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Carolin Kebekus im Interview: "Reine Provokation finde ich ziemlich billig"

von Glenn Riedmeier
(17.05.2018/ursprünglich erschienen am 11.05.2018)

Carolin Kebekus
Carolin KebekusWDR/klein&repplinger


TV Wunschliste: Ein großes Thema war in den letzten Wochen der Eklat um Kollegah und Farid Bang bei der  "Echo"-Verleihung. Sie haben schon vor Jahren in Ihrer damaligen TV-Show  "Broken Comedy" Gangsterrap parodiert. Wie stehen Sie zu diesem Skandal?

Carolin Kebekus: Wenn man sagt, dass dieser Musikstil davon lebt, zu provozieren, kann ich das total nachvollziehen. Selbst wenn es jetzt ausschließlich um die betreffende Line mit dem Auschwitz-Vergleich gehen würde, wäre das irgendwie mit dem Stilmittel des Battlerap zu erklären gewesen. Aber hier geht es um ein Gesamtbild. Kollegah hat schon öfter bewusst mit Antisemitismus gespielt, wie zum Beispiel mit den Symbolen in seinem "Apokalypse"-Video. Dies ist gerade in Deutschland und gerade jetzt in Zeiten des NSU-Prozesses sehr problematisch. Vor Jahren hat er außerdem ein Buch eines Kreationisten übersetzt, der mittlerweile eine sehr fragwürdige Sekte in Israel führt und den Holocaust leugnet. All das zusammen genommen empfinde ich als schwierig, gerade weil er junge Menschen beeinflusst und als Künstler einfach eine Verantwortung trägt. Bei diesem Thema muss man klar Stellung beziehen. Schüler, die seine Texte hören, können noch nicht abstrahieren. Die sagen zwar vielleicht: "Der meint das gar nicht so", aber trotzdem finden sie das irgendwie cool und es setzt eine gewisse Hemmschwelle herab, sich antisemitisch zu äußern. Es kann nicht sein, dass das allmählich wieder Einzug in den Sprachgebrauch findet, das geht einfach nicht. Bushido hat eine Weltkarte ohne Israel gepostet und hinterher gesagt, das sei eine reine Provokation gewesen und dass er sich nichts weiter dabei gedacht habe - aber woher will er wissen, dass sich andere Menschen nicht mehr dabei denken? Die Rapper entziehen sich da der Verantwortung, aber wir leben in einer Gesellschaft, in der einem das einfach nicht scheißegal sein sollte.

Was bei dieser Debatte momentan untergeht, ist, dass es neben den antisemitischen Texten auch zahlreiche homophobe und frauenfeindliche Texte gibt, die meiner Ansicht nach genauso zu verurteilen sind...

Carolin Kebekus: Daran hat man sich anscheinend schon zu sehr gewöhnt. Wobei man da auch unterscheiden muss: Ich habe früher zum Beispiel gerne Songs von Sido gehört, die teilweise auch krass waren und in denen diverse Mütter penetriert wurden. Aber bei ihm hatte das immer eine gewisse Fallhöhe und einen erkennbaren Witz. Bei Kollegah ist das dagegen so unfassbar aggressiv, wenn er etwa eine Vergewaltigung schildert und rappt: "Ich nutze ihre Tränen als Gleitmittel." Das ist ein Frauenbild, das einfach nicht mehr lustig ist.

Auch in der Comedy-Szene wurden in jüngster Zeit Comedians populär, die bewusst Grenzen überschreiten und Tabus brechen. Chris Tall hat "Darf er das?" zu seinem Motto gemacht und Faisal Kawusi hat für seinen Auftritt bei der  "1LIVE Köln Comedy-Nacht XXL" einen Shitstorm geerntet. Wo liegt für Sie persönlich die Grenze des guten Geschmacks?

Carolin Kebekus: Es gibt tatsächlich momentan einen gewissen Trend dahin, Grenzen auszutesten. Für mich ist immer entscheidend: Was steckt hinter der Provokation und was will der Künstler mit diesen Äußerungen erzielen? Wenn er eine Botschaft hat, die diesen Tabubruch rechtfertigt, um beispielsweise jemandem die Augen zu öffnen und die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Thema zu richten, dann ist das meiner Ansicht nach total legitim und darf gerne hart sein. Wenn es allerdings ausschließlich darum geht, krasse Sachen zu sagen, um zu schocken, finde ich diese reine Provokation ziemlich billig. Ich bin mir aber sicher, dass das Publikum das über kurz oder lang durchschaut.

Carolin Kebekus
Carolin KebekusWDR/klein&repplinger


Vor einigen Wochen haben Sie das Finale Ihres zweiten Soloprogramms "AlphaPussy" gespielt. Viele Fans fragen sich jetzt natürlich, ob Sie schon am nächsten Programm arbeiten und wann Sie in etwa wieder auf Tour gehen werden?

Carolin Kebekus: Es wird natürlich ein neues Programm geben! Genaueres möchte ich dazu noch nicht verraten, aber in den kommenden Wochen wird sich entscheiden, in welche Richtung das Programm gehen wird und ab wann ich damit auf Tour gehe. Wahrscheinlich spiele ich im Winter die ersten Vorpremieren, aber das steht noch nicht ganz fest. Momentan konzentriere ich mich erst mal voll auf meine TV-Show.

Ihre Kollegin Enissa Amani hat kürzlich ein Bühnenprogramm exklusiv bei Netflix veröffentlicht - international machen das bereits einige weitere Comedians. Wäre das für Sie auch vorstellbar?

Carolin Kebekus: Absolut, ich hatte mit Netflix auch schon Kontakt, aber mein letztes Bühnenprogramm war zu dem Zeitpunkt schon an RTL vergeben. Allgemein ist Netflix eine interessante Plattform, vor allem weil einem dort anscheinend wirklich freie Hand gelassen wird. Das ist für Künstler, die jahrelang die Fernsehstrukturen kennengelernt haben, völlig ungewohnt und deshalb natürlich ein tolles Medium.

In Ihrem letzten Programm haben Sie beschrieben, wie schwer es Ihnen heutzutage fällt, sich lange auf eine bestimmte Fernsehsendung zu konzentrieren und Sie auch bei YouTube sofort das nächste Video anklicken, wenn der Clip nicht sofort interessant ist. Ist das bei Ihnen wirklich so stark ausgeprägt oder können Sie hin und wieder noch fernsehen "wie früher"?

Carolin Kebekus: Ab und zu geht das natürlich noch, aber ich merke schon, dass sich mein Sehverhalten verändert hat. Man hat heutzutage einfach so viel Auswahl an Entertainment. Auch wenn mich eine Netflix-Serie nicht innerhalb der ersten zwei Minuten irgendwie packt, bin ich raus und verliere schnell das Interesse. Ich höre dann oft: "Nach der ersten Folge wird die Serie richtig geil!"- aber ich habe wenig Lust, mich erst mal durch eine ganze Folge zu quälen. Mir ist außerdem aufgefallen, dass durch die Masse an den vielen neuen Serien offenbar die deutsche Synchronisation darunter leidet, die oft erschreckend schlecht ist und scheinbar mal eben schnell an der Ampel eingesprochen wurde.

Sie sind also nicht jemand, der sich stundenlang mehrere Folgen einer Serie am Stück reinzieht, wie es gerade im Trend liegt?

Carolin Kebekus: Doch, so etwas kenne ich auch und ich bin dafür auch prädestiniert! Ich bin großer  "The Walking Dead"-Fan und habe natürlich auch  "Breaking Bad" und  "Game of Thrones" gesehen. Gerade kann ich mir das aber nicht erlauben, weil sonst die Gefahr besteht, dass ich dort hängenbleibe und vergesse zu arbeiten! Das gilt genauso für Games: Ich habe hier "Far Cry 5" liegen, aber wenn ich jetzt anfangen würde, das auf meiner Playstation zu spielen, würde ich große Probleme bekommen! (lacht)

Im Herbst dürfen sich Ihre Fans auf ein weiteres Highlight freuen, denn Sie gehen zum ersten Mal mit den "Beer Bitches" auf eine kleine Tour durch NRW. Für alle, die noch nicht im Bilde sind: Wer sind die Beer Bitches überhaupt und wie kam es zur Gründung dieser Gruppe?

Carolin Kebekus: Die Beer Bitches sind eine kölsche Band bestehend aus drei Mädels - Nadine Weyer, Irina Ehlenbeck und mir. Angefangen hat alles bei der Veranstaltung "(P)op Kölsch", bei der Nadine und Irina damals noch im Background gesungen haben. Die beiden haben so unglaubliche Stimmen und ich habe mich schon damals gefragt: "Warum singen die nur im Background?" Deshalb habe ich sie irgendwann nach vorne geholt und mit ihnen zusammen die erste Nummer gesungen, die sofort extrem gut ankam. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Songs hinzu, bis wir Ende 2017 zum ersten Mal zwei ganze Konzerte in Köln gespielt haben. Anfangs haben wir zu bekannten Popsongs neue Texte in kölscher Mundart geschrieben - mittlerweile arbeiten wir aber auch an ganz eigenen Songs und wir freuen uns riesig, im Herbst auf NRW-Tour zu gehen. Es steckt keine Plattenfirma und kein Marketingplan dahinter. Das ist für uns alle eine echte Herzensangelegenheit und wir haben extrem Bock darauf!

Vielen Dank für das interessante Interview und viel Erfolg für all Ihre Projekte!

Die vierte Staffel von  "PussyTerror TV" ist ab dem 17. Mai immer donnerstags um 22.45 Uhr im Ersten zu sehen. Die Show wurde bereits mit dem  "Deutschen Fernsehpreis" und zweimal mit dem  "Deutschen Comedypreis" ausgezeichnet. Carolin Kebekus selbst gewann seit 2013 ununterbrochen den Preis als beste Komikerin und setzte sich 2017 auch in der inzwischen zusammengelegten Rubrik "Beste/r Komiker/in" gegen ihre männlichen Kollegen durch.

Carolin Kebekus
Carolin KebekusWDR/klein&repplinger


 

Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang '85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. "Bim Bam Bino", "Vampy" und der "Li-La-Launebär" waren ständige Begleiter zwischen den "Schlümpfen", "Familie Feuerstein" und "Bugs Bunny". Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. "Ruck Zuck" oder "Kaum zu glauben!". Auch für Realityshows wie den Klassiker "Big Brother" hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie "Die Harald Schmidt Show" und "PussyTerror TV", hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie "Eine schrecklich nette Familie" und "Roseanne", aber auch schräge Mysteryserien wie "Twin Peaks" und "Orphan Black". Seit Anfang 2013 ist er bei TV Wunschliste vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

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