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TV-Kritik/Review: "Freud": Kruder Genremix zwischen Krimi-Zeitbild und Séancen-Spuk

(24.03.2020)

Gleich zu Beginn dieses von Netflix und dem Österreichischen Rundfunk koproduzierten Achtteilers sehen wir Sigmund Freud beim Pendeln: Wie ein Westentaschenhypnotiseur vom Jahrmarkt schwenkt er seine Uhr vor dem Gesicht seiner Haushälterin Lenore hin- und her, entlockt ihr die traumatische Erinnerung an ein Kind, das von einer Kutsche überfahren wurde. Nach der Sitzung ist Freud zufrieden mit der Leistung Lenores, die die Hypnose nur schauspielerisch simulierte, als Testlauf für eine wissenschaftliche Demonstration. Er bietet ihr in einer verdächtig gewohnheitsmäßigen Geste ein Gläschen flüssiges Kokain an. Sigmund Freud: ein Scharlatan und Junkie?
Nein, um das gewohnte Bild von Freud, so wie wir ihn zu kennen glauben, geht es Serienmacher Marvin Kren hier ganz eindeutig nicht.
Marvin Kren hat vor "Freud" die erfolgreiche Berliner Gangstersserie

Die Serie spielt 1886, Freud (Robert Finster,
Die eingangs erwähnte Fake-Hypnose wiederholen Freud und Lenore (gespielt von Krens Mutter Brigitte Kren, einsames Licht
wie eine Kerze mal hierhin, mal dorthin leuchte, viele Zimmer aber im Unbewussten verborgen lasse. Aber sie sind da, diese anderen Zimmer.

Das Bemühen Freuds um Anerkennung wird von zwei weiteren Handlungssträngen flankiert, die über ein grauenhaftes Verbrechen und mögliche weitere Gewalttaten aber rasch zusammengeführt werden. Als eine junge Prostituierte brutal ermordet wird, offenbar durch einen ihrer Kunden, beginnt als zweite Hauptfigur der innerlich getriebene Inspektor Alfred Kiss (mit Kaiser-Wilhelm-Schnauz auf manischer Betriebstemperatur: Georg Friedrich,
Als die kleine Schwester von Freuds Arztkollegen Schönfeld verschwindet, kommt als dritte Hauptfigur das französische Medium Fleur Salomé (Ella Rumpf,
"Freud" hat seine Stärken weniger, wenn die virtuelle Kamera mal wieder durch das digital heraufbeschworene kaiserliche Wien des 19. Jahrhunderts saust, sondern immer dann, wenn sich die Serie detaillierte Einblicke in die verschiedenen Lebenswelten der Stadt gestattet: von den Hurenhäusern und Mietskasernen mit ihren dauerverschwitzten Bewohnern in die spärlich ausgestatteten Spitäler und von prunkvollen Salons und Opernhäusern in die verräucherten Bierstuben schlagender Verbindungen. Das Panorama wird dezidiert hierarchisch aufgezogen vom Kronprinzen Rudolf (Stefan Konarske,
Dabei geraten auch gesellschaftliche Themen wie Homophobie und Antisemitismus in den Blick: am Beispiel Lichtenbergs, der den Oberstleutnant Riedl (Aaron Friesz,
Ansonsten hat die wilde Genremischung auch viel Krudes: Allein die vielen Hypnoseszenen, die mittels flackernder Bilder in die surrealen Traumvisionen hinüberleiten, die Ella Rumpf immer wieder mit epilepsieartigen Zuckungen durchstehen muss, sorgen schon recht früh für einen gewissen Überdruss in dieser Richtung. Darüber legen Kren, seine "4 Blocks"-gestählten Stammkomponisten Stefan Will und Marco Dreckkötter sowie vor allem die Sounddesigner ein wahres Gewitter auf der Tonspur, das mit sehr viel Druff und Dröhn und in Kombination mit manch grellem Licht- und Kameraeffekt eine flirrende Geisterbahnatmo herstellt, die sich mit anderen Elementen der Inszenierung beißt: So spielt Robert Finster seinen jungen Freud trotz Dauerkoks und frischem Sherlock-Nebenjob nämlich sehr nüchtern bis bieder als ehrgeizigen, aber nicht allzu charismatischen Wissenschaftler mit tintenverklebten Fingern - ganz so, als befände er sich in einem völlig anderen Inszenierungsmodus. Demgegenüber stehen viele herumschnarrende Gestalten, die wie in früheren Kren-Universen nah am Trash gebaut sind. Das passt nicht immer gut zusammen.
"Freud" hat in seinen mit freudianischen Begriffen betitelten Episoden ("Hysterie", "Trauma" etc.) fraglos genug zu bieten, um einen ganz eigenen Sog zu entfalten. Die vielen prominenten Darsteller sorgen zudem bis in die Nebenrollen für Qualität. Ob sich das Ganze am Ende aber wirklich als das zeitgeschichtlich grundierte Krimiereignis rundet, das zu sein die Serie in ihren Momenten vorgibt, oder ob es als letztlich hohler, überdrehter Spuk mehr Gruselhuberei als Substanz verströmt, bleibt fürs Erste offen.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "Freud".
Die achtteilige erste Staffel von "Freud" ist seit 23. März 2020 im Angebot von Netflix verfügbar.
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Leserkommentare
Vritra schrieb am 25.03.2020, 17.50 Uhr:
Ich war da nicht so hart im Nehmen. Der Bockmist wurde bei mir nach etwa 20 Minuten für immer und ewig abgeschaltet und der Pilot in der IMDb mit einem Stern bedacht.Für einen Österreicher mag das noch als okay oder gar gut durchgehen, mich und meine Mitseher hat es aber schon enorm genervt, dass das Ganze im Wiener Schmäh vertont war, der wirklich selbst für mich als Bewohner südlicher deutscher Gefilde und der selbst Schwizerdütsch problemlos versteht, nur unter höchster Konzentration verständlich war. Entspannter TV-Genuss sieht einfach anders aus.Krude trifft es auch ganz gut, dabei hatte ich mich auf ein echtes Highlight a la "Die Einkreisung gefreut". Die Enttäuschung war groß!
Information schrieb am 24.03.2020, 19.13 Uhr:
Also ich habe als Österreicher die Serie komplett gesehen. Bin ja ein begeisterter Serien Fan. Gerade in den letzten Jahren ist sehr vieles gekommen. Angefangen mit Janus - 7 Folgen Ein Geheimnis gefolgt von M - Eine Stadt sucht einen Mörder aber auch Walking on Sunshine oder Maximilian - Das Spiel von Macht und Liebe wie auch Maria Theresia. Wirklich der ORF hat da Großes geleistet. Jetzt mit Freud wollte man einen modernen Anstrich machen, das Problem daran ist dass man das mit Freud machen wollte. So sehr ich auch den Acht Folgen und der Handlung wirklich mit Spannung folgte, so sehr hat es mich irritiert dass es hier um Freud geht. Wenn man es bei dieser Mini Serie belässt, kann man sagen man wollte eine neue Version zeigen von ihm mit gewissen Freiheiten. Doch wenn eine Fortsetzung kommt, sollte man sich ernsthaft überlegen mit welcher historischen Figuren man es hier zu tun hat. Das ist nicht M - Eine Stadt sucht einen Mörder, sondern wie Maximilian oder Maria Theresia.
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