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Hochkarätig besetzte Miniserie um existenzielle Themen mit galligem Witz präsentiert
Der Leberarzt, dem seine Ehefrau nicht mehr vertraut: Dr. Toby Fleishman (Jesse Eisenberg) in seinem Büro
Disney+ / Hulu
TV-Kritik/Review: "Fleishman is in Trouble": Must-See Scheidungsdrama mit Jesse Eisenberg und Claire Danes/Disney+ / Hulu

Seit dem 1. März hat Disney+ eine Serie im Programm, die in den USA schon Ende des vergangenen Jahres lief, aber zu spät "Buzz" erzeugte, um in den vielen Jahresrückblicken und Bestenlisten noch angemessen Berücksichtigung zu finden. Als Fan komplexer, charakterbasierter Serien sollte man die achtteilige Miniserie aber auf keinen Fall links liegen lassen.  "Fleishman is in Trouble" ist die Serienversion des gleichnamigen Romans von Taffy Brodesser-Akner, der in Deutschland soeben unter dem Titel "Fleishman steckt in Schwierigkeiten" neu aufgelegt wurde. Die auf dem Cover kopfüber abgebildete Skyline von Manhattan zeigt, wohin die Reise geht: in eine Welt, in der nichts mehr ist, wie sie mal zu sein geplant wurde. Hochkarätig besetzt und gespickt mit prominenten Gastauftritten geht es dabei um eine ganze Reihe existenzieller Themen, präsentiert mit galligem Witz, einer unzuverlässigen Erzählerin und verblüffenden Perspektivverschiebungen.

Zuerst nehmen wir den Titel beim vermeintlichen Wort: Toby Fleishman (Jesse Eisenberg,  "The Social Network") steckt in Schwierigkeiten. Der 41-Jährige hat zwar einen mehr als guten Job als Gastroenterologe mit Schwerpunkt Lebererkrankungen in einem renommierten New Yorker Krankenhaus, doch seine Ehe ist gerade in die Brüche gegangen, wie das Römische Reich, heißt es einmal, erst ganz langsam und dann rasend schnell. Seitdem lebt Toby in einem karg eingerichteten Apartment und teilt sich das Sorgerecht für seine zwei Kinder Hannah (Meara Mahoney-Gross) und Solly (Maxim Swinton,  "Halston") mit seiner in der bisherigen Wohnung verblieben Ex Rachel (Claire Danes,  "Homeland"",  "Willkommen im Leben").

Anfänglich könnte man die Serie noch für eine angemessen satirische Abhandlung über Männer mittleren Alters halten, die wieder auf die Dating-Pirsch gehen (müssen): Für Toby, der sicher noch nicht "alt" ist, als Teenager aber noch nicht mit Apps wie Tinder und Co. zu tun hatte, ist diese Welt ganz neu. Die Serie will uns weismachen, dass der ausgehungerte Oberarzt, bewährt verdruckst gespielt von Eisenberg, dabei Klassefrau nach Klassefrau abschleppt, aber sei's drum, für einige schön skurrile Episoden reicht es, etwa, wenn er an die Frau (Mozhan Marnò aus  "The Blacklist") eines reichen und prominenten Mannes gerät, deren Bedingung ist, dass die Beziehung ausschließlich in ihrer Wohnung stattfindet. Bist du auf den Apps?, fragen die (verheirateten) Männer in Tobys Umfeld nicht ohne lüsterne Bewunderung. Toby aber findet es am Ende gar nicht so gut. Das schleichende Auseinanderdriften der Eheleute, das in ihrer Trennung resultierte, wird derweil in vielen Flashbacks, als "Szenen einer Ehe" sozusagen, teilweise peinigend intim nachgeliefert.

New Yorker Powerlady am Limit: Rachel (Claire Danes) schreit sich leer.
New Yorker Powerlady am Limit: Rachel (Claire Danes) schreit sich leer. Disney+ / Hulu

Die "Schwierigkeiten" des Serientitels verstärken sich dann mit einem fast  "Gone Girl"-artigen Thrillermotiv: Rachel lädt eines nachts die Kinder (unabgesprochen) bei Toby ab und verschwindet spurlos. Toby wacht morgens irritiert auf und fragt sich: Was ist passiert? Wo ist sie hin? Ein solches Abtauchen sieht der bis in die Haarspitzen professionellen Theateragentin, die sonst 24/7 ihren Klienten zur Verfügung steht, überhaupt nicht ähnlich. Was macht Toby nun? Die Kinder im Feriencamp abladen (bis es dort wiederum zu "Schwierigkeiten" kommt). Sich vorschnell über eine Beförderung freuen. In eine Miserabilitätsspirale abdriften.

Es gibt aber noch Libby und Seth - und damit kommen wir von den "Schwierigkeiten" weg auf eine andere Ebene der Erzählung. Libby (Lizzy Caplan aus  "Masters of Sex") und Seth (Adam Brody aus  "O.C., California") sind alte Freunde von Toby, aus Studientagen noch, man kennt sich von einer gemeinsamen Reise nach Israel. Beide haben gänzlich andere Lebenswege genommen: Libby war irgendwann frustriert über die gläserne Decke, die ihr den Aufstieg als Autorin bei einem Lifestyle-Magazin verunmöglichte, nun lebt sie scheinbar zufrieden als Mutter in New Jersey. Seth lebte lange ein Hallodri-Leben als Finanzinvestor, ehe er plötzlich seinen Job verliert und in eine Sinnkrise gerät. Mehr noch: Libby ist die Erzählstimme der Serie. Aus ihrer Perspektive wird von Toby und Rachel und all den anderen Personen erzählt, immer wieder klinkt sich Libby mit Kommentaren ein, die selbst so geschliffen klingen, als wär's ein Artikel in einem der Magazine, für das sie schreibt.

Dass wir uns mit Libbys Erzählstimme bereits auf der Metaebene befinden, wird schnell deutlich, wenn Libby erstmals darüber nachdenkt, ein Buch schreiben zu wollen, was sie dann erst sehr lange nicht tut, ehe sie Toby auf einer Party schließlich den Inhalt referiert - es ist (natürlich) genau die Geschichte, die wir uns da anschauen, die wir uns von Libby erzählen lassen: eine Geschichte über das Älterwerden, über den Alltag, der die Leidenschaften des Anfangs überdeckt, über frühere Ambitionen, die verloschen sind, über Lebensentscheidungen, die man traf und die dadurch andere Optionen unmöglich gemacht haben. Kurzum: Es soll ein Buch werden, das von so ziemlich allem erzählt, was Menschen im mittleren Lebensdrittel umtreibt, wenn sie zurückblicken und Zwischenbilanz ziehen und abchecken, was noch möglich wäre im Rest des Lebens.

Libby (Lizzy Caplan) sitzt im Park und macht eine sehr erstaunliche Entdeckung.
Libby (Lizzy Caplan) sitzt im Park und macht eine sehr erstaunliche Entdeckung. Disney+ / Hulu

Romanautorin Brodesser-Akner ist nicht nur Vorlagengeberin, sondern auch Showrunner der Miniserie, sieben der acht Episodendrehbücher stammen von ihr selbst. Auch Nicht-Kennern des Romans wird daher zügig klar, dass Libby als Alter Ego der Autorin fungiert, nicht nur der beruflichen Ähnlichkeiten wegen (Brodesser-Akner arbeitet als Journalistin fürs New York Times Magazine). Im Lauf der Serie verlagert sich der Fokus der Serie geschickt weg von Toby Fleishman und hin zu den beiden weiblichen Hauptfiguren: zu Libby selbst, die es irgendwann fertigbringt, ihren netten, aufgrund der demonstrierten Unzufriedenheit seiner Frau aber zunehmend ratlosen Anwaltsehemann Adam ( "How I Met Your Mother"-Star Josh Radnor) zur Rede zu stellen. Und dann, in einer ziemlich spektakulären Szene am Ende der sechsten Episode, schwenkt die Erzählung hin zu Rachel, die die siebte Episode fast allein füllen darf - eine perfekte Gelegenheit für Claire Danes, in allen Facetten zu zeigen, was sie kann. Ihre Golden-Globe-Nominierung hat sich damit redlich verdient. Auch der Serientitel darf nun neu befragt werden: Welcher Fleishman ist hier eigentlich in trouble?

Dieses Spiel mit dem Außenblick erweist sich als Glücksfall für die Serie. Beide Ex-Eheleute werden zwar unabhängig voneinander gehört, und entsprechend negativ steht der jeweils andere in diesen Berichten da. Und doch steht die Erzählung am ambivalenten Schluss, der märchenhaft wirkt, aber klar als Fantasie der Romanautorin Libby kenntlich gemacht wird, selbst auf entschieden wackligen Füßen: Im Zweifel ist die Geschichte von Rachel und Toby Fleishman eben nur das Vehikel für Libbys Erzählung aus ihrer eigenen Midlife-Crisis.

Dass "Fleishman is in Trouble" eine äußerst sehenswerte Serie ist, aber doch kein makelloses Meisterwerk, liegt daran, dass Brodesser-Akner zu viele Aspekte des Romans in die Serie hinüberretten will: die Intrigen im Krankenhaus, ein sexistischer Ratgeberautor (Christian Slater), Klassenverhältnisse zwischen unten, oben und ganz oben - zu viel kommt vor und wird nur kurz angerissen. Es geht hier nicht nur um die Midlife-Crisis an sich, sondern um ein sehr bestimmtes Milieu, in dem sie sich abspielt: die wohlhabende, meist jüdische Upper Class an der Upper East Side von Manhattan.

Und dort ist man eben nie am Ziel. Es gibt immer Leute, die reicher sind als man selbst - ein steter Nährboden für Unzufriedenheit, der das Ehepaar Fleishman auseinandertreibt. Toby ist als gutverdienender Arzt mit schicker Wohnung mitten in Manhattan und zwei wohlgeratenen Kindern eigentlich sehr zufrieden, und die Fleishmans sind natürlich besser dran als die allermeisten anderen Menschen, doch Rachel will mehr. Sie drängt Toby zu Jobwechseln, zum Aufstieg, zum strategischen Networken für die Kita- und Schulkarrieren der Kinder. Ein Luxusstress, der ihre Ehe erodieren lässt und Rachel am Ende gar für den snobistischen Vater einer Schulkameradin der Tochter (Josh Stamberg aus  "The Affair") schwärmen lässt. Oder war es gar nicht so?

Die ewigen Nöte des Wochenend-Papas: Wie die Kids zufriedenstellen?
Die ewigen Nöte des Wochenend-Papas: Wie die Kids zufriedenstellen? Disney+ / Hulu

"Fleishman is in Trouble" hat mehr in petto als die banale Erkenntnis, dass auch reiche Menschen ihre Sorgen haben, etwa wenn die Serie anerkennt, dass Wohlhabende in der Regel eben bessere (finanzielle) Mittel haben, um mit existenziellen Krisen fertigwerden zu können. Ehescheidungen in unterprivilegierten Milieus haben meist verheerendere Auswirkungen auf alle Beteiligten. Womit die Serie allerdings mitunter übertreibt, ist die Kommentierung aus dem Off. In vielen Sequenzen gerade in den letzten Episoden wäre es besser gewesen, das sensible und facettenreiche Spiel von Eisenberg, Caplan, Danes einfach für sich selbst stehen und sprechen zu lassen, anstatt es durch erklärende Einschübe zu verdoppeln.

Auch ein Hang zum erhöhten Symbolismus ist den ansonsten tadellos inszenierten Episoden (zwei gemischtgeschlechtliche Regie-Duos waren am Werk: Shari Springer Berman mit Robert Pulcini,  "American Splendor", und Jonathan Dayton mit Valerie Faris,  "Little Miss Sunshine") nicht abzusprechen. Am Ende der Episoden kippt die Kamera Tobys kollabierte Welt immer wieder auf den Kopf, und als Mittel einer möglichen Heilung muss ausgerechnet eine "Vantablack"-Ausstellung herhalten, also ein mit dem schwärzesten, lichtabsorbierendsten Schwarz ausgekleideter Raum, in den sich Toby mit den Kindern zunächst kaum hineintraut. Zum Glück aber ist der Rest dieser bisweilen schmerzhaft ehrlichen Serie deutlich subtiler geraten.

Dieser Text basiert auf der Sichtung aller acht Episoden von "Fleishman is in Trouble".

Meine Wertung: 4.0/5

Die Miniserie "Fleishman is in Trouble" wurde in Deutschland bei Disney+ veröffentlicht, ihre Weltpremiere hatte sie in den USA bei FX on Hulu.


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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Leserkommentare

  • Patty190 schrieb am 27.06.2023, 22.10 Uhr:
    Ich fand es wirklich sehenswert und fesselnd, ich konnte auch dank der Hauptdarstellerin (Lizzy Caplan) ganz dabei sein, war immer in der Handlung, kein Daddeln im Handy oder so, weil es einfach mitreißend war. Auch Claire Danes Spiel (mal wieder) großartig. Man muss sich drauf einlassen, der Handlung folgen - sonst funktioniert die Serie nicht.
  • User 820701 schrieb am 19.03.2023, 17.15 Uhr:
    Und dies Vorstellung der Serie soll mich und andere dazu bringen die Serie zu kucken? Klingt nach einen furchtbaren Durcheinander und alles in ein paar Folgen gequetscht.
  • Vritra schrieb am 13.03.2023, 14.52 Uhr:
    Ich mag Serien, die von ihren Dialogen leben. Aber die fand ich nicht sehr prickelnd und der "gallige Humor" hat hier auch bei niemandem gezündet, darum war ich nach Folge 1 leider raus.