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TV-Kritik/Review: Witches of East End

TV-Kritik zur Sixx-Hexenfamilie - von Gian-Philip Andreas
(24.04.2014)

Die Hexenfamilie Beauchamp: Joanna (Julia Ormond, m.) mit ihren Töchtern Ingrid und Freya sowie Schwester Wendy.
Die Hexenfamilie Beauchamp: Joanna (Julia Ormond, m.) mit ihren Töchtern Ingrid und Freya sowie Schwester Wendy.


Warzennase und Runzelhaut? Von wegen! Dass Hexen nicht unbedingt dem Klischee hässlicher alter Vetteln entsprechen müssen, hat John Updike schon in den Achtzigern bewiesen: In seinem Roman "Die Hexen von Eastwick" ging es nicht um krächzende Besenreiterinnen, sondern um glamouröse Vorstadtladies. In der Kinoverfilmung von 1987 gaben Michelle Pfeiffer, Susan Sarandon und Cher die zauberkundigen  "Desperate Housewives"-Vorläuferinnen. 2009 ging der Stoff sogar in  in Serie, doch bei ABC kam er über eine einzige Staffel nicht hinaus. Produzentin Maggie Friedman, die  "Eastwick" damals entwickelt hatte, war darüber nicht glücklich.

Womöglich hatte Friedman nach dem ungeplanten Aus noch einen größeren Vorrat an Hexen-Stories in petto; sie scheint jedenfalls die logische Wahl gewesen zu sein, als es nun darum ging, einen weiteren populären Glamour-Hexenstoff ins serielle Format zu bringen - diesmal nicht für ABC, sondern für den Frauen-Kanal Lifetime.  "Witches of East End" (der Name spielt natürlich auf Updikes Hexen an) basiert auf einem Roman der Young-Adult-Autorin Melissa de la Cruz. Auch darin geht es um Hexen, die mit ihren wellig gelockten Glanzlack-Mähnen den Warzenweibern aus den Märchenbüchern ganz und gar nicht ähnlich sehen und eher als Vorbilder für Fernsehzuschauerinnen verschiedener Altersstufen taugen können. De la Cruz hat damit sogar eine ganze "Beauchamp Family"-Reihe begründet: Maggie Friedman hätte also genug Stoff für deutlich mehr als eine Staffel Hexerei.

Da hier senderbedingt nicht ausschließlich Teen- und Twen-Frauen im Mittelpunkt stehen, kommt es zu einem erfreulichen Wiedersehen mit Darstellerinnen, deren bekannteste Rollen schon eine Weile zurückliegen. Das Rollenspektrum für Frauen jenseits der Vierzig ist in Hollywood bekanntlich immer noch sehr schmal. Julia Ormond zum Beispiel war in den 1990ern ein Star, sie spielte "Fräulein Smilla" und neben Brad Pitt in "Legenden der Leidenschaft". Inzwischen ist sie knapp 50 und im Kino selten zu sehen - umso schöner, sie jetzt (nach tollen Auftritten als Megans Mutter in  "Mad Men") in einer Serienhauptrolle erleben zu können: Ormond nämlich spielt Joanna Beauchamp, Kunstlehrerin im fiktiven Ostküstenstädtchen East End und nebenbei Hexe. Joanna ist unsterblich, aber dazu verdammt, ihre Töchter Ingrid und Wendy immer wieder jung sterben zu sehen und dann neu zu gebären. Aus diesem Grund hat sie sich im aktuellen Zyklus dazu entschieden, ihre Töchter nicht über deren Hexenherkunft aufzuklären - in der Hoffnung, dass sie so die Finger von der gefährlichen Zauberei lassen.

Ingrid (Rachel Boston), die Ältere, arbeitet in der örtlichen Bibliothek und gilt als Expertin für Zaubersprüche und obskure Runen. Allerdings bezeichnet sie sich als "rationale Skeptikerin". Ihre jüngere Schwester Freya (Jenna Dewan-Tatum) arbeitet zwar nur als Barkeeperin in der lokalen Kneipe, feiert in der Pilotepisode aber trotzdem ihre Verlobung mit dem reichen, attraktiven Arzt Dash (Eric Winter). Hinzu kommt eine Figur, die es in de la Cruz' Roman so nicht gibt: Tante Wendy, Joannas zum Chaos neigende Schwester, gespielt vom mittlerweile 43-jährigen  "Twin Peaks"-Star Mädchen Amick. Die legendär Grünäugige tritt passenderweise zuerst als schwarzes Kätzchen auf: In diese Gestalt wird sie nach ihrem Ableben stets zurückverwandelt - neunmal zumindest. Nach Jahrhunderten der Funkstille kehrt sie zu ihrer Schwester zurück, um diese zu warnen, denn Joannas Leben wird von einem Unbekannten bedroht. Während noch überlegt wird, wer von den vielen Feinden, die sich Joanna im Lauf der Jahrtausende gemacht hat, sich wohl rächen wollen könnte, hat die frisch verlobte Freya erotische Träume von einem Fremden. Der taucht dann auch prompt auf - es ist Dashs jüngerer Bruder Killian (Daniel DiTomasso), ein Outsider in Lederjacke, der auf einem Hausboot lebt und, wie bald zu erfahren ist, dem soliden Arztbruder schon einmal die Verlobte ausgespannt hatte. Kriegt er auch Freya rum? Inzwischen ist ein alter Mann umgebracht worden, und dessen Frau bezichtigt Joanna der Tat. Doch wir Zuschauer wissen: Ein Formwandler hat Joannas Gestalt angenommen. Wer steckt dahinter?

Typisches Mysteryserien-Problem: Freya (Jenna Dewan-Tatum) hat die Wahl zwischen zwei Brüdern.
Typisches Mysteryserien-Problem: Freya (Jenna Dewan-Tatum) hat die Wahl zwischen zwei Brüdern.

"Witches of East End" begeht nicht den Kardinalfehler vieler anderer übernatürlich grundierter Soaps der letzten Zeit: sich allzu ernst nehmen zu wollen. Anders als etwa im bierernsten Vampir-/Werwolf-/Hexengedöns von  "The Originals" schwingt hier stets die Comedy-Komponente mit, und zumindest im Spiel der Hauptdarstellerinnen scheint durch, dass es eigentlich ein ganz großer Quatsch ist, um den es da geht. Da weht ein leiser Retro-Hauch von  "Verliebt in eine Hexe" durch die Szenen, und natürlich die Selbstironie der Updikeschen "Eastwick"-Vorbilder.

Trotzdem ist hier längst nicht alles im Lot. Schon das Schauspiel und mit ihm die Figurenlebendigkeit befindet sich in einer Schieflage: Während es ein Vergnügen ist, Ormond, Amick und Boston zuzusehen, die ihre Rollen als Verantwortungsvolle, Flippige und Naive auf den Punkt bringen, hat Dewan-Tatum als Freya bislang kaum mehr zu tun als verführerisch den Mund offenstehen zu lassen und zwischendurch die Scream Queen zu geben. Fürchterlich sind die Männer: Winter (682 Episoden  "Zeit der Sehnsucht") und das kanadische L'Oréal-Model DiTomasso müssen als Mr. Soft und Mr. Geheimnisvoll eine undankbare Neuauflage des ewigen "Rivalisierende-Brüder"-Topos ausagieren: Gerade in dieser Konstellation kommt "Witches of East End" den Genre-Vorgängern ? la  "Vampire Diaries",  "True Blood" oder "Twilight" am nächsten, allerdings werden diese Erfolgsserien in dieser Hinsicht wacker unterboten. Auch die Nebenfiguren erweisen sich bislang als eher lieblos entworfen: Der Cop, der für den Krimi-Aspekt sorgt und Gefühle für Ingrid entwickelt, der tuntige Bibliothekskollege oder der prahlerische Anwalt - sie alle sind Abziehbilder. Immerhin taucht in der Pilotepisode noch ein weiterer, inzwischen vom Kino vernachlässigter Star auf: Die mittlerweile 52-jährige Virginia Madsen ("Sideways") spielt die Mutter von Dash und Killian als jovial-suspekte Südstaaten-Matrone. In weiteren Folgen werden auch Ex-Teenie-Star Freddie Prinze jr. und Ex- "Max Headroom" Matt Frewer dabei sein.

Viel Ex-Power also in dieser mitteltemperiert daherkommenden Fantasy-Soap, die sich klar an weibliche Zielgruppen richtet und dem Mädelsbündlerischen mehr Gewicht zuweist als allen Thrill-Aspekten. Die Plot-Entwicklung gestaltet sich entsprechend gemächlich. Schon am Ende der Pilotepisode haben Ingrid und Freya erfahren, dass sie einem Hexengeschlecht entstammen, doch das Drehbuch vertändelt sich in einem Exkurs zu einem Lover Freyas, der jahrzehntelang in einem Wüstengemälde gefangen war und jetzt - rotgesichtig, weil sonnenverbrannt - Rache nehmen will. Das ist purer Trash - und furchtbar öde. In Schwung kommt die Erzählung immer dann, wenn die freigeistige Wendy auftritt. In Episode drei beginnt sie, den Nichten Unterricht in Telekinese und Wetterkontrolle zu geben. Das mündet prompt in eine "Carrie"-Hommage, wenn Freya ihre Mutter mit einem per Gedankenkraft durch die Luft geschleuderten Küchenmesser rettet. Trotzdem: Auf welchen Wegen sich "Witches of East End" in Zukunft narrativ aufhalten wird, ist noch nicht ganz ersichtlich.

Die ersten Folgen werden kurioserweise allesamt von männlichen, 50- bis 70-jährigen Regieveteranen inszeniert: Mark Waters ("Girls Club"), Jonathan Kaplan ("Angeklagt") und Allan Arkush ("Rock'n'Roll High School") machen ihre Sache routiniert, allerdings können sie das wenig üppige Budget nicht verhehlen, das sich vor allem in den dürftigen Spezialeffekten bemerkbar macht. Wenn sich der Formwandler als Joanna in den Hexenmodus begibt, leuchten die Augen katzengrün und Ormonds Gesicht verzieht sich reptilienhaft, dazu gibt es lateinisches Gemurmel auf der Tonspur: naja. Daneben regiert ein penetranter Hang zur floral-orgasmischen Symbolik. Wenn Freya Killian küsst, gehen die Rosen in Flammen auf und explodieren die Vasen, andernorts knospt's und blüht's oder fällt das Laubwerk welk vom Baume. Sex gibt es hingegen nur züchtig unter der Bettdecke, oder es wird verschämt darüber gegiggelt, jemand habe es "viermal hintereinander" getrieben. In solchen Momenten bleibt zu hoffen, dass Lifetime die darin demonstrierte Biederkeit nicht beim eigenen Publikum vermutet.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten drei Folgen von "Witches of East End".

Meine Wertung: 2.5/5


Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: Lifetime


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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