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Die Syfy-Kleinstadthorrorserie enttäuscht mit Geisterbahneffekten und fehlender Spannung
Avan Jogia als Roman Mercer in "Ghost Wars"
Syfy
TV-Kritik/Review: "Ghost Wars": Allzu stereotype Geisterjagd mit Meat Loaf in kommender Netflix-Serie/Syfy

Als gäbe es noch nicht genug Serien und Filme, in denen Tote ihre Hinterbliebenen heimsuchen, anstatt einfach mal relaxt in ihrer Gruft zu bleiben, schickt der amerikanische Kabelsender Syfy gleich das nächste Exemplar hinterher: In  "Ghost Wars" wird ein kleines Kaff in Alaska von offenbar übelmeinenden Geistern verblichener Ex-Bürger attackiert. Da im Titel explizit im Plural von "Wars" die Rede ist, also gleich von ganzen Kriegen, die diese Geister möglicherweise sogar untereinander führen, dürften sich die Macher um den kanadischen Autor Simon Barry ( "Continuum",  "Van Helsing") eine ziemlich lange Laufdauer versprochen haben - denn zunächst mal ist von derlei Monumentalitäten nichts zu sehen. Abgesehen davon trüben die schwachen Trickeffekte sowie offenkundige Dürftigkeiten in Dialogbuch und Schauspiel die Vorfreude auf ein möglicherweise auf mehrere Staffeln ausgelegtes Konzept dann doch erheblich.

Simon Barry und seine Regisseure (David von Ancken und die hauptberufliche Schauspielerin Leslie Hope aus  "24") fächern in den frühen Episoden zunächst ein typisches Kleinstadtpanorama auf - doch bei der Vorstellung der Bewohner von Port Moore reiht sich Klischee an Klischee. Stereotyp Nummer eins: der trunksüchtige und in seinem Glauben offenbar tief erschütterte Pfarrer. Es ist Vincent D'Onofrio ( "Full Metal Jacket",  "Marvel's Daredevil") zu verdanken, dass dieser Reverend Dan selbst dann noch eine gewisse waidwunde Würde auszustrahlen vermag, wenn ihn die Regie nötigt, bei mies inszenierte Visionen mitzugehen. D'Onofrio ist einfach immer gut, egal wie bekloppt seine Rolle ist (siehe zuletzt  "Emerald City"). Nächstes Klischee: die taffe Ärztin, hier gespielt von Kristin Lehman ( "Motive"). Praktischerweise ist sie zudem mit der nicht minder pragmatischen Bürgermeisterin verheiratet. Gemeinsam ziehen sie zwei Töchter groß, von denen eine sehr schnell sehr tief drinsteckt im Geistergedöns: Sie zeichnet tote Kinder!

Nächstes Klischee: der Wutbürger aus der Arbeiterklasse, der einen Sündenbock fürs persönliche Unheil sucht, hier vorkommend in Gestalt des verzweifelten Doug Rennie, der vor einiger Zeit seine Tochter verlor. Immerhin ist hier ein Besetzungscoup zu vermelden: Rock-Schwergewicht Meat Loaf spielt ihn, 18 Jahre nach seinem gefeierten Auftritt in David Finchers  "Fight Club". Ausgezehrt und mit brüchiger Stimme tapst er durch seine Szenen, denkbar weit entfernt von den opernhaften Bombast-Rockshows, für die er einst berühmt geworden ist. Tatsächlich sind die (wenigen) Szenen mit ihm Highlights der an Höhepunkten sonst nicht eben reichen ersten Folgen. Es gibt dann noch die hemdsärmelige Bardame, den sanften Sheriff, den ätzenden Deputy, der sich in Windeseile zum Helfer wandeln darf, die sarkastische Pathologin, die skurrile Frömmlerin und noch einige andere Standard-Typen des Kleinstadtserienuniversums, außerdem die junge und natürlich geniale Wissenschaftlerin Dr. Landis Barker (Kandyse McClure aus  "Battlestar Galactica"), deren Arbeitgeber, das dubiose "Lambda Institut", erwartbarerweise mit dem Auftauchen der bösen Geister zu tun zu haben dürfte.

Avan Jogia als Kleinstadtrebell Roman Mercer in "Ghost Wars"
Avan Jogia als Kleinstadtrebell Roman Mercer in "Ghost Wars"

Das sind alles Charaktere von der Stange, denen weder die Dialoge noch die Inszenierung bislang irgendeine Form interessanten Eigenlebens einhauchen können, am schwersten aber wiegt die Nullnummer von Hauptfigur: Roman Mercer, gespielt vom gut gebuchten Teenie-Schwarm Avan Jogia ( "Twisted",  "Victorious",  "Tut - Der größte Pharao aller Zeiten"). Der doch eigentlich so glutäugige Attraktivling hat die undankbare Aufgabe, das abgestandene Klischee eines von allen verstoßenen juvenilen Outcasts mit Leben erfüllen zu müssen, indes: Keine Spur von Rebellentum ist zu erkennen. Roman Mercer hängt müde in der Gegend herum, nur die schwarze Lederjacke und die fingerlosen Handschuhe, die ihm die Kostümabteilung verpasst hat, verorten ihn irgendwo zwischen Emo-Modestrecke und James-Dean-Wiedergänger für ganz Arme. Schlafferes, distanzierteres Schauspiel habe ich selbst in ambitionsloseren Serien lange nicht mehr gesehen. Ob's Konzept war? Orientierungslose Regie? Ob Jogia das für subtilen Minimalismus hält? Keine Ahnung. Jedenfalls wird Jogia zwingend in die Heldenrolle hineinwachsen müssen, denn seine Figur ist als Dreh- und Angelpunkt konzipiert worden.

Roman ist nämlich (warum, weiß man noch nicht) in der Lage, die Geister nicht nur zu sehen, sondern auch mit ihnen zu interagieren (etwa mit Dougs gestorbener Tochter Maggie) und sogar die Bösen unter ihnen mit einer Art blau glimmendem Zauberblick zu vertreiben. (Wahrscheinlich verziehen sie sich schon wegen dieses peinlichen Spezialeffekts.) Weil Roman mit Wesen spricht, die sonst keiner sieht, hat er sich den Ruf eines Verrückten erworben, zumal seine Mutter als spinnerte Hellseherin verschrien ist. Sie ist zu Beginn der Serie allerdings abwesend, wie auch Roman selbst den Versuch unternimmt, den Ort, in dem er nur gemobbt wird, endlich zu verlassen. (Nicht eine Sekunde freilich nimmt man ihm ab, dass dieser intelligente, gut aussehende junge Mann bis zu diesem Zeitpunkt in seinen Zwanzigern freiwillig in einem alaskischen Kaff ausgeharrt haben soll, in dem ihn keiner mag.)

Macht das Beste aus der Rolle: Vincent D'Onofrio als Reverend Dan Carpenter in Ghost Wars
Macht das Beste aus der Rolle: Vincent D'Onofrio als Reverend Dan Carpenter in Ghost Wars

Was auf Romans Busreise gen Freiheit geschieht, ist schließlich der Beginn der gespenstischen Belagerung von Port Moore: Der Bus hat einen Unfall (nachdem er einem Geisterjungen ausweichen musste) und stürzt nach einem in diesem Moment den Boden erschütternden Erdbeben die Klippen hinunter. Nur Roman überlebt - ein Umstand, der ihn (nicht nur bei Doug) sogar noch unbeliebter macht. Eigentlich stehen nur noch Reverend Dan und der Sheriff auf seiner Seite.

Während das Dorf fortan von makaberen Todesfällen und anderen mysteriösen Erscheinungen heimgesucht wird, suchen die Wutbürger den Schuldigen in Roman. Dieser hingegen meint, dass das Erdbeben aus den normalen Geistern, die er immer schon sah, jetzt böse Geister gemacht hat, die es auf die Lebenden abgesehen haben, ja quasi immer mehr Bewohner in den Tod treiben möchten, um diese für sich zu rekrutieren.

Wofür? Weiß man noch nicht. Das Drehbuch frönt nun dem Anything Goes: Die Geister können jede Gestalt annehmen und alle mit Illusionen täuschen, was dazu führt, dass sich die Leute gegenseitig über den Haufen schießen, weil sie den jeweils anderen für einen Geist halten. Das ist teilweise hundsmiserabel inszeniert und von lächerlichen Effekten durchsetzt (Polypen aus Mündern, Leichen, die sich in Schweinswale verwandeln). Obendrein ist es niemals spannend, wie überhaupt die Regie arge Probleme mit dem Tempo hat: Ließ sie sich vom Hauptdarsteller anstecken? Die mit lahmen Überblendungen ins Bild hinein- und wieder hinausflackernden Geisterwesen dürften jedenfalls keinen Horrorfreund hinterm Ofen hervorlocken.

Bringt wenigstens etwas Zug in die Handlung: Kim Coates (r.) als Rückkehrerer Billy McGrath (mit Kristin Lehman als Dr. Marilyn McGrath-Dufresne)
Bringt wenigstens etwas Zug in die Handlung: Kim Coates (r.) als Rückkehrerer Billy McGrath (mit Kristin Lehman als Dr. Marilyn McGrath-Dufresne)

In Episode zwei tritt dann erstmals eine zweite Hauptfigur auf, Billy McGrath, verlorener Sohn der Stadt, Bruder der Bürgermeisterin, Lover der Wissenschaftlerin, außerdem Fischer und kleinkrimineller Schmuggler - gespielt vom  "Sons of Anarchy"-gestählten Kim Coates, der sofort spürbar mehr Drive und Engagement in die Handlung bringt. Klar sein dürfte, dass er Roman im Kampf gegen die Gespenster assistieren wird.Um die naheliegendsten Fragen schnell zu eliminieren (Warum holt Port Moore keine Hilfe?), wird mit dramaturgischen Westentaschentricks gearbeitet, die obendrein noch aus der wesentlich gelungeneren französischen Wiedergängerserie  "Les Revenants - The Returned" geklaut sind. Schon der Einfall mit dem nach Fastkollision mit einem Geisterjungen verunglückten Bus ist 1:1 daraus "entlehnt". Aber auch der erzählpraktische Kniff, dass der Ort von den Bewohnern nicht verlassen werden kann, weil jedes Entfernen direkt wieder in seinen Kern zurückführt, stammt aus "The Returned". Hier versucht es Billy per Schiff, das ihn direkt wieder in den Hafen zurückbringt. Auch werden die Brücken demoliert. Nach zwei Folgen ist der Schauplatz klaustrophobisch abgeriegelt, der Krieg gegen die Geister (ein "war", aber keine "wars"), kann fürs Erste beginnen. Fraglich jedoch, zumindest nach diesem mehr als holprigen Beginn, ob man diesem Krieg auf lange Sicht zusehen möchte. Mehr Szenen mit Meat Loaf, D'Onofrio und Coates wären dabei hilfreich.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden der Serie "Ghost Wars".

Meine Wertung: 2/5

Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: Dan Power/Nomadic Pictures Corp./Syfy

Die 13-teilige erste Staffel von "Ghost Wars" feiert seit dem 3. November ihre Weltpremiere in den USA. Netflix hat sich an dem Format die Rechte im Rest der Welt gesichert und wird die Serie somit auch in Deutschland veröffentlichen (TV Wunschliste berichtete). Ein Datum dafür wurde bisher noch nicht verkündet.


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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