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Die zweitteuerste Serie aller Zeiten sieht stylish aus, erzählt aber kaum Neues
Finden sich nach Jahren wieder: Mason Kane (Richard Madden) und Nadia Sinh (Priyanka Chopra Jonas).
Amazon Prime Video
TV-Kritik/Review: "Citadel": Spionage-Action im Routine-Remix/Amazon Prime Video

Sender und Streamingdienste suchen vor allem nach einem: nach dem nächsten großen Franchise-Ding, das in der Lage ist, möglichst auf dem ganzen Erdball Anklang zu finden und Kasse zu machen. Anthony und Joe Russo, Veteranen des Marvel Cinematic Universe (MCU) und Regisseure von  "Avengers: Endgame", haben zu diesem Zweck im Auftrag von Prime Video nun ein einigermaßen größenwahnsinniges Projekt aus der Taufe gehoben:  "Citadel" soll nicht nur als ambitionierte Science-Fiction-Agentenserie für sich stehen, sondern zugleich als Mutterschiff dienen für eine ganze Armada von Spin-Offs, die derzeit in Indien und Italien bereits entstehen und für Mexiko und Spanien in Planung sind. Obendrein kann sich "Citadel" mit dem Label der zweitteuersten Serie aller Zeiten (hinter  "Die Ringe der Macht") schmücken - diese zweifelhafte Ehre liegt allerdings eher an den ausgedehnten Nachdrehs, die der Abgang der ursprünglichen Showrunner nötig machte. Eine wichtige Frage gilt es also zu klären: Taugt das Ergebnis?

Die grundlegende Idee....

... ist alles andere als neu. Erzählt wird die Geschichte des ehemaligen Topspions Mason Kane, der nach einem katastrophalen Unfall während eines Auftrags für die weltumspannende Spionage-Organisation "Citadel" sein Gedächtnis verliert, offiziell für tot erklärt wird und unter dem Namen Kyle Conroy ein völlig neues Leben als Familienvater beginnt. Als sein ehemaliger Boss ihn ausfindig macht und zu neuen Agentenabenteuern zwingt (bei denen selbstverständlich das Schicksal der gesamten Welt auf dem Spiel steht), muss er nicht nur sein beschauliches Bürgerleben als Kyle mit dem gefährlichen Jet-Set-Dasein als Mason in Einklang bringen, sondern sich seiner alten Existenz überhaupt erst wieder annähern.

Beim Lösen dieses Identitätsrätsels ist ihm seine frühere Kollegin Nadia Sinh dienlich, die er in Spanien wiedertrifft. Was er nicht weiß (sie aber schon): Beide verband früher deutlich mehr als eine rein kollegiale Agentenpartnerschaft. Wird er dieser Liebe als "Kyle" aus dem Weg gehen können? Kurzum: Der Plot verbindet Kernelemente aus der  "Bourne"-Filmreihe mit der erotisch grundierten Konstellation aus  "Mr. und Mrs. Smith" und reichert das schließlich mit allem an, was 007,  "Mission: Impossible" und so ziemlich alle weiteren Spionagefilme und -serien ins weltweite Pop-Gedächtnis gespült haben. Ein Remix, der sich allzu stark darum bemüht, für wirklich jeden was im Köcher zu haben.

Wer spielt mit?

Mit Richard Madden (bekannt geworden als Robb Stark in  "Game of Thrones", zuletzt zu sehen in  "Bodyguard" und im MCU-Beitrag  "Eternals") als Mason und der ehemaligen Miss World Priyanka Chopra Jonas als Nadia sind zwei attraktive Protagonisten in den Hauptrollen zu sehen, bei denen man im Grunde nur die Kamera draufhalten muss, um ein ansehnliches Ergebnis zu erhalten. Böse Zungen werden nun nicht ganz zu Unrecht lästern: Genau das hat Regisseur Newton Thomas Sigel auch gemacht. Sigel ist hauptberuflich Kameramann, als solcher preisgekrönt (etwa für  "Drive"), hat aber letztmals Mitte der Nullerjahre selbst etwas inszeniert: zwei Folgen von  "Dr. House". Kein geringes Wagnis, ausgerechnet ihn auf eine derart hochprofilierte Actionthriller-Serie loszulassen.

Zwielichtiger Hintermann: Technik-Profi Bernard (Stanley Tucci) weiß mehr, als er sagt.
Zwielichtiger Hintermann: Technik-Profi Bernard (Stanley Tucci) weiß mehr, als er sagt. Amazon Prime Video

Priyanka Chopra Jonas, einer der größten indischen Filmstars, ist vor allem für ihre Bollywood-Filme berühmt (schönes Beispiel:  "Eine unsterbliche Liebe"), hat sich in jüngerer Zeit aber auch im sogenannten Westen einen Namen gemacht - beispielsweise in der Thriller-Serie  "Quantico", in der sie ebenfalls eine Agentin spielte. Madden zieht gegen Chopra und ihre magnetische Bildschirmpräsenz zwangsläufig den Kürzeren, ab der dritten Folge aber zeigt sich, dass zwischen beiden durchaus die Funken sprühen können - wenn die Regie es denn mal kurzfristig zulässt.

In den weiteren Rollen kommt echte Schauspielklasse hinzu: Stanley Tucci, einer der versiertesten und beliebtesten Nebendarsteller Hollywoods ( "In meinem Himmel"), spielt Bernard, den Technik-Spezialisten und ehemaligen Boss (oder handler) von Mason und Nadia, der die beiden, während sie Einsätze durchführen, aus der Einsatzzentrale heraus per Laptop, Funk, GPS und anderen Gadgets mit ruhiger Stimme durchs Scharmützel lenkt. Allerdings scheint Bernard - so ist's nun mal Usus in diesem Genre - tiefere Abgründe zu haben, in die wir erst später hineinblicken dürfen.

Eine Ahnung davon vermittelt sein Zusammentreffen mit Dahlia Archer, ihres Zeichens britische Botschafterin in den USA, die äußerst finstere Dinge plant (mit Uran und so) und für ihre Zwecke zu Mord und brutaler Folter greift. Sie steht für die böse Geheimgesellschaft "Manticore" (benannt nach dem persischen Fabelwesen), die der zumindest vordergründig für das Gute kämpfenden Spionagegesellschaft "Citadel" einst das Licht ausknipste. Wie sich Bernard an Dahlias Teetafel buchstäblich die Zähne ziehen lassen muss und trotzdem um keinen sarkastischen Spruch verlegen ist, zählt zu den schauspielerischen Schmankerln der ersten drei Folgen, die der Presse vorab zugänglich gemacht wurden. Als Dahlia verströmt Lesley Manville ( "Der seidene Faden",  "Another Year") einen gekonnt eisigen Charme.

Teestunde mit Folter-Einlagen: Botschafterin Archer (Lesley Manville) bleibt britisch kühl.
Teestunde mit Folter-Einlagen: Botschafterin Archer (Lesley Manville) bleibt britisch kühl. Amazon Prime Video

Der dänische Schauspieler Roland Møller ( "Sløborn",  "Unter dem Sand") spielt zudem in einer Doppelrolle die fiesen Silje-Zwillinge, die Archer als Männer fürs (sehr) Grobe dienen. Und erst am Ende der dritten Folge deutet sich an, dass auch Ashleigh Cummings ( "NOS4A2") und Caoilinn Springall als Masons Ehefrau Abby bzw. Tochter Hendrix deutlich mehr zu tun bekommen werden als in den ersten beiden Episoden, in denen sie vor allem um ihr aufgesprengtes Familienleben bangen, wissend beäugt von Bernards Ex-Frau Jo (Moira Kelly,  "One Tree Hill"). Charles Spence, ein weiterer, für die Story offenbar zentraler Agent (Osy Ikhile aus  "Childhood's End" wird als Hauptfigur geführt) taucht erst in der dritten Episode erstmals kurz auf.

Wie ist das inszeniert?

Sehr zügig. Die drei ersten Episoden bleiben alle unter 40 Minuten und springen von Schauplatz zu Schauplatz. Von der Bond-mäßigen Eröffnungssequenz in den italienischen Alpen, wo sich Mason und Nadia durch einen Schnellzug mit Panoramafenstern prügeln, geht es im Eiltempo zuerst nach Oregon, Virginia, Chicago, Miami und Utah, dann nach Zürich, Valencia und Caceres in Spanien, und, zack, weiter nach Marokko: Die globale Betriebsamkeit des Agentenfilmgenres wird voll bedient, kaum eine Sequenz dauert länger als ein paar Minuten. Auf Ruhepausen wartet man vergeblich, was zwangsläufig zulasten der erzählerischen Tiefe geht.

Die Actionsequenzen selbst sind zumindest anfangs eher hemdsärmelig: Prügeleien, ein paar kleinere Shootouts und Verfolgungsjagden. Erst in der dritten Episode, über die inhaltlich nichts Näheres gesagt werden darf, gibt es im verschneiten Elburs-Gebirge im Iran ein größeres Setpiece, das ein wenig "Mission: Impossible"-Geist atmet. Der Look selbst ist betont stylish, entspricht ansonsten aber dem gängigem, etwa aus dem MCU gewohntem Standard, und zur Wahrheit gehört auch, dass das im Agentengenre offenbar unvermeidbare Herumwischen auf allerlei piepsenden Screens auch hier wieder so aussieht, als befände man sich in einer x-beliebigen Folge von  "Agents of S.H.I.E.L.D."

Was macht der Plot?

Der lockt nicht hinter allzu vielen Öfen hervor. Eventuell liegt das an der Tatsache, dass hier wieder einmal exzessiv herumgedoktert wurde. Erdacht wurde "Citadel" ursprüglich von den Autoren Josh Appelbaum und André Nemec (beide schrieben auch  "Mission: Impossible - Phantom Protokoll") zusammen mit Bryan Oh, doch nachdem 2021 bereits ein Gutteil der Serie fertiggedreht war, kam es zum Bruch mit den Russos. Mit David Weil ( "Hunters",  "Solos") kam dann ein neuer Showrunner an Bord, der die Drehbücher gravierend umschrieb und letztes Jahr exzessiv nachdrehen ließ. Das muss prinzipiell nichts heißen, bedeutet in der Regel aber nichts Gutes - und so ist es denn leider auch. "Citadel" ist sicher kein Totalausfall, wirkt aber dennoch wie eine zwar kompetent gemachte, doch wenig originelle Wiedervorlage gängiger Agentenfilmversatzstücke, die man so oder so ähnlich eben anderswo schon besser gesehen hat, deutlich besser sogar. Auf außergewöhnliche Dialoge, hintergründigen Witz oder komplexe Figurenhintergründe muss man zumindest in den ersten Folgen vergeblich warten.

Auf gemeinsamer Mission: Die Actionsequenzen sind die Highlights der Serie.
Auf gemeinsamer Mission: Die Actionsequenzen sind die Highlights der Serie. Amazon Prime Video

Ein besonderes Problem ist dabei das Setting des Plots in einer nicht näher benannten Zukunft, was sich aber immer nur punktuell bemerkbar macht - bei den besagten piepsenden Screens, bei ein paar Gadgets und Transportmitteldetails. Dazwischen aber ist das alles wieder passé: Die Leute telefonieren mit den Smartphones von heute, tragen die Frisuren und Klamotten von heute, sprechen so wie heute (oder so, wie Agenten in heutigen Agentenserien sprechen).

Was ist noch zu erwarten?

Zugestanden: Am Ende der dritten Episode gibt es eine vergleichsweise aufregende Enthüllung, die durchaus Lust darauf weckt, der Story weiter zu folgen. Wie überhaupt das schnelle Tempo und die gut gespielten Figuren allemal für solides Entertainment sorgen und man sich darauf gefasst machen darf, dass es noch das eine oder andere spektakuläre Action-Setpiece geben wird - irgendwo müssen in dieser miniserienkurzen Staffel (nur sechs Episoden) die kolportierten 300 Millionen Dollar Budget ja geblieben sein. Nach einiger Zeit gibt es zudem Flashbacks in die Zeit vor dem Zugunglück, die sich erkennbar vom Rest des Plots abheben. Nur ist eben nichts an alledem so aufregend, neu oder gar unerhört, dass es den ganzen dahinterstehenden Franchise-Zinnober rechtfertigen würde. Für den offenbar unstillbaren Publikumshunger auf Spioneageserien (man schaue etwa auf den Erfolg von  "Jack Ryan" bis unlängst  "The Night Agent") könnte das aber natürlich trotzdem reichen.

Übrigens: Ob die Spin-Off-Serien dieselbe Story an anderen Schauplätzen und mit lokalen Darstellern erzählen oder aber ganz andere Storys ausbreiten, die im selben Universum wie "Citadel" spielen, ist noch unklar. Vielleicht rundet sich die Sache ja erst dann.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei Episoden von "Citadel".

Meine Wertung: 3/5

Die sechsteilige Auftaktstaffel von "Citadel" wird bei Prime Video ab dem 28. April veröffentlicht. Zum Auftakt gibt es zwei Folgen, danach wöchentlich bis zum Staffelfinale am 26. Mai immer eine weitere Episode.


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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Leserkommentare

  • Kandesbunzler schrieb am 23.05.2023, 13.00 Uhr:
    Anspruchlose Unterhaltung ohne Tiefgang, das ist mein Fazit nach 5 von 6 Folgen. Gut geeignet, um nach einem stressigen Arbeitstag herunterzukommen.
    Klar, die Dialoge sind teilweise an Plattheit nicht zu unterbieten. Was im Action-Gerne aber nicht unbedingt die Ausnahme ist. Sehr wohltuend ist der Verzicht auf den seichten USA-Pathos, der in vielen anderen US-Produktionen des gleichen Genres häufig anzutreffen ist.
  • Beitrag entfernt
    Beitrag redaktionell entfernt.
  • Oli M schrieb am 29.04.2023, 20.58 Uhr:
    Ach, Hirn aus, Popcorn raus. Hab schon schlimmeres gesehen ......klar, auch besseres. Tut aber auf jeden Fall nicht weh.

    Aber stimmt: Reacher oder Ryan sind da natürlich besser.
  • Sentinel2003 schrieb am 28.04.2023, 22.40 Uhr:
    Ja, der Kollege Kritiker von der Chip hat das Ding gnadenlos verrissen....
  • marmara schrieb am 28.04.2023, 22.16 Uhr:
    Ich denke die werde ich nicht weiter gucken.
    Die Anfangsszene im Zug mit den "coolen Sprüchen" war mir schon etwas zu dämlich, aber naja.
    Dass dann aber in der zeiten Folge dem Typen der wohl mithelfen wird die Welt zu zerstören und meine Famile zu killen und keine Skrupel hat alle und jeden zu töten nicht prophylaktisch in den Kopf geschossen wird, sowas ist für mich ein echtes NoGo.
  • BigApple schrieb am 28.04.2023, 14.38 Uhr:
    Das mit dem MultiKill fiel mir auch sehr negativ auf. Die Hauptfiguren finde ich ziemlich blass, obwohl ich "Bodyguard" mochte, aber bei "Quantico" war es schon zu viel.
  • Hans18 schrieb am 28.04.2023, 12.11 Uhr:
    1.Folge gleich angeschaut und gefreut darauf. Was soll ich sagen: Sehr entäuscht. Ich werde wahrscheinlich weiterschauen, aber Reacher oder Jack Ryan gefallen mir beide bisher um Längen besser. Oder Homeland, oder....
    Was mir generell nicht gefällt ist wenn 2 Profis 10 andere Profis besiegen. Nein, keiner der 10 anderen schafft es mal zu schießen. Ja, klar. 
    Aber weil es nur die 1.Folge war, schaue ich natürlich weiter.
  • Flapwazzle schrieb am 28.04.2023, 09.36 Uhr:
    Solange nicht wieder irgendwelche Lovestories zwischen Kollegen eingebaut werden, schaue ich mir das an.
  • SerienFan_92 schrieb am 27.04.2023, 20.07 Uhr:
    Ich werde der Serie mal eine Chance geben.