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TV-Kritik/Review: "Lupin": Der Meisterdieb kehrt endlich zurück
(11.06.2021)
Es war einer der fiesesten Cliffhanger des bisherigen Serienjahres: Am Ende der ersten fünf Folgen von
Angeblich, so ließ es Netflix zumindest verlauten, mauserte sich die französische Produktion Anfang des Jahres zur meistabgerufenen nicht-englischsprachigen Serie des Streamingdienstes. Kein Wunder, dass nicht nur die fünf nächsten Episoden möglichst schnell hinterhergeschoben werden sollten, sondern dass auch weitere Folgen bereits in Auftrag gegeben wurden. Angesichts der Kürze der Blöcke von jeweils fünf mal 45 Minuten spricht der Streamer auch nicht von Staffeln, sondern von "Teilen".
Mit dem ersten Teil war den Autoren George Kay (
Der Lupin der Serie heißt also nicht Lupin, sondern Assane Diop, und er trägt auch keinen Zylinder, sondern Air-Jordan-Sneaker. Als Kind des Senegalesen Babakar kam er (was mit der Mutter geschah, blieb bislang unbeleuchtet) einst nach Paris. Nach dem Suizid des Vaters (Fargass Assandé), der ihm die Liebe zu Lupin vererbte, wuchs er in einem Waisenhaus auf. Babakar hatte sich 1995 erhängt, nachdem er fälschlich beschuldigt worden war, seinem Arbeitgeber, dem steinreichen Medienmogul Hubert Pellegrini (Hervé Pierre), ein millionenteures Collier gestohlen zu haben.
25 Jahre später ist aus Assane ein kriminelles Mastermind geworden: ein lässiger Gentleman-Ganove in schicken Trenchcoats, der im
Die Drehbücher sowie die Inszenierung durch Actionprofi Louis Leterrier (
Als Quasi-Magier und Lupin-Nacheiferer Assane war Omar Sy von Anfang eine Idealbesetzung. Nicht nur, weil Sy bekanntermaßen über ein Charisma verfügt, das selbst die Mauern von Hochsicherheitsgefängnissen zerbröseln lassen kann; und auch nicht nur, weil Sy längst internationale Starpower besitzt. Nein, durch ihn wurde die Arsène-Lupin-Figur auch geschickt diversifiziert: Der allfällige Rassismus, mal in der gönnerhaften, mal in der rundheraus feindseligen Variante, dem Assane seit seiner Kindheit immer wieder begegnete, steht zwar nicht im Mittelpunkt der Serie, er klingt aber immer wieder am Rande an - und fällt so umso mehr auf. Assane macht sich die Tatsache, dass People of Color (nicht nur) in Paris gerne übersehen und damit unterschätzt werden, bei seinen Coups im Gegenzug gewieft zunutze.
Folgende Kernpunkte des ersten Teils seien noch kurz in Erinnerung gerufen: Um sich an Hubert Pellegrini zu rächen, den und dessen Frau Anne (Nicole Garcia,
Gegen Ende des ersten Teils wurde schließlich auch Assanes private Situation immer wichtiger. Von seiner großen Liebe Claire (Ludivine Sagnier aus
Während von Beginn an regelmäßig in Assanes Jugend zurückgeblendet wird, wird schließlich auch die Zeit der ersten Ehekrise beleuchtet, und bei einem Ausflug zu einem Lupin-Festival in Maurice Leblancs Heimtstadt Étretat, einen Küstenort in der Normandie, kommt es in der fünften Folge, die die Spannungsschraube heftig anzieht, zur Entführung des Sohnes durch einen Schergen Pellegrinis. Was daraus wird, darf hier nicht verraten werden. Erstaunt (bis entsetzt) werden viele allerdings über das Finale der vom neuen Regisseur Ludovic Bernard fast westernhaft inszenierten neuen Auftaktfolge sein. Dabei wird ein Schockpotenzial genutzt, das man aus dem ersten Teil noch gar nicht kannte und das einen Tonwechsel weg vom kauzigen Caper-Krimi zur bitteren Rachetragödie zumindest antäuscht. Den filmischen Mitteln darf man allerdings in "Lupin" ebenso wenig trauen wie dem trickreichen Protagonisten, weshalb schon in der zweiten neuen Folge wieder das bekannte Programm ansteht: mit herrlich albernen, fast Toni-Erdmann-artigen Verkleidungen, Perspektivverschiebungen und Verfolgungsjagden. Die Rückblenden enthüllen nun Assanes erste Schritte als Dieb, und auch das Rassismusthema wird, beiläufig wie bislang, weiter behandelt.
Zudem deutet sich an, dass Claire und Ben in den neuen Episoden mehr zu tun bekommen werden als zuvor, und auch Pellegrinis undurchsichtiger Tochter Juliette (Clotilde Hesme,
Zugestanden, dramaturgischen Fact-Checkern und Logikpuristen dürfte, wie schon im ersten Teil, hie und da die Düse gehen, und auch manche Grobheiten in der Figurenzeichnung machen klar, dass es in "Lupin" nicht unbedingt subtil zugeht: Der französische Theaterstar Hervé Pierre etwa macht zwar darstellerisch, mit Wallehaar und Schurken-Gehstock, viel Freude als untersetzter Patriarch Pellegrini - einen eindimensionaleren Bösewicht hat man allerdings lange nicht mehr gesehen. Und wie schon im ersten Teil, in dem man den Autoren neben anderen Fragwürdigkeiten Assanes Mission-Impossible-mäßige Ein- und Hinausschleicherei aus einem Gefängnis abkaufen musste, ist der Plot auch in den neuen Folgen mit nicht wenigen Unwahrscheinlichkeiten gespickt. Doch sei's drum: "Lupin" will gar kein hochgestochener Qualitätskrimi mit realistischem Anspruch sein, sondern lustvolles, modern gestyltes, in der Anlage aber auch auf angenehme Weise altmodisches Entertainment, das (bis auf wenige Momente) für die ganze Familie geeignet ist. Jederzeit auf Kurs gehalten wird das Ganze von einer allzeit sympathisch gespielten Hauptfigur, die noch über die gröbsten Unplausibilitäten jederzeit frech hinweggrinst - und mit der am Ruder man sich problemlos weitere Einsätze vorstellen kann.
Dieser Text basiert auf der Sichtung des kompletten ersten Teils sowie der ersten beiden Episoden des zweiten Teils von "Lupin".
Der zweite Teil von "Lupin" ist seit dem heutigen Freitag (11. Juni 2021) weltweit bei Netflix abrufbar.
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