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TV-Kritik/Review: "Die verlorene Tochter": Aufguss altbekannten Stoffs lässt neue Geschmacksnoten vermissen

von Gregor Löcher
(27.01.2020/ursprünglich erschienen am 20.01.2020)
Erneut geht in ZDF-Miniserie in der Provinz ein Mädchen verloren
"Die verlorene Tochter": Isa (Henriette Confurius)
ZDF und Alexander Fischerkoesen
TV-Kritik/Review: "Die verlorene Tochter": Aufguss altbekannten Stoffs lässt neue Geschmacksnoten vermissen/ZDF und Alexander Fischerkoesen

Ab dem 27. Januar zeigt das ZDF an drei Abenden insgesamt sechs Teile seiner Miniserie  "Die verlorene Tochter" - in der Mediathek ist die komplette Serie bereits abrufbar. Schauplatz ist eine deutsche Kleinstadt, in der ein Teenager-Mädchen spurlos verschwindet und Familie wie Freunde ratlos zurücklässt. Was anfangs wie eine Variation zahlloser ähnlich angelegter Fernseherzählungen klingt, hat auf den zweiten Blick einen interessanten Kniff: Isa, die Verlorene, kehrt zehn Jahre später zurück - kann jedoch den Verbliebenen keine Antworten auf deren Fragen geben. Denn sie hat ihr Gedächtnis verloren - und ist deshalb gezwungen, Stück für Stück die Teile des Puzzles zusammenzusetzen, das seinen Ursprung in der Nacht des Schulfestes zu haben scheint, in der Isa verschwand.

Die Auftaktfolge beginnt mit mit den zehn Jahre zurückliegenden Feierlichkeiten in der deutschen Kleinstadt Lotheim. Unter der oberflächlichen Unbekümmertheit der feiernden Teenager lauert eine Schwere, die alle Protagonisten zu umfassen und zu verbinden scheint. Zentrum der Geschehnisse ist das Mädchen Isa von Gems (Henriette Confurius,  "Tannbach - Schicksal eines Dorfes"), die beim Verlassen des Fests unfreiwillig Zeugin der Affäre ihrer Mutter Sigrid (Claudia Michelsen,  "Ku'damm"-Trilogie) mit dem Ortspolizisten Peter Wolff (Götz Schubert,  "KDD") wird. Viele weitere Charaktere werden angerissen, blitzen aber größtenteils nur kurz im Dunkel der Nacht auf. Zu Beginn jeder weiteren Folge des Sechsteilers kehrt die Handlung zu jener Nacht zurück, um zusätzliche Aspekte der Geschehnisse offen zu legen und die Fäden zwischen den einzelnen Personen zu entwirren.

Isa (Henriette Confurius) kehrt - zunächst incognito - in ihre Heimatstadt zurück.
Isa (Henriette Confurius) kehrt - zunächst incognito - in ihre Heimatstadt zurück. ZDF und Alexander Fischerkoesen

Im Gegensatz zu zahlreichen weiteren ähnlich angelegten Vertretern des Genres müht sich "Die verlorene Tochter" aber nicht daran ab, die Suche nach dem verschwundenen Mädchen zu begleiten, und den Zuschauer die verschiedenen Phasen des Umgangs der Familie mit dem Verlust durchleben zu lassen. Stattdessen folgt nach der Auftaktszene eine Überblende zur Jetzt-Zeit, zehn Jahre später. Jeder scheint seinen eigenen Weg gefunden zu haben, das Unerklärte und Unerklärliche zu verarbeiten. Namentlich Wolff ist dies mehr schlecht als recht gelungen. Weil es ihm als zuständigem Polizist nicht glückte, den Fall Isa aufzuklären, betäubte er sich zusehends mit Alkohol, verlor seinen Job und seine Familie, und arbeitet nun als Wachmann in der Brauerei von Isas Familie, um sich über Wasser zu halten. Daher wirkt es denn auch wie ein verzweifelter Griff nach einem Strohhalm, als er behauptet, in einem Auto vor der Brauerei Isa wiedererkannt zu haben. Allzu offensichtlich klammert er sich an die Vorstellung, dass er sein aus dem Ruder gelaufenes Leben wieder in den Griff bekommen kann, wenn es ihm nur gelingt, doch noch Licht ins Dunkel zu bringen.

Damit stößt er aber auf überraschend wenig Gegenliebe. Denn so sehr Isa vor ihrem Verschwinden von ihrem Umfeld scheinbar geschätzt wurde, so unbequem scheint ihre jetzige Rückkehr für die Zurückgelassenen. Ihre damalige beste Freundin Jenny (Nina Gummich) beispielsweise ist nun mit Isas ehemaligem Freund Robert Wolff (Max von der Groeben) verheiratet, der eigentlich mit Isa der deutschen Provinz den Rücken kehren wollte. Isas Bruder Philip (Rick Okon,  "Das Boot") plant, angestachelt von seiner Frau Veronica (mit schrecklichem English-German: Emily Cox,  "jerks."), die Brauerei an einen Investor zu verschachern - was aber nicht gelingen kann, sollte Isa ihre Ansprüche geltend machen. Isas Mutter Sigrid plagen - wie auch Wolff - seit jener schicksalhaften Nacht Gewissensbisse, weil sie sich wegen der außerehelichen Affäre die Schuld an Isas Verschwinden gibt. Nun befürchtet sie, dass die zurückgekehrte Isa die erfolgreich verheimlichte Liebelei doch noch ausplaudern könnte. Am vehementesten verwehrt sich jedoch Familienpatriarch Heinrich (Christian Berkel) der Möglichkeit einer Rückkehr seiner Tochter. Zu sehr hat er sich bemüht, seine Tochter als tot zu betrachten und damit abzuschließen, um nach vorne blicken zu können. Deswegen feuert er Wolff, als dieser darauf beharrt, dass Isa zurückgekehrt ist.

Gescheiterte Existenz: Wolff (Götz Schubert) konnte Isas Verschwinden nicht aufklären.
Gescheiterte Existenz: Wolff (Götz Schubert) konnte Isas Verschwinden nicht aufklären. ZDF und Alexander Fischerkoesen

Erst als im Feuer, das Wolffs alte Unterlagen zum Fall Isa vernichtet, beinahe auch eine junge Frau umkommt, die erst im letzten Moment von Wolff aus den Flammen gerettet werden kann, haben die Bewohner von Lotheim Gewissheit: Bei der Geretteten handelt es sich um die zurückgekehrte Isa. Diese hat jedoch, zumindest laut eigener Aussage, ihr Gedächtnis verloren, und kann über die Gründe ihres damaligen Verschwindens keine Angaben machen. Durch Gespräche und auch Konfrontationen mit ihrem früheren Umfeld versucht Isa zu ergründen, was damals vorgefallen ist. Dabei wird sie von Wahnvorstellungen ihres eigenen Ichs geplagt, das ihr rät, Lotheim schnellstmöglich wieder zu verlassen.

Dass es bereits einige Geschichten gibt, die vom Verschwinden eines Menschen erzählen, nimmt das ZDF in der Pressemappe zu seiner neuen Miniserie selbst vorweg. Mutmaßlich, um gleichlautende Kritiken im Keim zu ersticken. Betont wird jedoch die Abgrenzung von anderen vergleichbaren Verfilmungen: dass nämlich die Verschwundene nicht verschwunden bleibt, sondern alsbald zurückkehrt und versucht, dem Geschehenen auf den Grund zu gehen. Gerade hierin liegt jedoch auch der Schwachpunkt der auf die Fahnen geschriebenen Andersartigkeit. Denn da sich die Protagonistin selbst nicht an die Ereignisse, die zu ihrem Verschwinden führten, erinnern kann, ist sie, ebenso wie die anderen Charaktere und die Zuschauer, mit der Suche nach der Wahrheit beschäftigt. Auch aus ihrer Sicht ist die Isa von damals eine andere, fremde Person - möglicherweise mit dunklen Geheimnissen, die nicht zur Fassade der mustergültigen Schülerin passten.  "Twin Peaks"' Laura Palmer lässt grüßen.

Sehen einer möglichen Rückkehr ihrer Tochter mit gemischten Gefühlen entgegen: Sigrid (Claudia Michelsen) und Heinrich (Christian Berkel).
Sehen einer möglichen Rückkehr ihrer Tochter mit gemischten Gefühlen entgegen: Sigrid (Claudia Michelsen) und Heinrich (Christian Berkel). ZDF und Alexander Fischerkoesen

Keine Einstellung, keine Szene, kein Moment vermag das Gefühl abzuschütteln, dass man all das schon einmal in etwas anderer Zusammenstellung bereits viele Male in internationalen oder auch deutschen öffentlich-rechtlichen Produktionen gesehen hat. Mal etwas weniger innovativ, wie in  "Tod eines Mädchens" (ebenfalls ZDF, 2015) als nicht offizielle, aber allzu sichtbare, wenngleich tadellos inszenierte  "Broadchurch"-Kopie. Zuletzt im Kritikerliebling  "Das Verschwinden" (ARD, 2017), in dem eine Mutter verzweifelt nach ihrer verschwundenen Tochter sucht. Sie alle spielen in der deutschen Provinz, in der jeder jeden zu kennen scheint, in der jeden mit jedem ein Geheimnis zu verbinden scheint. In der ein unerwartetes Unglück die bürgerliche Fassade nach und nach zum Einstürzen bringt, und üblicherweise ein Fremdkörper, zum Beispiel ein aus der nächsten Hauptstadt hinzugezogener Ermittler, Unruhe in das zwar dysfunktionale, aber doch eingeübte Kleinstadtensemble bringt. In "Die verlorene Tochter" ist Isa selbst dieser Fremdkörper. Was sie antreibt, wird jedoch zumindest anfangs nicht klar. Innere Stimmen beschwören sie, Lotheim wieder zu verlassen. Sie scheint die Wahrheit gar nicht wissen zu wollen, aber irgendwie dann auch doch. Weder ihre Eltern, noch ihr Bruder scheinen wirklich Interesse an Isas Rückkehr zu haben. Auch ihre frühere beste Freundin unternimmt keinerlei Kontaktversuch. All das wirkt nicht aus den gezeichneten Charakteren organisch gewachsen, sondern eher so, dass es eben im Drehbuch steht und deswegen so geschehen muss. Einzig der wie immer sehenswerte Götz Schubert vermag sich vom im Treibsand zu waten scheinenden Ensemble abzuheben. Sein Peter Wolff scheint der einzige zu sein, der die Wahrheit wirklich herausfinden will. Und der sich nun nachträgliche Wiedergutmachung durch ihre Rückkehr erhofft. Seine metaphorisch zu deutenden einsamen Schwimmausflüge im Edersee dienen denn auch der Zurschaustellung der malerischen Szenerie, in der die Handlung angelegt ist.

Gleichwohl ist nicht Wolff Protagonist der Erzählung, sondern es ist Isa selbst. Henriette Confurius spielt ebenjene Isa, für die Confurius laut eigener Aussage "schnell ein klares Gefühl gefunden" habe. Dies scheint aber überraschend bei einer Rolle, deren Kernelement das Geheimnisvolle und Undurchschaubare ist. Aus Zuschauersicht lässt sich kein klares Gefühl dafür finden, ob man mit Isa mitzittern oder ihr doch lieber mit Skepsis begegnen sollte. Die Geschichte fährt hier zweigleisig, sodass keine der möglichen Herangehensweisen voll ausgeschöpft werden kann. Eine eindeutige Identifizierung entweder mit Isa oder mit Wolff wäre vermutlich eine bessere Wahl gewesen. Positiv sticht heraus, dass zu Beginn jedes der sechs Teile die Geschichte zur Nacht des Schulfests zurückkehrt. Da das ZDF die Ausstrahlung als Doppelfolgen plant, könnte dieser Effekt möglicherweise verpuffen. Aber das ist in Zeiten, wo die lineare Ausstrahlung immer mehr als Zweitverwertung der Mediatheken angesehen wird, vielleicht sogar verschmerzbar. Mit "Die verlorene Tochter" wartet das ZDF ein weiteres Mal mit einer solide produzierten, aber nicht herausragenden Miniserie auf, der Liebhaber der Genres Krimi, Mystery und Kleinstadtdrama bestimmt etwas abgewinnen können, bei der aber erfahrene Zuschauer, die schon vielerlei solcher Geschichten gesehen haben, in den Mediatheken gänzlich ohne FOMO weiterswipen können.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten zwei Teile der sechsteiligen Miniserie "Die verlorene Tochter".

Meine Wertung: 2.5/5

Das ZDF strahlt die Serie "Die verlorene Tochter" am 27., 29. und 30. Januar 2020 immer ab 20.15 Uhr in Doppelfolgen aus. Seit dem 20. Januar stehen alle sechs Teile der Miniserie in der ZDFmediathek zum Abruf zur Verfügung.


 

Über den Autor

  • Gregor Löcher
Gregor Löcher wurde in den späten 70er-Jahren in Nürnberg geboren und entdeckte seine Leidenschaft für Fernsehserien aller Art in den 80er-Jahren, dem Jahrzehnt der Primetime-Soaps wie dem Denver Clan und Falcon Crest, was ihn prägte. Seitdem sind Faibles für viele weitere Serien und Seriengenres hinzugekommen, namentlich das der Comedyserie. Seit 2008 ist er als Webentwickler für TV Wunschliste tätig und hat zum Glück nach wie vor die Zeit, sich die eine oder andere Serie anzusehen.

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Leserkommentare

  • Bulio schrieb am 07.02.2020, 18.25 Uhr:
    die Serie fanden wir auch recht gut. Das Ende war besonders, aber wieso nicht mal so enden. Ich fand die Serie wirklich gut und die User-Wertungen hier auf Wunschliste sprechen auch ein anderes Bild. Bitte die Kritik nochmal anpassen, nachdem alle Folgen gesehen wurden, aber so ist es nicht nachvollziehbar.
    Wie andere hier schon sagten: alles wiederholt sich jeder Kriminalfall mal, es wird seltenvöllig neuartige Fälle mehr geben. Aber hier war es wirklich sehr gut umgesetzt.
    Ich kann die Serie guten Gewissens empfehlen.
  • Styxx schrieb via tvforen.de am 02.02.2020, 16.58 Uhr:
    Mir hats recht gut gefallen. Es fehlte zwar eine gewisse Tiefe, aber dennoch waren es 6 kurzweilige Folgen.
  • Zoppo_Trump schrieb via tvforen.de am 02.02.2020, 20.57 Uhr:
    Mir hat's auch gefallen. Nachdem ich die erste Folge relativ spät am Abend geguckt hatte, habe ich erst am nächsten weitergeschaut, die Episoden 2 bis 6 dann aber tatsächlich hintereinander weg, was bei mir sehr selten vorkommt.
  • Briso schrieb am 01.02.2020, 21.02 Uhr:
    Ich habe alle 6 Teile angeschaut und bis auf das dürftige Ende hat mir die Mini- Serie gut gefallen. Es sieht danach aus, als würde man eine Fortsetzung planen. Die Karten sind gemischt, aber nicht gefallen. 
  • Snoopy33 schrieb am 01.02.2020, 10.33 Uhr:
    Hab mir Folge 1 und 2 angesehen, den Rest hab ich mir erspart. Die Figuren handeln dermaßen weit entfernt vom gesunden Menschenverstand, nicht auszuhalten.
  • chrisquito schrieb via tvforen.de am 29.01.2020, 01.11 Uhr:
    Kurzweilig war es schon, die viereinhalb Stunden waren schnell vorbei. Sicher nicht der ganz große Wurf ...
  • ondina schrieb via tvforen.de am 28.01.2020, 19.52 Uhr:
    Abgründe in der Provinz mit einer klasse Besetzung. Habe mir heute alle 6 Folgen in der Mediathek angeschaut, Daumen Hoch.
  • Ralfi schrieb via tvforen.de am 28.01.2020, 20.11 Uhr:
    Bin gespannt!
  • hww schrieb am 28.01.2020, 14.43 Uhr:
    Für mich ist die Serie ein kleines Highlight. Die Kritik des Autors ist überhaupt nicht nachvollziehbar. Hier sind sehr wohl neue, wie er sich ausdrückt, Geschmacksnoten, vorhanden. Eine alt bekannte Story, na und? 
    Wenn es danach geht, könnten Mordfälle, welcher Art auch immer, auch nicht mehr erzählt werden. Kurzum: eine hanebüchene Kritik allerersten Ranges, denn eigentlich hat er doch einen ganz guten Geschmack.🤔
  • Mork-vom-Ork schrieb am 28.01.2020, 00.13 Uhr:
    Grundsätzlich nicht schlecht, aber gerade zum Schluss der Serie wird viel zu dick aufgetragen.
  • Thinkerbelle schrieb am 22.01.2020, 00.57 Uhr:
    Ich habe die ersten 3 Folgen gesehen und mir gefällt die Serie bisher sehr gut!
    Und bei den 10.000 Krimiserien, die täglich auf sämtlichen Kanälen laufen hat man auch alles schon mal gesehen. Das stört mich nicht.