Das Film- und Fernsehserien-Infoportal

Log-In für "Meine Wunschliste"

Passwort vergessen

  • Bitte trage Deine E-Mail-Adresse ein, damit wir Dir ein neues Passwort zuschicken können:
  • Log-In | Neu registrieren

Registrierung zur E-Mail-Benachrichtigung

  • Anmeldung zur kostenlosen Serienstart-Benachrichtigung für

  • E-Mail-Adresse
  • Für eine vollständige und rechtzeitige Benachrichtigung übernehmen wir keine Garantie.
  • Fragen & Antworten

TV-Kritik/Review: The New Normal

Die neue Familiencomedy von Ryan Murphy - von Gian-Philip Andreas
(04.10.2012)

Modern Family: Shania (l.) und Goldie (r.) mit den beiden künftigen Vätern Bryan (l.) und David (r.)
Modern Family: Shania (l.) und Goldie (r.) mit den beiden künftigen Vätern Bryan (l.) und David (r.)


Als Ryan Murphys Teen-Serienhit  "Glee" letztes Jahr diverse Golden Globes einfuhr, bezeichnete der junge Chris Colfer, prämiert als bester Nebendarsteller, den Serien-Schöpfer als "my fairy godfather". Danach widmete er den Preis all jenen anderen Teenagern, die, wie er, für ihre Andersartigkeit gemobbt werden. Es flossen Tränen. Spätestens da war klar, dass es "Glee" aus dem Stand in den Olymp der Queer Culture geschafft hatte. Und Ryan Murphy, schwul und verpartnert, war nun quasi Zeus.

Kaum überraschend also, dass der Mann, der auch hinter  "Nip/Tuck" und  "American Horror Story" steht, von NBC nun grünes Licht bekam für eine Comedyserie mit schwulem Personal. Zwei beruflich erfolgreiche und von keinerlei materiellen Sorgen angekränkelte Männer Mitte Dreißig stehen im Mittelpunkt: David (Justin Bartha) ist Frauenarzt, sein Lebensgefährte Bryan (Andrew Rannells) ein Fernsehproduzent. Das Paar lebt in einem durchgestylten Luxus-Haus in Los Angeles komfortabel vor sich hin, bis Bryans Blick eines Tages auf ein brabbelndes Baby fällt: "So was Süßes habe ich noch nie gesehen! Das muss ich haben!", ruft er in spendierbereitem Konsumententonfall, und bald schon ist auch David überzeugt: Sie wollen ein Baby haben, mit einer Leihmutter, und sei’s als Accessoire.

Damit kommt die dritte Hauptfigur ins Spiel: Goldie (Georgia King), eine junge White-Trash-Mutter aus Ohio. Soeben floh sie mit ihrer verschrobenen achtjährigen Tochter Shania vor ihrem grenzdebilen Gatten nach L. A, wo sie dem Traum einer Anwaltskarriere mit einer gut bezahlten Leihmutterschaft näherkommen will. Im Schlepptau haben Goldie und Shania die hexenhafte Oma Jane (Ellen Barkin), eine ressentimentgepeitschte Südstaaten-Matrone mit blonder Betonfrisur und Freude an politisch unkorrekten Tiraden ("Das sind keine Lesben, sondern hässliche Männer!").

Jane (Ellen Barkin) wählt aus Überzeugung Mitt Romney
Jane (Ellen Barkin) wählt aus Überzeugung Mitt Romney

Mit diesem Personal gehen Murphy und seine von "Glee" übernommene Co-Autorin Ali Adler (selbst lesbische Mutter) von Anfang an in die Vollen, und nicht alles wirkt rund zu Beginn. Vielleicht erscheinen die vorwitzigen Kommentare der kleinen Shania, die an "Little Miss Sunshine" erinnert, ein wenig zu "geschrieben". Und vielleicht muss der impulsive Bryan mit seiner selbstdiagnostizierten Obsessive Chic Disorder und dem Faible für Judy Garland, N’Sync, Dolce & Gabbana und Shea-Butter-Feuchtigkeitscreme das Stereotyp der geschmacksterroristischen Mode-Husche ein wenig zu stark strapazieren. Gegenpart David ist dagegen der Männlichere und Besonnenere, der zu Hause Football schaut und Bier trinkt - womit interessanterweise ein ähnliches homosexuelles Paarbild etabliert wird wie in der sich als Vergleichsgröße aufdrängenden ABC-Serie  "Modern Family". Deren schwules Elternpaar Cam und Mitchell kommt allerdings sympathischer, weil geerdeter rüber.

Schnell macht sich dann bemerkbar, dass Murphy die Klischees zum Glück auch brechen will. "Abnormal is the new normal", heißt es schon ganz zu Beginn, und so werden insbesondere die politischen Korrektheiten und selbstgefälligen liberalen Gewissheiten aufs Korn genommen, die die weiße Mittelschicht so stolz vor sich herträgt - wenn etwa David und Bryan der eingefleischten Romney-Anhängerin Jane vorspielen müssen, dass sie einen schwarzen Freundeskreis haben und Obama nicht nur wählen, um Toleranz zu beweisen. Oder wenn sie sich in einem Kindermodeladen küssen und dafür von einem konservativen Familienvater beschimpft werden. Oder wenn David - in der bisher besten Szene - einem belästigten Mann mit Down-Syndrom kämpferisch beispringt und sich dann von diesem zurechtweisen lassen muss: "Denken Sie, ich kann meine Dinge nicht alleine regeln?" Da werden die Dos and Don'ts des Umgangs mit Minderheiten pointiert durcheinandergewirbelt.

Der Rest ist klassische Comedy, wobei "The New Normal" im Vergleich mit "Modern Family" mehr Schlagseite ins Romantische hat. Die kleine Bebe Wood ist als Shania fürs Kuriose zuständig, wenn sie, verkleidet als Wiedergängerin der kopftuchbewehrten Schwulen-Ikone Little Edie (aus dem Doku-Klassiker "Grey Gardens", der von HBO mit Jessica Lange und Drew Barrymore neu verfilmt wurde), in der Schule für eine Muslima in Chemotherapie gehalten wird und später mit einem zum Bikini umfunktionierten Babystrampler einen Klassenkameraden bezirzt. Ex-Kinostar Ellen Barkin, inzwischen 58, hat als Jane die grellsten Auftritte und Dialoge - die nächsten Folgen werden zeigen, ob sich ihr bislang herrlich garstiger Furien-Modus ohne Ermüdungserscheinungen durchhalten lässt. Undankbar waren die ersten Folgen dagegen für die sympathisch großäugige Schottin Georgia King als Goldie: Bisher ist sie nur Stichwortgeberin für die Gags der anderen. "Hangover"-Star Bartha und Musical-Mime Rannells (aus  "Girls") tragen die Show hingegen solide.

Insgesamt bleibt "The New Normal" in Dialog und Situationskomik jedoch deutlich hinter der Konkurrenz von "Modern Family" zurück. Ein ähnlich großer Hit wird Ryan Murphys neue Serie sicher nicht werden. Trotzdem ist ihm erneut sehr intelligente Unterhaltung gelungen, für die sich dem Vernehmen nach bereits diverse Gast-Stars in Lauerstellung begaben. Für die nähere Zukunft sind schon mal George Takei und Nicole Richie angekündigt.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten vier Folgen von  "The New Normal".

Meine Wertung: 3.5/5

Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: NBC


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

Beitrag melden

  •  

Leserkommentare