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TV-Kritik/Review: "Das Haus der Träume" bietet mehr als Elend, Liebe und Nazis
(19.12.2022)
Elend, Liebe, Nazis - nicht selten Stoff für schlecht sitzende Konfektionsware einer Historienserie, die in den 20er- und 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts spielt. Doch
Einwanderer und andere arme Leute wollen am Konsumglück teilnehmen, was die möglichen Kapitalgeber nicht begreifen. Um die Geldsäcke von seinem Lebenstraum zu überzeugen, präsentiert der Bittsteller mit herunter gelassener Hose seinen vom Krieg vernarbten Körper. Ohne die üblichen Belehrungen aus der Volkshochschule des Fernsehens tauchen die Zuschauerinnen und Zuschauer in die Atmosphäre ein. Das schreckliche Pathos passt zum Glücksritter: "Wenn ich an etwas glaube, dann bin ich bereit, mein Leben dafür zu geben."
Unterdessen verlässt die junge Frau Vicky Maler (Naemi Florez) ihr Heimatdorf in Pommern, um ihr Glück in der Hauptstadt zu suchen. Freundin Doris ist schon vorausgegangen. Sie feiere Erfolge als Schauspielerin mit einem Verlobten in einer Villa, glaubt ihre Mutter. Doch "Doris wohnt hier nicht mehr" erfährt Vicky an der Haustür, die vor ihrer Nase zufällt. Kurze Zeit später werden ihr die letzten Habseligkeiten gestohlen. Als sie im Dreck liegt, leuchtet ihr verheißungsvoll die Beschriftung vom Rohbau des Kaufhaus Jonass entgegen. Weiter geht es durch die Gassen in ein Kellerlokal, wo ruchloses Treiben herrscht: Schöne Grüße aus dem
"Ist Doris heute hier?" Nein - unbeachtet hört sie auf der Straße, wie Klavierspieler Harry (Ludwig Simon) erst den Gästen einheizt und dann ihr sentimentales Lieblingslied singt. Als Harry das Provinzmädchen Vicky anschmachtet, schließt er sich der nächtlichen Suche nach Doris an. Unterdessen ein kurzer Blick in die Räumlichkeiten von Arthur Grünberg mit einer knurrigen Hausangestellten: Der Wechsel zwischen den sozialen Milieus und den unterschiedlichen Figuren erzeugt Spannung. Die abwechslungsreiche Kameraführung und die opulente Dekoration vermitteln die Stimmung der späten 20er-Jahre. Nach einem Kurzbesuch im Kaufhaus Jonass wird das Trio am Morgen Zeuge, wie die Polizei Doris nach ihrem Selbstmord aus dem Wasser zieht.
Für die anderen Personen der Serie wird der Traum vom Glück nicht ganz so schnell enden. Sie leiden an den sozialen Umbrüchen, streben jedoch weiter nach wirtschaftlichem und privatem Erfolg. Im Laufe der ersten Staffel müssen sie immer wieder zwischen Abhängigkeiten und Illusionen wählen.
Ähnlich mag es den realen Vorbildern ergangen sein. Jedenfalls konnten die beiden Kaufleute Hermann Golluber und Hugo Halle ihren Erfolg nicht lange genießen. Nach wenigen Jahren schlug die Verwaltung der sogenannten Reichsjugendführung ihr Hauptquartier im ehemaligen Kaufhaus Jonass auf. Zuvor hatten die Nationalsozialisten die jüdischen Eigentümer aus ihrem Stammsitz vertrieben. "Das Haus der Träume" könnte die Geschichte der Gründerfamilie und der Zeitgenossen erzählen. Stattdessen übernimmt die Serie einen Teil des Romans "Torstraße 1" von Sybil Volks und schließt Mitte der 30er-Jahre ab. Die historischen Persönlichkeiten liefern also lediglich die Motive - noch unabhängiger von den wahren Ereignissen als etwa
Trotzdem serviert RTL dem Publikum keinen geschichtlichen Käse. Besonders die jungen Darstellerinnen und Darsteller wirken glaubwürdig, selbst wenn der Kitsch manchmal überhandnimmt. Naemi Florez überzeugt mit Frische und Ausdrucksstärke in ihrem Debüt. Ludwig Simon hat auf Netflix in
"Das Haus der Träume" funktioniert wunderbar ohne Heino Ferch, Anja Kling oder Heiner Lauterbach. Gefühle überleben auch außerhalb der üblichen Schmonzetten wie
Ferner profitiert "Das Haus der Träume" von der Ausstattung. Das bombastische Beiwerk von "Babylon Berlin" fehlt vielleicht den Freunden der Kostüm-Gala. Dennoch hat die Produktionsfirma dieses Vorzeigeprojekts ebenso diese Serie geprägt und gewaltigen Aufwand betrieben. Das Originalgebäude stand bei den Dreharbeiten nicht zur Verfügung, denn inzwischen dient es als Luxusunterkunft. Also wanderte das Team in ein ehemaliges Kaufhaus in Görlitz, wo zuvor der Film
"Das Haus der Träume" unterhält solide, ohne dass Banalitäten überwiegen. Zudem sensibilisiert die Serie unaufdringlich gegen aufkommenden Rechtsradikalismus und Antisemitismus. In der zweiten Staffel tritt dieser Anspruch noch deutlicher hervor.
Bei allem Lob erreicht die Qualität nicht das hohe Niveau britischer Historienserien von
Dabei überflügelt "Das Haus der Träume" das ähnlich konzipierte
Dieser Text beruht auf der Sichtung der ersten Staffel von "Das Haus der Träume".
Über den Autor
Leserkommentare
Stefan_G schrieb am 24.12.2022, 23.32 Uhr:
Bis jetzt habe ich keinen Herrn Hitler - noch sonst irgendeinen Nationalsozialisten in dieser Serie gesehen...Torsten S schrieb am 20.12.2022, 09.20 Uhr:
Einheitsbrei und immer das selbe! Nur über die Hitler-Zeit oder, am immer gern genommen, irgendwas über die damalige DDR. Was das deutsche Kino/TV angeht, ist Ideenlosigkeit standart. Um mal einen Actionfilm zu drehen, mußte sogar Til Schweiger in die USA reisen. Das sagt schon einiges aus. Dabei kann man gute Actionfilme auch in Deutschland drehen, wie z. B. Unknown Identity. Nur das ist eben auch eine US-Produktion.Stefan_G schrieb am 23.12.2022, 23.41 Uhr:
N i e m a n d wird gezwungen, es zu gucken.
Besitzt Du denn keinen Aus- und Einschaltknopf??Sentinel2003 schrieb am 20.12.2022, 16.35 Uhr:
Absolute Zustimmung!! Wenn Historie, dann etnweder die Hitler oder die DDR Zeit!! Das wird immer mehr zur langen Weile!!xena123 schrieb am 20.12.2022, 07.55 Uhr:
Vom Nibelungenlied, der Edda, Hermann der Cherusker, den Wikingern, den Friesen, Franken gegen die Sachsen, den Kreuzzügen, Barbarossa, dem Deutschen Ritterorden, über den 30 Jährigen Krieg bis hin zu WW1 gibt es 1000 Themen aus 1000 Jahren, die die Deutschen cineastisch von den historisch monothematischen USA (Cowboys) abheben könnten.
Aber wir machen gebetsmühlenartig zu 99%: Die 12 Jahre Hitler.
Was anderes bekommt wohl keine Filmförderung, aber es stumpft so dermaßen ab, dass es einfach nur noch nervt.
Und da gibt es auch keine Vorbilder für!
Die Amis drehen nicht 99% Filme und Serien über Sklaverei, die Chinesen nicht 99% über die Gräuel sozialistischer Herrschafft, die Russen nicht 99% über die Opfer Stalins, die Briten nicht 99% über die Schrecken des Kolonialismus und die Inder nicht 99% über den Klimaschaden durch Überbevölkerung.
Wissen wir es mal wieder besser, als alle anderen, was das Volk braucht?Fernsehschauer schrieb am 19.12.2022, 16.29 Uhr:
Eine Hitler Serie. Grandios. Aber gut es ist von RTL und das einzige was den Deutschen offenbar einfällt ist Hitler. Love it....User 18 schrieb am 20.12.2022, 01.18 Uhr:
Von Geschichte keine Ahnung, aber mitreden wollen. Großes Kino!!!🤬SETZEN, 6!!!!!!!OkUeH schrieb am 19.12.2022, 17.21 Uhr:
Man merkt, dass du keine Ahnung hast.
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