tochter-Gespann vor allem Tim McGraw und Sam Elliott, dessen Figur von Beginn an eine große Tragik eingeschrieben ist: In seiner ersten Szene sieht man Shea, wie er Frau und Tochter, beide an Pocken gestorben, ins Ehebett legt und dann sein Haus anzündet. Von seinem Suizidvorhaben wird er nur durch den den neuen Job abgehalten: Die Reise mit Thomas soll für Shea der letzte Trip an die frontier werden, ehe vom Wilden Westen sowieso nichts mehr übrig ist.

Nachdem in der von Sheridan selbst inszenierten Pilotepisode vor allem die künftige Reisegemeinschaft zusammengestellt wird (und Pockeninfizierte rüde aussortiert werden), beginnt in der zweiten Folge (Regie: Ben Richardson) der eigentliche Trip, der aber schon bald brutal gestoppt wird. Während sich James, Shea und Thomas um frei laufende Rinder kümmern, wird der am Trinity River rastende Rest der Reisegruppe von räudigen Halunken attackiert - ein Massaker geht los, an dessen Ende es die ersten Opfer im Serienpersonal zu beklagen und, als Shea und Co. den Verantwortlichen nach Fort Worth hinterherjagen, den Auftritt eines prominenten Darstellers zu bewundern gibt: Billy Bob Thornton ( "Fargo",  "Goliath") macht als Marshal Jim Courtright kurzen Prozess mit den Schändern und aus seiner Szene eine echte Schau. Courtright ist als brettharter Marshal von Fort Worth historisch verbürgt. Wie Thornton, der im Main Cast der Serie geführt wird, aber weiterhin Teil der Episoden sein soll, wenn sich die Reise immer mehr nach Norden verlagert, ist momentan noch eine offene Frage.

Nach der Schlacht: Südstaatler James und Nordstaatengeneral Meade (Tom Hanks), gleichermaßen erschöpft.
Nach der Schlacht: Südstaatler James und Nordstaatengeneral Meade (Tom Hanks), gleichermaßen erschöpft. Paramount+

Noch ein Gastauftritt, ein sehr kurzer allerdings: In einem Flashback ins Jahr 1862 sieht man den halbtoten James inmitten zahlreicher Toter auf dem Schlachtfeld am Antietam zu sich kommen, am Ende einer Bürgerkriegsschlacht, die die Konföderierten krachend verloren. Getröstet wird er ausgerechnet vom Feind, vom unendlich müden Nordstaatengeneral George G. Meade, als der sich ein hinter Vollbart und wenig Worten kaum erkennbarer Tom Hanks die Ehre gibt. Ob "1883" noch mehr solcher Star-Cameos in petto hat, werden wir sehen, erkennbar aber ist, dass Sheridan die Traumata, die seine Protagonisten im zur Spielzeit 17 Jahre zurückliegenden Bürgerkrieg erleben mussten, nach und nach preisgeben wird.

"Yellowstone" muss man übrigens nicht kennen, um sich in diesen klassischen Reisewestern fallenlassen zu können. Und wer mit der Mutterserie vertraut ist, vergisst relativ schnell, dass "1883" damit überhaupt zu tun hat - es sei denn, man macht sich einen Spaß daraus, sich vorzustellen, wie der kleine John dereinst der Opa von Kevin Costner sein wird. "1883" ist ein momentweise durchaus hart inszenierter, den Abenteueraspekt des Themas klar in den Mittelpunkt stellender Western, der das Genre alles andere als neu erfindet, auf den ersten Metern aber durchaus verspricht, Western-Fans zufriedenstellen zu können. Optisch machen die Panorama-Bilder aus der texanischen Kargheit viel her, auch das steht ganz in der Tradition klassischer Genrevertreter. Ob die entworfenen Figuren auf Strecke interessant genug bleiben, um auch Nicht-Westernfans bei der Stange zu halten, ist dagegen noch schwer abzusehen. Wer bei "Yellowstone" vor allem wegen der  "Dallas"-ähnlichen Intrigen einschaltet, dürfte sich bei "1883" jedenfalls womöglich etwas fremd vorkommen.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden der Serie "1883".

Meine Wertung: 3.5/5

Die Serie "1883" wird seit dem 19. Dezember in den USA auf dem Streaming-Dienst Paramount+ veröffentlicht. Details zu einer Deutschlandpremiere wurden noch nicht veröffentlicht. Es steht anzunehmen, dass die Serie nach dem für den Jahresverlauf 2022 angekündigten Deutschland-Launch von Paramount+ dort veröffentlicht wird.


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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Leserkommentare

  • User 1816014 schrieb am 25.02.2024, 12.28 Uhr:
    ich fand die Serie absolut genial, hinreißend und heftig
  • User 65112 schrieb am 06.02.2023, 16.39 Uhr:
    Harter Western, wirklich gut erzählt!