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RTL+-Serie mit "Lost"-Star Josh Holloway ist von einer herrlich unangestrengten Lässigkeit
Ein Mann und sein Duster: Jim Ellis (Josh Holloway) sitzt beruflich meist am Lenkrad.
Max/RTL+
TV-Kritik/Review: "Duster": Autostunts mit Fönfrisur/Max/RTL+

Erstaunliche 15 Jahre ist es schon her seit dem Ende von  "Lost" und damit auch anderthalb Dekaden, in denen Josh Holloway keine Rolle mehr spielte, die auch nur annähernd an die Popularität seiner "Lost"-Figur Sawyer heranreichte. Zur Rettung eilt nun niemand Geringerer als "Lost"-Miterfinder J.J. Abrams herbei, der Holloway ein veritables Star-Vehikel zu Füßen legt: In der angenehm leichtgängigen Thrillerserie  "Duster", angesiedelt im Arizona des Jahres 1972, darf der heute 55-Jährige seinen halbseidenen Charme spielen lassen und als Undercover-Fluchtfahrer das Gaspedal durchtreten. Und sein blondes Wallehaar? Ist kein bisschen spröder geworden.

Holloway spielt Jim Ellis, der als Fahrer für ein Gangstersyndikat in Phoenix, Arizona, tätig ist - und das, seit er 16 war. Über die Verbrechen, in die er dadurch verwickelt ist, denkt er nicht groß nach. Mal fährt er Saxtons Schergen mitsamt Baseballschläger zu säumigen Kunden, mal gibt er den Fluchtfahrer, dann wieder transportiert er dubiose Ware durch die Gegend - eingangs etwa ein Spenderherz, das Saxton für seinen herzkranken Sohn Royce (Benjamin Charles Watson,  "The Family") illegal besorgen ließ.

Dass sein Bruder Joey einst, ebenfalls im Dienst der Saxton-Bande, in einem Lkw in die Luft flog und starb, hängt als Trauma-Wolke zwar jederzeit über ihm, über die näheren Umstände möchte Jim aber vorerst lieber nichts wissen. Lieber brettert er in seinem heißen V8-Schlitten durch den US-amerikanischen Südwesten (der Serientitel bezieht sich nicht etwa auf einen Staubwedel, sondern auf den kirschroten Plymouth Duster, mit dem Jim unterwegs ist) und kümmert sich dabei um die kleine Luna (Adriana Aluna Martinez), die Tochter seiner Ex Izzy (Camille Guaty,  "Scorpion"). Die patente Truckerin belässt das Mädchen freilich im Glauben, Jim sei nur der Onkel. Für die - offensichtliche - Vaterrolle erscheint ihr der windige Hallodri zu wenig verlässlich.

In einem zweiten Handlungsstrang kommt mit Nina Hayes die erste Schwarze FBI-Agentin nach Phoenix. Die ehrgeizige junge Frau mit dem imposanten Afro, die sich, frisch von der Akademie gekommen, den Posten durch beharrliches Dauerbewerben zuschanzen ließ, wird von Rachel Hilson gespielt. Die 29-Jährige, zuletzt in  "Love, Victor" positiv aufgefallen, legt einen feurigen Trotz in ihre Augen, mit dem sie nicht nur den rassistischen und sexistischen Ausfällen ihrer Kollegen und Vorgesetzten zu begegnen versteht, sondern auch den vor allem in den ersten Folgen manchmal etwas zu didaktischen Erklärdialogen.

Weiß sich zu wehren: Agent Hayes (Rachel Hilson) ist von der Ostküste nach Arizona gekommen.
Weiß sich zu wehren: Agent Hayes (Rachel Hilson) ist von der Ostküste nach Arizona gekommen. Max/RTL+

Agent Hayes hat ein persönliches Motiv für ihr Vorhaben, das kriminelle Saxton-Imperium in die Knie zu zwingen. Nach und nach wird es im Verlauf der Staffel enthüllt, aber dass es, wie bei Jim, um ein familiäres Trauma geht, ist schon in der ersten Episode klar. Weshalb es auch nicht lange dauern kann, bis die beiden Hauptfiguren gemeinsame Sache machen: Genau genommen dauert es keine halbe Stunde. Dann nämlich weckt Hayes Jims Argwohn, als sie ihm ein Überwachungsvideo zeigt, welches nahelegt, dass sein Bruder nicht bei einem Unfall starb, sondern gezielt in die Luft gesprengt wurde, wahrscheinlich auf Saxtons Anordnung. Jim kann (oder will) das nicht glauben. Um die Unschuld seines Förderers zu beweisen, lässt er sich darauf ein, für Agent Hayes den inside man zu geben und für sie im Kreis der Ganoven Ermittlungen anzustellen.

Mit dieser unfreiwilligen Kooperation zwischen getaway driver Jim und der gegen alle Widerstände operierenden FBI-Agentin ist das Gerüst der Serie aufgebaut - und es ist überwiegend eine Freude, den beiden Protagonisten dabei zuzusehen, wie sie diesen Rahmen füllen. Denn während die Ermittlung gegen Saxton zwar klar im Vordergrund steht, Jim widerwillig gegen seine Ersatzfamilie vorgeht und Hayes einer bis nach Washington reichenden Verschwörung - es ist die Nixon-Ära! - auf die Schliche kommt, sind es vor allem die kleineren Sequenzen und Mini-Fälle, mit denen jede Folge gespickt ist, die am meisten für gute Laune sorgen.

So erweist sich Josh Holloway nach wie vor als ein echter Charmebolzen, der in Lederjacke, offenem Hemd (mit Riesenkragen) durch die Gegend stiefelt, links die Frauen bezirzt, rechts die Gegner befrotzelt und glücklicherweise jederzeit um die etwas in die Jahre gekommene Anmutung derartiger Machofiguren weiß. Es ist diese bübisch grinsende Selbstironie, mit der Holloway seinen Jim Ellis zu einer ernsthaft sympathischen Figur macht. Und weil Jim ständig Missgeschicke widerfahren, er in absurde Fights gerät, ihm beim Leichenvergraben die Schaufel bricht und derlei Unbill mehr, kann Holloway auch ausgiebig sein Talent für Slapstick, Körperkomik und entwaffnende Mimik unter Beweis stellen. Allein der Moment, als er bei der Herztransplantation des Gangstersohnes plötzlich mithelfen soll und vom Chirurgen einfach mit "Duke" angeredet wird, ist pures Comedygold. Und wenn er immer wieder in Zeitlupe umherstolzieren darf, damit sein ikonisch-blondes Langhaar so schön herumwirbeln kann wie in einer Shampoowerbung, bleibt es gekonnt in der Schwebe, wie ernst diese Art der Inszenierung gemeint ist: Eitelkeit oder deren Dekonstruktion?

Der Fahrer und sein Boss: Können sich Jim und Saxton (Keith David) noch gegenseitig über den Weg trauen?
Der Fahrer und sein Boss: Können sich Jim und Saxton (Keith David) noch gegenseitig über den Weg trauen? Max/RTL+

Duke - das erinnert nicht von ungefähr an  "Ein Duke kommt selten allein". Die Actionkomödie startete 1979 und kann unschwer als ein Haupteinfluss von "Duster" identifiziert werden. Locker-lässiges Entertainment dieser Couleur war ja lange aus der Mode geraten, weshalb es schön ist zu sehen, dass neuere Produktionen wieder gezielt Bezug darauf nehmen und sich an Updates versuchen: So wie  "Poker Face" das  "Columbo"-Prinzip auf einen zeitgemäßen Stand bringt, bedient sich "Duster" am Seventies-Kino à la  "Ein ausgekochtes Schlitzohr" - wobei Abrams und Co-Autorin LaToya Morgan ( "Turn") in der für den Streamingdienst Max produzierten Serie darauf achten, die damaligen chauvinistischen Beiklänge gezielt zu überschreiben.

Während die Regisseure Steph Green und Darren Grant mit allen möglichen Zitaten operieren (einmal sogar, animiert, mit einer  Looney-Tunes-Hommage), stimmt der ebenso animierte Vorspann mit einem Spielzeugautorennen auf das zu Erwartende ein: An Autoverfolgungsjagden mit klassischen Crash-Stunts herrscht kein Mangel, aber auch das klassische Handgemenge (inklusive einiger brutaler Schockmomente) und diverse Schusswechselsequenzen machen ihre Aufwartung, wenn pädophile Erpresser, erpresste Gewerkschaftsbosse bzw. wahlweise mexikanische oder russische Handlanger den Erzählweg kreuzen, Verträge mit Blut unterschrieben und Bowling Alleys verwüstet werden.

Die Frühsiebziger-Atmo wird in entsprechenden Looks und Farben wahrscheinlich orange-braun-gelber heraufbeschworen, als das damals wirklich der Fall war; die sonnengüldene Umgebung im Wüstenstaat Arizona (und später Las Vegas) passt dazu hervorragend. Auf dem Soundtrack (das Titel-Thema schrieb Abrams persönlich) erklingen Soul-, Jazz- und Rock'n'Roll-Gassenhauer, von Pharoahe Monch über Gene Vincent bis Elvis Presley. Dessen blue suede shoes spielen in einer frühen Episode übrigens eine herrlich bescheuerte Rolle - wie auch diverse reale Personen in den Plot miteinbezogen werden, von Presleys dubiosem Manager Colonel Parker bis hin zur Regielegende Howard Hughes. Auf die Spitze getrieben wird das, wenn zunächst in einer Partyszene die damalige Jungschauspielerin Adrienne Barbeau (bekannt aus der Siebziger-Sitcom  "Maude") als inszenierte Figur auftaucht und kurz darauf die echte Barbeau (heute 79) gastweise in einer fiktiven Rolle vorbeischneit.

Ein Kennenlernen der peinlichen Sorte: Als FBI-Boss Abbott (Greg Grunberg, l.) die Neue durchs Büro führt, schlagen ihr Rassismus und Sexismus entgegen.
Ein Kennenlernen der peinlichen Sorte: Als FBI-Boss Abbott (Greg Grunberg, l.) die Neue durchs Büro führt, schlagen ihr Rassismus und Sexismus entgegen. Max/RTL+

Diese unbekümmerte Verspieltheit ist es, die vor allem für "Duster" einnimmt. Großer Tiefgang ist in dieser Erzählwelt, in der die Gangsterbosse "Sunglasses", "Greek Sal" oder "Mad Raúl" heißen, nicht zu erwarten; auch gibt es hier nichts, was das Krimi- oder Thriller- oder Heiße-Reifen-Genre um irgendwas erweitern würde, was man dort noch nie gesehen hat. Stattdessen shuffeln die Folgen das Bekannte einmal durch und erweitern sie um damals unbeleuchtet gebliebene Perspektiven. Nachdem J.J. Abrams nach dem "Lost"-Ende ja vor allem das  "Star Trek"- und  "Star Wars"-Franchise durchgefeudelt hatte, ist dies nicht unbedingt das, was man von ihm erwartet hätte. Eine schöne Überraschung!

Funktionieren kann das alles aber nur, weil die Besetzung so gut passt. Neben Holloway und Hilson ist vor allem Keith David das Highlight der Show. Der Altstar, bekannt etwa aus den John-Carpenter-Klassikern  "Sie leben!" und  "Das Ding aus einer anderen Welt", haucht dem Antagonisten Saxton eine herrlich joviale Väterlichkeit ein, die es fürs Publikum schwer macht, ihn trotz seiner Ruchlosigkeit zu hassen. Auch David beherrscht das komische Spiel: Wenn er dem verängstigten Jim erklärt, der Sessel, in dem dieser sitzt, sei nur mit Plastikplane überzogen, weil es einen Wasserschaden gegeben habe (und nicht etwa, weil er ihn dort zu erschießen beabsichtige), tut er das mit einer irrwitzig beiläufigen Nonchalance.

Auch der übrige Cast ist fantastisch: Mit dem Halbnavajo Awan Bitsui (Asivak Koostachin), der wie sie mit Diskriminierung konfrontiert ist, bildet Hilson ein wunderbares FBI-Odd-Couple; Saxtons Tochter Genesis (Sydney Elisabeth) bekommt beim argwöhnisch beäugten Aufstieg durch die Clan-Reihen ihre eigene Storyline; und mit Greg Grunberg hat Abrams aus seiner Hit-Serie  "Alias" einen Darsteller wiederverpflichtet, der als Hilsons Vorgesetzter exemplarisch steht für den Argwohn, der der jungen, aus Baltimore angereisten Frau im Büro entgegenschlägt. Hinzu kommt, als Gast, Veteran Corbin Bernsen ( "Die Indianer von Cleveland"), der als Jims Vater im Verlauf der Staffel immer mehr an dramaturgischem Gewicht gewinnt.

Acht Folgen mit diesem sehenswerten Personal lassen die Gewissheit reifen, dass mit "Duster" nichts revolutionär Neues entstanden ist, aber ein äußerst tragfähiges und allzeit unterhaltsames Seriengebilde. Weitere Episoden? Gerne!

Dieser Text basiert auf der Sichtung aller acht Episoden von "Duster".

Meine Wertung: 4/5

Die zunächst achtteilige Serie "Duster" feiert am 15. Mai parallel in den USA bei Max und in Deutschland bei RTL+ Premiere. Die Episoden werden im wöchentlichen Rhythmus veröffentlicht.



 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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