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TV-Kritik/Review: Witches of East End
(24.04.2014)
Warzennase und Runzelhaut? Von wegen! Dass Hexen nicht unbedingt dem Klischee hässlicher alter Vetteln entsprechen müssen, hat John Updike schon in den Achtzigern bewiesen: In seinem Roman "Die Hexen von Eastwick" ging es nicht um krächzende Besenreiterinnen, sondern um glamouröse Vorstadtladies. In der Kinoverfilmung von 1987 gaben Michelle Pfeiffer, Susan Sarandon und Cher die zauberkundigen
Womöglich hatte Friedman nach dem ungeplanten Aus noch einen größeren Vorrat an Hexen-Stories in petto; sie scheint jedenfalls die logische Wahl gewesen zu sein, als es nun darum ging, einen weiteren populären Glamour-Hexenstoff ins serielle Format zu bringen - diesmal nicht für ABC, sondern für den Frauen-Kanal Lifetime.
Da hier senderbedingt nicht ausschließlich Teen- und Twen-Frauen im Mittelpunkt stehen, kommt es zu einem erfreulichen Wiedersehen mit Darstellerinnen, deren bekannteste Rollen schon eine Weile zurückliegen. Das Rollenspektrum für Frauen jenseits der Vierzig ist in Hollywood bekanntlich immer noch sehr schmal. Julia Ormond zum Beispiel war in den 1990ern ein Star, sie spielte "Fräulein Smilla" und neben Brad Pitt in "Legenden der Leidenschaft". Inzwischen ist sie knapp 50 und im Kino selten zu sehen - umso schöner, sie jetzt (nach tollen Auftritten als Megans Mutter in
Ingrid (Rachel Boston), die Ältere, arbeitet in der örtlichen Bibliothek und gilt als Expertin für Zaubersprüche und obskure Runen. Allerdings bezeichnet sie sich als "rationale Skeptikerin". Ihre jüngere Schwester Freya (Jenna Dewan-Tatum) arbeitet zwar nur als Barkeeperin in der lokalen Kneipe, feiert in der Pilotepisode aber trotzdem ihre Verlobung mit dem reichen, attraktiven Arzt Dash (Eric Winter). Hinzu kommt eine Figur, die es in de la Cruz' Roman so nicht gibt: Tante Wendy, Joannas zum Chaos neigende Schwester, gespielt vom mittlerweile 43-jährigen
"Witches of East End" begeht nicht den Kardinalfehler vieler anderer übernatürlich grundierter Soaps der letzten Zeit: sich allzu ernst nehmen zu wollen. Anders als etwa im bierernsten Vampir-/Werwolf-/Hexengedöns von
Trotzdem ist hier längst nicht alles im Lot. Schon das Schauspiel und mit ihm die Figurenlebendigkeit befindet sich in einer Schieflage: Während es ein Vergnügen ist, Ormond, Amick und Boston zuzusehen, die ihre Rollen als Verantwortungsvolle, Flippige und Naive auf den Punkt bringen, hat Dewan-Tatum als Freya bislang kaum mehr zu tun als verführerisch den Mund offenstehen zu lassen und zwischendurch die Scream Queen zu geben. Fürchterlich sind die Männer: Winter (682 Episoden
Viel Ex-Power also in dieser mitteltemperiert daherkommenden Fantasy-Soap, die sich klar an weibliche Zielgruppen richtet und dem Mädelsbündlerischen mehr Gewicht zuweist als allen Thrill-Aspekten. Die Plot-Entwicklung gestaltet sich entsprechend gemächlich. Schon am Ende der Pilotepisode haben Ingrid und Freya erfahren, dass sie einem Hexengeschlecht entstammen, doch das Drehbuch vertändelt sich in einem Exkurs zu einem Lover Freyas, der jahrzehntelang in einem Wüstengemälde gefangen war und jetzt - rotgesichtig, weil sonnenverbrannt - Rache nehmen will. Das ist purer Trash - und furchtbar öde. In Schwung kommt die Erzählung immer dann, wenn die freigeistige Wendy auftritt. In Episode drei beginnt sie, den Nichten Unterricht in Telekinese und Wetterkontrolle zu geben. Das mündet prompt in eine "Carrie"-Hommage, wenn Freya ihre Mutter mit einem per Gedankenkraft durch die Luft geschleuderten Küchenmesser rettet. Trotzdem: Auf welchen Wegen sich "Witches of East End" in Zukunft narrativ aufhalten wird, ist noch nicht ganz ersichtlich.
Die ersten Folgen werden kurioserweise allesamt von männlichen, 50- bis 70-jährigen Regieveteranen inszeniert: Mark Waters ("Girls Club"), Jonathan Kaplan ("Angeklagt") und Allan Arkush ("Rock'n'Roll High School") machen ihre Sache routiniert, allerdings können sie das wenig üppige Budget nicht verhehlen, das sich vor allem in den dürftigen Spezialeffekten bemerkbar macht. Wenn sich der Formwandler als Joanna in den Hexenmodus begibt, leuchten die Augen katzengrün und Ormonds Gesicht verzieht sich reptilienhaft, dazu gibt es lateinisches Gemurmel auf der Tonspur: naja. Daneben regiert ein penetranter Hang zur floral-orgasmischen Symbolik. Wenn Freya Killian küsst, gehen die Rosen in Flammen auf und explodieren die Vasen, andernorts knospt's und blüht's oder fällt das Laubwerk welk vom Baume. Sex gibt es hingegen nur züchtig unter der Bettdecke, oder es wird verschämt darüber gegiggelt, jemand habe es "viermal hintereinander" getrieben. In solchen Momenten bleibt zu hoffen, dass Lifetime die darin demonstrierte Biederkeit nicht beim eigenen Publikum vermutet.
Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten drei Folgen von "Witches of East End".
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: Lifetime
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