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TV-Kritik/Review: "Star Trek: Strange New Worlds": Alte Schule - und trotzdem frisch
(13.05.2022)
Die insgesamt 12. Star-Trek-Serie geht back to the roots: Mit episodischer Struktur und vielen Figuren, die aus der klassischen Phase des Raumschiff-Enterprise-Franchise bekannt und beliebt sind, ist die Herangehensweise betont Old School. Offiziell ein Spin-Off von
Schon als Captain Christopher Pike (Anson Mount), Wissenschaftsoffizier Spock (Ethan Peck) und Erster Offizier Una, genannt Nummer Eins (Rebecca Romijn), 2019 die zweite Staffel von "Star Trek: Discovery" enterten und zeitweilig das Kommando auf der USS Discovery übernahmen, war die Publikumsresonanz hervorragend, und das nicht nur bei eingefleischten Fans, die sich in allen Serien und Filmen aller alternativen Timelines des Enterprise-Universums auskennen. Also machte sich Alex Kurtzman, der seit dem
Mit Veteran Akiva Goldsman (der seit
Genau von diesem Schicksal erfuhr Pike bei seinem bislang letzten Auftritt (abgesehen von ein paar Episoden von
Mit Pikes Transport an Bord der Enterprise rastet auch die Serie im künftigen Arbeitsmodus ein. Denn wie die Macher vorab versprachen, soll es in der neuen Serie weniger um übergreifende Handlungsbögen gehen; stattdessen soll wieder verstärkt auf eine episodische Struktur zurückgegriffen werden, ganz so, wie man sie noch aus den älteren Trek-Serien kennt, mit einem klassischen "Abenteuer/Alien/Mysterium der Woche". Episoden- und womöglich staffelübergreifende Elemente sollen sich dagegen eher auf die Hintergründe der einzelnen Charaktere konzentrieren. Freuen wird das vor allem jene Fans, denen "Picard" zuletzt zu komplex und "Discovery" zu pompös geworden sind. Theoretisch sollte man also in Zukunft eine Episode verpassen können, ohne gleich aus der narrativen Bahn geschleudert zu werden.
Für die Episodenabenteuer hat sich neben Pike, Una und Spock eine Crew eingefunden, die von Anfang an erfreulich sympathisch wirkt: Mit der beinharten Sicherheitschefin La'an Noonien-Singh (Christina Chong aus
Komplettiert wird die Crew von Chefingenieur Hemmer (Bruce Horak), einem blinden Aenar mit geschärften Sinnen, der zu herrlich sarkastischen Onelinern fähig ist. Mehrfach ist zudem von einem gewissen Lieutenant Kirk die Rede - als der dann auftritt, entpuppt er sich allerdings als George Samuel Kirk (Dan Jeannotte aus
Die erwähnten Abenteuer der Woche fallen in den ersten zwei Episoden - für sich selbst genommen - noch nicht allzu bahnbrechend aus, obwohl die visuellen Effekte für Star-Trek-Serien durchaus neue Maßstäbe setzen. Der Planet, von dem Una zurückgeholt werden muss, steht vor einem vernichtenden Bürgerkrieg (die Regierungschefin wird von Samantha Smith aus
Plotmäßig sind das Star-Trek-Standards, doch der Reiz liegt hier im Detail - etwa darin, wie in der ersten Folge das Bürgerkriegsszenario mit unserer heutigen Situation zusammengebracht wird: Zur Sternzeit 2912 haben die USA bereits zwei verheerende Bürgerkriege hinter sich (der zweite erfolgte im 21. Jahrhundert) und die Welt einen Dritten Weltkrieg, der einem Drittel der Erdpopulation das Leben kostete. Das sind Dinge, die in unseren aktuellen Zeiten der Kapitols-Stürme und atomaren Bedrohungen ganz anders klingen, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall gewesen wäre. Beruhigt nimmt man zur Kenntnis, dass die Erde danach wiederaufgebaut wurde - und zwar besser.
Generell überwiegt in "Strange New Worlds" ein eher heiterer Tonfall, der direkt an die immer leicht ironisch klingenden Dialoge der Sixties-Originalserie anknüpft, an die hier formal auch andernorts erinnert wird - mit einem Set- und Kostümdesign, das sich am Original orientiert und mit zupackenden Details modernisiert wurde, und natürlich auch mit dem Voiceover des Captains, der dem Publikum im Vorspann, wie weiland Kirk und Picard, ankündigt, mit der Enterprise in den "unendlichen Weiten" des Weltalls in Regionen vorzudringen, "die nie ein Mensch zuvor gesehen hat" (im Original: to boldly go where no one has gone before). Das Explorative, die Suche nach den titelgebenden strange new worlds steht hier klar im Mittelpunkt und wird fast überbetont.
Die Herangehensweise, das alte Star-Trek-Konzept mit einem frischen Cast sowie cleveren Modernisierungen zu fusionieren, funktioniert in den ersten Episoden (die sogar einen gar nicht mal unspannenden Raumschiff-Fight bereithalten) überraschend gut. Erkennbar ist auch, dass jede Folge ein anderes Crewmitglied zentriert; in der zweiten Folge etwa ist die noch an ihrer Sternenflottentauglichkeit zweifelnde Uhura dran, die auf dem Kometen, in einer an den Film
Wer auf solche Zitate aus ist, kommt mit dem Zählen kaum hinterher, ohne dass - und das ist das Tolle - diese Intertextualität jüngeren, vom Kanon der Star-Trek-Welt noch völlig unbelasteten Zuschauern als Nostalgie-Overkill im Weg stehen würde. "Strange New Worlds" verortet sich mit Lust und Selbstbewusstsein mittendrin in diesem etablierten Kosmos, ist aber problemlos auch für Neulinge zugänglich. Am kuriosen Heiratsantrag beispielsweise, den Spock von seiner vulkanischen Freundin T'Pring erhält, und an seiner unterbrochenen Liebesnacht, wird auch ein Publikum Freude haben, dass die entsprechende Folge aus der Originalserie nicht kennt, auf die diese Szene klar verweist. Wenn jetzt noch die einzelnen Episodenabenteuer etwas mehr Zug bekommen und den "seltsamen, neuen Welten" des Titels noch mehr Gültigkeit verleihen, dann hat dieser Franchise-Neuzugang durchaus das Zeug dazu, zur perfekten Star-Trek-Serie heranzureifen.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten zwei Episoden von "Star Trek: Strange New Worlds".
Die zehnteilige Auftaktstaffel von "Star Trek: Strange New Worlds" wird aktuell beim Streamingdienst Paramount+ veröffentlicht. Wann dieser und damit die Serie nach Deutschland kommt, ist noch nicht bestätigt, es soll aber im weiteren Verlauf des Jahres 2022 so weit sein.
Über den Autor
Leserkommentare
nathanael schrieb via tvforen.de am 07.06.2022, 13.27 Uhr:
Wer auf den alten Look steht UND des Englischen mächtig ist sollte sich unbedingt auf YouTube folgende Serien (chronologisch) ansehen: "Star Trek: New Voyages" sowie "Star Trek Continues"mda schrieb am 17.05.2022, 11.05 Uhr:
...da kommt schon sein Vorgänger auf der Enterprise, Sternenflotten-Admiral Holmes, in einem Shuttle herbeigeflogen, um ihn zurück an Bord zu beordern...
Es handelt sich um die Figur Robert April, der Schauspieler heißt Adrian Holmes.Vritra schrieb am 15.05.2022, 15.42 Uhr:
"Mit Veteran Akiva Goldsman (der seit „Star Trek: Picard“ an Bord ist)"
Mal davon abgesehen, dass ich mich jedes Mal wegwerfen könnte, wenn ich sehe, was bei euch so alles "Veteranen" sind. Hier ist der Begriff nun eindeutig fehl am Platz!frager schrieb via tvforen.de am 14.05.2022, 14.42 Uhr:
Ich fühle mich da nicht mehr zuhause. Für mich sind Menschen nicht austauschbar und finde es respektlos etablierte Charaktere mit anderen Schauspielern zu ersetzen. Ausserdem zerstört es die ganze Illusion. Dazu kommt auch noch dass Strange New Worlds auch optisch nicht eine Vorgängerserie zu TOS (Raumschiff Enterprise) sein kann da weiterhin viel zu viel am Design verändert wurde.
Für mich muss das einfach zusammenpassen und das tut es nicht. Dass das Konzept von Strange New Worlds besser ist will ich nicht bestreiten, das war für mich schon ziemlich klar das diese Reihe bessere Chancen hat; dennoch spielt es im Discovery-Universum (diese Serie ist auch inhaltlich grottenschlecht nach meiner Meinung).invwar schrieb via tvforen.de am 17.05.2022, 11.14 Uhr:
Picard ist ein absoluter Reinfall, da gibts wenig zu diskutieren. Discovery hat immerhin ein paar Punkte, die man der Serie zu Gute halten kann. SNW scheint endlich mal eine Serie zu sein, die auch Alt-Fans nicht ins Gesicht furzt.andreas_n schrieb via tvforen.de am 15.05.2022, 16.55 Uhr:
burchi schrieb:Ok. Wenn sie im Discovery Universum spielt ist das
für mich ein Ausschluss Kriterium. Die Discovery
Serie sehe ich mir auch nicht an. Schade. Dann
hoffe ich auf Picard, da ich die letzte
Ausstrahlung verpasst habe.
Viele Fans haben sowohl „Discovery“ und mittlerweile auch „Picard“ komplett abgeschrieben, während „Strange New Worlds“ bei ihnen voll einschlug. Ich kenne von „Picard“ zwar nur die erste Staffel, sonderlich begeistert war ich jedoch nicht. Deshalb hoffe ich jetzt auch eher auf SNW.burchi schrieb via tvforen.de am 15.05.2022, 09.26 Uhr:
Ok. Wenn sie im Discovery Universum spielt ist das für mich ein Ausschluss Kriterium. Die Discovery Serie sehe ich mir auch nicht an. Schade. Dann hoffe ich auf Picard, da ich die letzte Ausstrahlung verpasst habe.
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